Datenschutz und Vertrauen: Schlüssel zur Akzeptanz digitaler Gesundheitslösungen

Trotz Offenheit für digitale Lösungen bleibt die Nachfrage nach analogen Alternativen hoch

Swiss eHealth Forum

Seit 2009 wird im Rahmen des Swiss eHealth Forums das eHealth Barometer erhoben und erstellt. Befragt werden sowohl Gesundheitsfachpersonen/Akteure des Gesundheitswesens als auch die Wohnbevölkerung. Dabei wird dem aktuellen Stand und der Entwicklung von eHealth in der Schweiz auf den Grund gegangen. Der vorliegende Bericht zeigt die Resultate aus der Befragung der Wohnbevölkerung.

Mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG) im Juni 2015 hat das Parlament einen legislativen Meilenstein in der Implementierung von eHealth in der Schweiz gesetzt. Seit April 2020 müssen Akutspitäler, Reha-Kliniken, stationäre Psychiatrien und Geburtshäuser als erste Einrichtungen an eine Stammgemeinschaft angeschlossen sein. Im Februar 2020 teilte der Programmausschuss «Einführung EPD» jedoch mit, dass sich die Einführung verzögern wird. In Aarau nahm im Mai 2021 schliesslich die erste Eröffnungsstelle für das elektronische Patientendossier ihren Betrieb auf. Zahlreiche weitere Stammgemeinschaften kamen im Verlauf des Jahres 2021 dazu. Seit April 2022 ist für alle Pflegeheime und Geburtshäuser die Anbindung an das elektronische Patientendossier (EPD) obligatorisch. Aktuell steht eine Totalrevision des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG) an. In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat im Juni 2023 einen Revisionsentwurf zum EPDG in die Vernehmlassung geschickt. Der Revisionsentwurf beinhaltet konkrete Massnahmen zur Verbreitung und Nutzung des EPD (z.B. Opt-Out-Modell für Wohnbevölkerung) sowie die Regelungen zur Finanzierung mit einer klaren Aufgaben- und Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen. Damit die Finanzierung des EPD bis zum Inkrafttreten der Revision gesichert ist, beschloss der Bundesrat zudem eine Übergangsfinanzierung. Im Frühjahr 2024 verabschiedete das Parlament die Übergangsfinanzierung zur Förderung des EPD. Diese trat am 1. Oktober 2024 in Kraft und ermöglicht es dem Bund, EPD-Anbieter finanziell zu unterstützen, bis die Totalrevision umgesetzt ist. Eine Auswertung der Vernehmlassung zum EPDG zeigte ein klares Votum für eine verstärkte Zentralisierung. Infolgedessen entschied der Bundesrat im Herbst 2024, die Bereitstellung der technischen Infrastruktur für das EPD als Bundesaufgabe festzulegen.

In vielerlei Hinsicht stellt das EPD die Speerspitze der eHealth-Bestrebungen in der Schweiz dar. Dieses Thema wird darum im eHealth Barometer mit besonderem Fokus behandelt. Das Swiss eHealth Barometer wird von den folgenden Partnern mitgetragen:

Studienpartner: Bundesamt für Gesundheit (BAG), eHealth Suisse und die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH)

Co-Studienpartner: Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Gesundheitsförderung Schweiz und Interessensgemeinschaft eHealth

Die Grundgesamtheit der Wohnbevölkerung setzt sich aus Einwohner:innen ab 16 Jahren zusammen. Seit 2023 ist das Mindestalter der Teilnehmenden von 18 auf 16 Jahre gesenkt worden. Zudem werden seit 2023 die Teilnehmenden nicht mehr telefonisch, sondern online und per Post zugestelltem Print-Fragebogen befragt. Aufgrund des Methodenwechsels kann ein Methodeneffekt nicht ausgeschlossen werden. Für die Interpretation der Resultate muss diese Veränderung daher immer miteinbezogen werden. Tendenziell lässt sich beobachten, dass das Antwortverhalten weniger polarisiert ist und dadurch Antwortoptionen wie beispielsweise «weiss nicht/keine Antwort» höhere Werte erhalten. Dennoch lassen sich weiterhin Trendaussagen über den gesamten Erhebungszeitraum treffen.

 

Weitere Details zur Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.

Digitale Gesundheitsdaten

Die Haltung der Schweizer Bevölkerung zur Digitalisierung ist ambivalent – einerseits wird das Potenzial anerkannt, andererseits gibt es Vorbehalte, insbesondere beim Thema Datenschutz und Sicherheit.

Dies zeigt sich auch in der Wahrnehmung der zunehmenden Digitalisierung. Etwas mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung findet die zunehmende Digitalisierung eine eher bis sehr gute Sache (57%). Ein Viertel der Befragten sind gegenteiliger Meinung (eher/sehr schlechte Sache 25%). 18 Prozent der Befragten können oder wollen keine Angabe dazu machen.

Männer und jüngere Personen zeigen sich grundsätzlich offener und optimistischer gegenüber der Digitalisierung. Über die Jahre hinweg sind nur geringe Veränderungen in der Einstellung der Bevölkerung festzustellen.

Die Digitalisierung spielt auch im Gesundheitswesen eine zunehmend wichtige Rolle. Hinsichtlich des Fortschritts der Digitalisierung im Gesundheitswesen zeigt sich die Schweizer Bevölkerung skeptisch: Lediglich rund ein Viertel der Befragten findet, dass es eher bis sehr weit fortgeschritten ist (26%). 40 Prozent nehmen das Gesundheitswesen als wenig weit fortgeschritten wahr. Weitere 34 Prozent äussern keine Meinung. Rund ein Drittel der unter 40-Jährigen betrachtet die Digitalisierung im Schweizer Gesundheitswesen als eher bis sehr weit fortgeschritten (32%). Mit Blick auf die Vorjahre lassen sich kaum Entwicklungen feststellen.

Mit der Digitalisierung geht die elektronische Speicherung von Daten einher. Eine Zweidrittelmehrheit der Befragten zeigt sich offen gegenüber der elektronischen Speicherung von Gesundheitsdaten (68%).

Die Skepsis gegenüber der elektronischen Speicherung von Gesundheitsdaten wächst mit zunehmendem Alter. Die Anteile der Befürworter:innen und der Gegner:innen bleiben über die Jahre hinweg nahezu unverändert.

Eine Mehrheit der Befragten begrüsst den elektronischen Austausch von Gesundheitsdaten zwischen behandelnden Gesundheitsfachpersonen (59%). Für rund einen Viertel kommt es auf die vorherrschenden Regeln an, ob sie mit dem elektronischen Datenaustausch einverstanden sind (27%). Lediglich knapp jede zehnte Person spricht sich gegen einen digitalen Austausch zwischen Behandelnden aus (9%).

Über mehrere Jahre hinweg betrachtet, zeigt sich, dass die Gegner:innen eines elektronischen Datenaustauschs weniger werden. Dafür ist die Anzahl der Personen, die ihre Zustimmung abhängig von den Regeln machen, angewachsen.

Den Entscheid, ob und welche Gesundheitsfachpersonen auf die Gesundheitsdaten zugreifen können, fällt jede einzelne Person für sich selbst. Da kommt die Frage auf, ob die Eigenqualifikation für den Entscheid über die Datenfreigabe ausreicht. Rund die Hälfte der Befragten ist der Meinung diesbezüglich eher bis sehr gut qualifiziert zu sein (51%). Etwa ein Viertel ist gegenteiliger Meinung und stuft sich selbst als zu wenig qualifiziert ein (26%). Weitere 23 Prozent können die eigene Qualifikation nicht einschätzen (23%). Bei den Personen über 65 Jahren fällt die Einschätzung der eigenen Qualifikation deutlich tiefer aus als bei jüngeren Personen.

Im Jahresvergleich lassen sich keine Entwicklungen beobachten oder nur solche, die durch den Methodenwechsel erklärt werden können.

Bei der Frage, welchen Personen die Einsicht in die eigenen Gesundheitsdaten gewährt wird, zeigt sich ein eindeutiges Bild: Eine deutliche Mehrheit von 83 Prozent würde den behandelnden Ärzt:innen uneingeschränkte Einsicht gewähren. Weitere 12 Prozent bevorzugen eine eingeschränkte Einsicht. An zweiter Stelle folgen Apotheker:innen und weitere Gesundheitsfachpersonen. Ein knapper Drittel würde diesen beiden Gruppen uneingeschränkte Einsicht ermöglichen (30% resp. 29%). Zusätzlich knapp die Hälfte der Befragten würde eine eingeschränkte Einsicht gutheissen (47% resp. 49%). Krankenkassen schneiden im Mittelfeld ab: 22 Prozent der Befragten würden den Krankenkassen uneingeschränkte Einsicht in die Gesundheitsdaten gewähren, weitere 40 Prozent eingeschränkte Einsicht. Ein knapper Drittel spricht sich gegen eine Einsicht aus (31%). Forschungseinrichtungen, öffentliche Stellen und Privatunternehmen schneiden hinsichtlich der Datenfreigabe am schlechtesten ab.

Die Bereitschaft, Einblick in die eigenen Gesundheitsdaten zu gewähren, hängt eng mit dem Vertrauen in verschiedene Akteure beim Datenschutz zusammen. Am höchsten ist das Vertrauen in die behandelnden Ärzt:innen (89%), gefolgt von Apotheker:innen (75%). Auch andere Gesundheitsfachpersonen geniessen ein solides Vertrauen in der Bevölkerung (61%). Rund die Hälfte der Befragten vertraut Krankenkassen hinsichtlich der Datenschutzrichtlinien (50%).

Dagegen bringen nur Minderheiten ihr Vertrauen öffentlichen Stellen (43%), Forschungseinrichtungen (43%) und insbesondere Privatunternehmen (14%) entgegen, wenn es um den Schutz ihrer Gesundheitsdaten geht.

Im Vergleich mit dem Vorjahr lassen sich kaum Veränderungen beobachten.

Herausforderungen der Digitalisierung

Damit die Digitalisierung des Gesundheitswesens erfolgreich ist, muss sich die Bevölkerung im Umgang mit digitalen Gesundheitslösungen sicher fühlen.

In gewissen Bereichen ist diese Sicherheit bereits bei einer Mehrheit vorhanden, in anderen jedoch (noch) nicht.

Bei Online-Terminvereinbarungen fühlen sich rund drei Viertel eher bis sehr sicher (77%). Hinsichtlich der Online-Bestellung von Medikamenten herrscht eine gemischte Wahrnehmung vor. Während sich 58 Prozent der Befragten sicher fühlen, empfinden 24 Prozent Unsicherheit. Die Nutzung von telemedizinischen Angeboten löst für 44 Prozent der Befragten keine Bedenken aus. Etwas mehr als ein Drittel äussert jedoch Vorbehalte (29%).

Die Sicherheit im Umgang mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) schätzt die Bevölkerung eher zurückhaltend ein. Lediglich 38 Prozent der Befragten fühlen sich darin sicher. Gleichzeitig empfinden 33 Prozent Unsicherheit. Zudem gibt fast ein Drittel (29%) an, keine Einschätzung dazu geben zu können.

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Besonders für Personen, die generell Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien haben, kann sie zusätzliche Hürden mit sich bringen.

Hohe Zustimmung zu analogen Alternativen

  • 89 Prozent der Befragten fordern, dass analoge Alternativen zu digitalen Gesundheitslösungen angeboten werden sollen, damit auch Menschen ohne digitale Geräte Zugang zu Gesundheitsdiensten haben.

Unterstützung für Personen mit digitalen Hürden

  • 84 Prozent befürworten, dass Arztpraxen und Spitäler beim Aufnahmeprozess gezielt nachfragen, ob Patient:innen Unterstützung bei der Nutzung digitaler Gesundheitsdienste benötigen.
  • 83 Prozent wünschen sich Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder Tutorials auf digitalen Gesundheitsplattformen.
  • 81 Prozent sprechen sich für Hotlines aus, um Personen mit begrenztem technischen Wissen zu unterstützen.

Skepsis gegenüber Risiken der Digitalisierung

  • 79 Prozent der Befragten sehen in der Digitalisierung des Gesundheitswesens ein Risiko für Personen mit geringen digitalen Fähigkeiten, da sie dadurch eingeschränkten Zugang zur medizinischen Versorgung haben könnten.

Zusammengefasst: Die Mehrheit der Bevölkerung unterstützt digitale Lösungen, legt aber gleichzeitig grossen Wert auf analoge Alternativen und barrierefreie Zugänge, um keine Personen auszuschliessen.

 

Mit Blick auf die Nutzung von Technologien bei der Betreuung und Pflege im Alter zeigt sich folgendes: Während einige digitale Hilfsmittel zur Förderung der Selbstständigkeit auf Zustimmung stossen, gibt es zugleich klare Vorbehalte gegenüber einer rein technologischen Betreuung.

  • Hohe Priorität für menschliche Pflege: 83 Prozent der Befragten sehen menschliche Pflege als oberste Priorität und lehnen eine vollständige Technologisierung in diesem Bereich ab.
  • Skepsis gegenüber digitaler Überwachung und Pflege: 65 Prozent empfinden es als ethisch problematisch, wenn ältere Personen über digitale und technische Lösungen überwacht und gepflegt werden, anstatt von Menschen betreut zu werden.
  • Akzeptanz digitaler Hilfsmittel zur Selbstständigkeit: 62 Prozent wären bereit, digitale Geräte wie Sensoren und Überwachungssysteme in ihrem Zuhause zu installieren, um möglichst lange eigenständig zu bleiben.
  • Digitalisierung in Alters- und Pflegeheimen: 53 Prozent würden ein modern ausgestattetes Alters- oder Pflegeheim mit digitaler Unterstützung bevorzugen.
  • Ablehnung digitaler Lösungen zur Kostensenkung: Nur 37 Prozent würden digitale Lösungen zur Senkung der Gesundheitskosten eher akzeptieren als menschliche Pflege. 53 Prozent sind dagegen, was auf eine grosse Skepsis gegenüber der Priorisierung von Kosteneffizienz durch Digitalisierung hindeutet. Alles in allem sieht die Schweizer Bevölkerung in der Digitalisierung Chancen zur Förderung der Selbstständigkeit im Alter, lehnt jedoch eine rein technologische Pflege und Betreuung mehrheitlich ab. Menschliche Fürsorge bleibt für die Mehrheit ein zentraler Wert.

Das allgemeine Interesse an Bildungsangeboten zu digitalen Gesundheitslösungen ist eher gering. Keines der abgefragten Angebote stösst bei einer Mehrheit auf Interesse. Rund ein Drittel der Befragten ist an Online-Informationsveranstaltungen (35%), Beratungsangeboten (34%) und lokalen Informationsveranstaltungen (33%) interessiert. Weniger Nachfrage erzielen Computerworkshops (25%).

Bestehende Angebote

Die grösste Bekanntheit erfahren auch weiterhin Applikationen zur Unterstützung des Contact Tracings in einem Pandemiefall (61%), für Fitness und Bewegung (59%) sowie für Notfallsituationen (55%).

Rund ein Drittel der Befragten kennt das EPD (34%) und Applikationen zur Messung von Vitalwerten (30%). Weniger als einem Fünftel der Befragten sind die elektronischen Angebote wie etwa Applikationen mit Erinnerung der Medikamenteneinnahme (19%), eine Online-Speicherung der Patientenverfügung (14%), Applikationen mit Erinnerungsfunktion für Impfungen (10%) sowie Applikationen zur Erkennung von Krankheiten und Allergien (9%) ein Begriff.

Während Apps für Fitness, Notfälle und Pandemie-Management gut bekannt sind, bleibt das Bewusstsein für spezialisierte digitale Gesundheitslösungen, noch ausbaufähig. Hier besteht weiterhin ein Aufklärungsbedarf, um die Nutzung und Akzeptanz digitaler Gesundheitsangebote zu steigern.

Die (zukünftige) Nutzung elektronischer Gesundheitsangebote nimmt im Vergleich zum Vorjahr in vielen Bereichen weiter zu. Einige Anwendungen erreichen in diesem Jahr sogar neue Höchstwerte. Ist ein Angebot den Befragten bekannt, geben mehr als drei Viertel an, es bereits zu nutzen oder eine zukünftige Nutzung in Betracht zu ziehen.

Notruf- und Fitness-Applikationen sind die meistgenutzten elektronischen Gesundheitsangebote. Unter den Befragten, die diese Applikationen kennen, geben neun von zehn Personen an, sie entweder bereits zu nutzen oder in Zukunft nutzen zu wollen (93% resp. 89%).

Auf die tiefste Nutzungsbereitschaft stossen Applikationen mit Erinnerungsfunktion für Impfungen (75%) sowie Applikationen zur Erkennung von Krankheiten und Allergien (75%).

Im Vergleich zum Vorjahr gibt es kaum eine Veränderung bei den meistgenutzten Angeboten. Jedoch zeigt sich gesamthaft gesehen eine wachsende Offenheit für spezialisierte digitale Lösungen, insbesondere für das EPD, Medikamentenerinnerungen und die Speicherung von Patientenverfügungen.

Elektronisches Patientendossier (EPD)

Unabhängig davon, ob die Befragten das EPD bereits kennen oder nicht, wurde ihnen kurz erläutert, was das EPD ist, und dann gefragt, was sie davon halten.

Eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung findet das EPD eine gute Sache (55%). 10 Prozent der Befragten sehen das anders. Rund ein Drittel kann oder will das EPD nicht bewerten (35%). Jüngere Personen sind tendenziell gegenüber dem EPD aufgeschlossener als ältere Personen. Über die Jahre hinweg ist sowohl die Gruppe der Unterstützer:innen aber auch der Gegner:innen kleiner geworden. Vermehrt fällt es der Bevölkerung schwer, sich eine Meinung zum EPD zu bilden.

Über die Jahre hinweg sind die Meinungen zu den abgefragten Argumenten zum elektronischen Patientendossier (EPD) weitgehend stabil geblieben. Das Nutzenversprechen wird von der Bevölkerung weiterhin ähnlich eingeschätzt.

Nach wie vor steht für die Schweizer Bevölkerung ein Aspekt im Vordergrund: Im Notfall sind mit dem EPD alle wichtigen Informationen jederzeit verfügbar. 82 Prozent der Befragten stimmen diesem Argument voll oder eher zu.

Auch weitere Vorteile des EPD werden von einer Mehrheit erkannt:

  • 71 Prozent sehen den Nutzen, jederzeit Zugriff auf ihre Behandlungsinformationen zu haben.
  • 67 Prozent erachten es als vorteilhaft, dass unnötige Abklärungen und Behandlungen vermieden werden können.
  • 65 Prozent sind überzeugt, dass durch den schnellen Zugriff auf Gesundheitsdaten Behandlungsfehler reduziert werden können.
  • 54 Prozent sind der Meinung, dass durch das EPD die Qualität der Behandlung steigt.
  • 51 Prozent schätzen es, dass sie selbst Informationen hinterlegen können.

Gleichzeitig zeigt sich eine anhaltende Skepsis gegenüber dem EPD. 56 Prozent der Befragten befürchten, dass vertrauliche Gesundheitsinformationen zu leicht in falsche Hände geraten könnten. Zudem sind 54 Prozent der Meinung, dass Gesundheitsfachpersonen auch ohne EPD Informationen effizient austauschen können. 44 Prozent empfinden, dass die elektronische Eingabe von Behandlungsdaten während einer Konsultation den persönlichen Kontakt zwischen Patient:innen und Fachpersonen beeinträchtigen könnte.

Die Ergebnisse zeigen, dass das EPD weiterhin als sinnvolle digitale Ergänzung gesehen wird, insbesondere für die medizinische Versorgung in Notfällen. Gleichzeitig bestehen Bedenken hinsichtlich Datenschutz und der direkten Integration in den Behandlungsalltag, die Einfluss auf die Akzeptanz haben.

 

Das Vertrauen in den Datenschutz im Zusammenhang mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) bleibt im Vergleich zum Vorjahr relativ stabil. Sowohl positive als auch negative Nennungen nehmen minimal ab (-2 ppt resp. -1 ppt). Der Anteil der Personen, die keine Antwort geben können oder möchten, liegt bei 13 Prozent.

57 Prozent der Befragten vertrauen dem Datenschutz rund um das EPD eher bis voll und ganz. Ein knapper Drittel hingegen äussert eher kein oder überhaupt kein Vertrauen (30%). Unter 40-Jährige haben grösseres Vertrauen in die Einhaltung des Datenschutzes als ältere Personen. Über die Jahre hinweg bleibt das Vertrauen stabil.

Um das EPD effektiv nutzen zu können, ist es sinnvoll, bestimmte Gesundheitsdaten zu speichern. Die Bereitschaft, Gesundheitsdaten im EPD zu hinterlegen, ist – mit Ausnahme von über Applikationen aufgezeichnete Gesundheits- oder Fitnesswerte – hoch.

Mehr als acht von zehn der Befragten sind mit der Speicherung der folgenden Daten im EPD einverstanden:

  • Notfallkontakte (95%)
  • Informationen betreffend Allergien und Unverträglichkeiten (91%)
  • Impfungen (86%)
  • Patientenverfügung (86%)
  • Willensäusserung zur Organspende (84%)
  • Informationen über Erkrankungen (83%)

Im Vergleich zum letzten Jahr hat die Bereitschaft zur Speicherung bei den Daten zu Impfungen (+16 ppt) und bei der Patientenverfügung (+5ppt) sichtlich zugenommen. Abgesehen davon bleiben die Werte über einen längeren Zeitraum weitgehend stabil.

Um die Attraktivität des EPD zu steigern, könnten verschiedene zusätzliche Funktionen implementiert werden. Besonders geschätzt würden von der Bevölkerung praktische und alltagstaugliche Erweiterungen, unter anderem in Form von Erinnerungsfunktionen sowie Unterstützung bei der Terminorganisation.

Hohe Nachfrage nach Erinnerungsfunktionen:

  • 87 Prozent der Befragten wünschen sich eine Erinnerungsfunktion für auslaufende Rezepte, was den höchsten Wert unter allen abgefragten Funktionen darstellt.
  • 86 Prozent befürworten die Integration eines elektronischen Impfdossiers mit Erinnerungsfunktion für Impfauffrischungen.
  • 78 Prozent würden eine Erinnerungsfunktion für die Einnahme von Medikamenten begrüssen.

Digitalisierung von administrativen Abläufen gefragt:

  • 86 Prozent wünschen sich Unterstützung bei der Anmeldung bei Ärzt:innen.
  • 84 Prozent würden eine Funktion zur automatischen Check-Funktion für Medikamentenunverträglichkeiten begrüssen.
  • Ebenfalls auf grosses Interesse stösst das EPD als Smartphone-App (81%).

Geringere jedoch steigende Nachfrage nach beratenden und interaktiven Funktionen:

  • 66 Prozent sehen einen Nutzen in Vorlagen von Tagebüchern für chronische Krankheiten.
  • 59 Prozent würden eine Auswahl von Gesundheitsapps begrüssen.
  • 51 Prozent wünschen sich Gesundheitsinformationen, beispielsweise über Chatbots.
  • 44 Prozent sehen einen Mehrwert in Beratung durch Patienten- und Konsumentenschutzorganisationen.
  • 38 Prozent wünschen sich ein Patientenforum, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Aus Sicht der Bevölkerung soll vor allem in den Alltagsnutzen des EPD investiert werden: Erinnerungsfunktionen, Reduktion der administrativen Aufwände oder eine Check-Funktion zu Unverträglichkeiten.

Synthese

Nutzung digitaler Angebote nimmt weiterhin zu

Die Akzeptanz digitaler Gesundheitslösungen wächst auch in diesem Jahr an, insbesondere bei Anwendungen, die den Alltag erleichtern (z.B. Notruf-Apps oder digitale Erinnerungshilfen). In vielen Bereichen erreichen digitale Angebote neue Höchstwerte in der Nutzungsbereitschaft. Dennoch gibt es weiterhin Informationsbedarf, insbesondere bei weniger bekannten Anwendungen wie dem elektronischen Patientendossier (EPD) oder spezialisierten Gesundheits-Apps.

EPD wird als sinnvoll erachtet, doch Nutzung bleibt zurückhaltend

Das elektronische Patientendossier (EPD) wird grundsätzlich als nützliche Ergänzung im Gesundheitswesen wahrgenommen, insbesondere im Notfall. Dennoch bleibt die tatsächliche Nutzung zurückhaltend, da viele Befragte entweder keine klare Meinung dazu haben oder dem System skeptisch gegenüberstehen. Datenschutzbedenken, der wahrgenommene Verwaltungsaufwand sowie Unsicherheiten im praktischen Umgang mit dem EPD bremsen die Akzeptanz. Die Nutzungsbereitschaft könnte mit neuen Funktionen, z.B. Erinnerungen oder Terminbuchung, vermutlich erhöht werden.

Analoge Alternativen weiterhin sehr gefragt

Obwohl die Digitalisierung im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung gewinnt, legt die Schweizer Bevölkerung grossen Wert auf analoge Alternativen. Eine klare Mehrheit spricht sich dafür aus, dass auch Menschen ohne digitale Geräte weiterhin uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen haben. Dies zeigt sich in der starken Unterstützung für analoge Ergänzungen zu digitalen Lösungen, etwa durch telefonische Hotlines, persönliche Beratungsangebote oder klassische Papierdokumente.

Skepsis hinsichtlich Technologien bei der Betreuung und Pflege im Alter

Während digitale Hilfsmittel zur Förderung der Selbstständigkeit im Alter auf breite Zustimmung stossen, gibt es erhebliche Vorbehalte gegenüber einer umfassenden Technologisierung der Pflege. Eine grosse Mehrheit der Bevölkerung betont die Wichtigkeit menschlicher Betreuung und lehnt eine ausschliesslich technologische Versorgung ab. Besonders kritisch wird die digitale Überwachung älterer Menschen gesehen, da sie als unpersönlich und ethisch problematisch empfunden wird.

Uneingeschränkte Einsicht in Gesundheitsdaten nur für Ärzteschaft

Beim Zugriff auf persönliche Gesundheitsdaten zeigt sich ein klares Muster: Während behandelnde Ärzt:innen mit grosser Mehrheit uneingeschränkten Zugang erhalten sollen, wird anderen Akteuren eine solche Einsicht deutlich seltener gewährt. Apotheker:innen und weitere Gesundheitsfachpersonen erhalten oft nur eingeschränkten Zugang, während Krankenkassen, Forschungseinrichtungen und private Unternehmen auf Ablehnung stossen. Dies unterstreicht das hohe Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung beim Schutz sensibler Gesundheitsdaten.

Datenschutz bleibt eine zentrale Herausforderung für die Akzeptanz digitaler Gesundheitslösungen

Obwohl viele Personen die Vorteile digitaler Gesundheitsangebote erkennen, bleibt der Schutz sensibler Gesundheitsdaten ein entscheidender Faktor für deren Akzeptanz. Während behandelnde Ärzt:innen das höchste Vertrauen geniessen, stehen öffentliche Stellen, Forschungseinrichtungen und private Unternehmen unter verstärkter Skepsis. Bedenken hinsichtlich unzureichender Datensicherheit und betreffend möglicher Missbrauchsrisiken beeinflussen die Nutzung digitaler Lösungen und hemmen deren breite Einführung.

Methodische Details

Auftraggeber: BAG

Grundgesamtheit: Einwohner:innen der Schweiz ab 16 Jahren, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind (bis 2017: in % Stimmberechtigte, 2018-2022 in % Einwohner:innen ab 18 Jahren)

Herkunft der Adressen: Stichprobenrahmen für Personen- und Haushaltserhebungen SRPH Bundesamt für Statistik BFS

Datenerhebung: Online und schriftlicher Fragebogen (bis 2022 CATI)

Stichprobengrösse: Total 1’963  (Papier: 711, online: 1’252); n DCH: 1’266, n FCH: 368, n ICH: 329

Art der Stichprobenziehung: Nach Sprachregion, Alter und Geschlecht geschichtete Zufallsstichprobe (inkl. Oversampling für FCH und ICH)

Ausschöpfquote: 46 Prozent

Gewichtung: Alter/Geschlecht nach Sprache, Sprache, Kanton, Siedlungsart, Bildungsniveau, Stimmentscheid E-ID

Stichprobenfehler: ± 2.2 Prozentpunkte bei 50/50 (und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit)

Befragungszeitraum: vom 2. Dezember 2024 bis 7. Januar 2025