Ambulant vor Stationär: Prozessanpassungen ohne strategische Verankerung

Fachkräftemangel bleibt kritisch

Studie im Auftrag der FMH

Im Auftrag der FMH führt gfs.bern seit 2011 eine repräsentative Befragung bei der Spitalärzteschaft im akutsomatischen Bereich, in der Rehabilitation und der Psychiatrie sowie bei praxisambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten durch. Das Ziel dieser Studie ist es, die Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit in der Schweiz systematisch zu erheben und zu analysieren.

Die zentralen Themen dieser Befragung umfassen im Grundsetting die Arbeitsbelastungen und -bedingungen, den Dokumentationsaufwand, die Versorgungsqualität, die Wartezeiten, den Fachkräftemangel sowie die Bewertung laufender Reformen. Dieses Jahr neu werden neben dem Value-Based Health Care-Ansatz insbesondere die Bestrebungen hin zur Ambulantisierung thematisiert.

Bei der diesjährigen Befragung haben insgesamt 1’532 Schweizer Ärztinnen und Ärzte teilgenommen. Darunter wurden 1’062 akutsomatische Spitalärztinnen und -ärzte, 74 in psychiatrischen Kliniken tätige Ärztinnen und Ärzte sowie 66 Ärztinnen und Ärzte, welche in Rehabilitationskliniken tätig sind, befragt. Hinzu kommen 330 praxisambulante Ärztinnen und Ärzte.

Gesamthaft hat die Beteiligung im Vergleich zum letzten Jahr um drei Prozent abgenommen.

Ausser bei der Rehabilitation, wo die Fallzahlen konstant bleiben, waren in sämtlichen Gruppen leichte Rückgänge zu verzeichnen im Vergleich zur Erhebung im letzten Jahr.

Die Befragung fand vom 08. Mai bis zum 29. Juni 2025 statt.

Der vorliegende Kurzbericht gibt einen Einblick in die zentralen Resultate der Befragungswelle 2025. Einige Grafiken sind dabei interaktiv gestaltet und können auch auf Social Media geteilt werden.

Weitere Details zur Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Kurzberichts.

Zeitaufwand und Behördenvorgaben

An einem durchschnittlichen Arbeitstag verbringen Ärztinnen und Ärzte in der Akutsomatik rund 3,5 Stunden (211 Minuten) mit medizinischen, patientennahen Tätigkeiten. Hinzu kommt knapp eine Stunde für Visiten, die ebenfalls direkt mit der Arbeit am Patienten verbunden sind. Den verbleibenden Teil ihres Arbeitstages widmen sie hauptsächlich dem Verfassen von Rapporten, administrativen Dokumentationsaufgaben, Tätigkeiten ohne direkten Patientenkontakt sowie der Aus- und Weiterbildung.

Auffällig ist, dass die Arbeit am Patientendossier in den letzten Jahren nicht systematisch zugenommen hat. In den letzten zehn Jahren bewegt sich der Wert für diese Arbeit jeweils zwischen 101 Minuten pro Tag (2015) und maximal 122 Minuten (2021). Aktuell geben die befragten Ärztinnen und Ärzte an, täglich durchschnittlich 114 Minuten für Arbeiten am Patientendossier aufzuwenden. Unabhängig davon zeigt sich seit 2022 in der Akutsomatik ein konstant leicht erhöhter Anteil zusätzlicher administrativer Aufgaben im Vergleich zu den Vorjahren.

In der Psychiatrie zeigt sich ein deutlicher Anstieg der für ärztliche Dokumentationsarbeit aufgewendeten Zeit. Mit durchschnittlich 121 Minuten pro Tag ist dieser Aufwand hier deutlich höher als in der Akutsomatik oder Rehabilitation. Auch die Zeit, die für Rapporte und Fallbesprechungen verwendet wird, ist in der Psychiatrie markant angestiegen. Zudem wird gemäss den Einschätzungen der Befragten heute fast doppelt so viel Zeit für Visiten aufgewendet wie noch 2011 zu Beginn der Erhebungen.

In der Rehabilitation sind die Fallzahlen analog zu früheren Messzeitpunkten eher gering, wodurch sich über die Jahre nur schwer systematische Trends erkennen lassen. Am deutlichsten zeigt sich seit 2022 eine Abnahme bei den medizinischen und patientennahen Tätigkeiten sowie bei den Dokumentationsarbeiten. Im Gegenzug ist jedoch ein leichter Anstieg bei Rapporten, Fallbesprechungen und – auf nach wie vor tiefem Niveau – auch bei der eigenen Aus- und Weiterbildung zu beobachten.

 

Ärztinnen und Ärzte wenden einen beträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit für die Erfüllung von Vorgaben durch Behörden oder Versicherungen auf. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Fachbereichen.

Am höchsten ist der geschätzte Zeitaufwand in der Rehabilitation, wo im Durchschnitt 67 Minuten pro Arbeitstag für entsprechende administrative Aufgaben aufgewendet werden.

Auch die praxisambulant tätige Ärzteschaft berichtet mit 54 Minuten pro Tag von einem erheblichen administrativen Aufwand in diesem Bereich. In der Psychiatrie liegt der durchschnittliche Zeitaufwand bei 46 Minuten täglich, während in der Akutsomatik mit 35 Minuten am wenigsten Zeit dafür aufgewendet wird.

Die zeitaufwändigsten Aufgaben, die im Zusammenhang mit Anforderungen von Behörden und Versicherungen anfallen, betreffen Anfragen zu Rechnungsstellungen. In der praxisambulant tätigen Ärzteschaft nehmen zudem Berichte für Erwerbsausfallversicherungen einen ähnlich grossen Zeitanteil in Anspruch.

Bei der stationär tätigen Ärzteschaft spielt dies hingegen eine etwas geringere Rolle. Beide Gruppen sind jedoch in vergleichbarem Ausmass mit dem Ausstellen von Bescheinigungen, Arztzeugnissen und Kostengutsprachen beschäftigt.

 

Gemäss Einschätzung der praxisambulant tätigen Ärzteschaft wird der administrative Aufwand überwiegend durch die Versicherungen verursacht. 87 Prozent der Befragten geben an, dass diese für sie die grösste Belastung darstellen.

 

In der stationär tätigen Ärzteschaft zeigt sich ein differenzierteres Bild: Während in der Akutsomatik vor allem die Spitäler selbst als Haupttreiber administrativer Aufwände wahrgenommen werden, sind es in der Psychiatrie und in der Rehabilitation ebenfalls in erster Linie die Versicherungen, die aus Sicht der Befragten den grössten administrativen Aufwand verursachen.

Sowohl für den praxisambulanten als auch den stationären Bereich ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch die Versicherer selbst behördlichen Vorgaben unterliegen, die sie einhalten müssen. Die Vorgaben der Versicherer an die Leistungserbringer stehen also häufig im Zusammenhang mit der Umsetzung behördlicher Vorgaben.

Ambulantisierung der Behandlung

Die Ambulantisierung, also die Verlagerung stationärer Behandlungen in den ambulanten Bereich, ist derzeit ein zentrales Thema in den Spitälern. Die kürzlich von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern beschlossene „Einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen“ (EFAS-Reform) unterstützt diesen Wandel, indem sie die Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen vereinheitlicht und so Anreize für eine stärkere ambulante Versorgung schafft.

Wie stark die Ambulantisierung in den jeweiligen Fachbereichen thematisiert wird, unterscheidet sich deutlich. In der Akutsomatik ist das Thema besonders präsent: 65 Prozent der Befragten geben an, dass die Ambulantisierung in ihrem Arbeitsbereich stark thematisiert wird. In der Psychiatrie sind es mit 53 Prozent bereits deutlich weniger, und in der Rehabilitation empfindet nur eine Minderheit von 44 Prozent die Ambulantisierung als starkes Thema.

Unter den befragten Ärztinnen und Ärzten zeigt sich kein eindeutiges Meinungsbild darüber, wie stark die Ambulantisierung ihre persönliche Arbeit im Spital beeinflusst.

Während 42 Prozent angeben, dass dieser Trend ihre Arbeit «sehr stark» oder «eher stark» prägt, sehen es 45 Prozent umgekehrt und beurteilen den Einfluss als «eher wenig» oder «sehr wenig». 13 Prozent machten hierzu keine Angabe.

Rund ein Fünftel (17 %) der befragten Ärztinnen und Ärzte gibt an, dass ihr Spital über eine Strategie für den Umgang mit der zunehmenden Ambulantisierung verfügt. 38 Prozent der Befragten sehen zumindest teilweise eine solche Strategie und lediglich 5 Prozent verneinen dies ausdrücklich.

Bemerkenswert ist jedoch, dass 40 Prozent der Ärztinnen und Ärzte keine Angabe machen konnten oder nicht wissen, ob ihr Spital eine Strategie zur Ambulantisierung verfolgt. Dies deutet darauf hin, dass eine klare Kommunikation über entsprechende strategische Ansätze vielerorts fehlt oder diese Strategien noch nicht bis in alle Bereiche getragen werden.

Am stärksten wird die Ambulantisierung durch Anpassungen auf Prozessebene vorangetrieben, insbesondere durch die Förderung ambulanter Abläufe respektive Eingriffe. Jede fünfte befragte Person berichtet zudem, dass an ihrem Arbeitsort bereits ein ambulantes Zentrum eingerichtet wurde.

Weitergehende Massnahmen wie infrastrukturelle Anpassungen, die Reduktion stationärer Eingriffe, die Schaffung zusätzlicher Stellen oder auch der Abbau von Betten spielen hingegen bislang nur eine untergeordnete Rolle. Auch die Option, vermehrt auf Elemente wie «Hospital at home»-Modelle zu setzen, scheint aktuell nur vereinzelt umgesetzt zu werden.

Auch das Konzept «Hospital at Home» kann im Rahmen der Bestrebungen zur Ambulantisierung der Patientinnen und Patientenversorgung eine relevante Rolle spielen. Rund die Hälfte der befragten Ärztinnen und Ärzte (55 %) steht diesem Modell grundsätzlich positiv gegenüber. Deutlicher Widerstand ist kaum vorhanden – nur 6 % lehnen das Konzept explizit ab.

Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass ein substantieller Teil der Befragten noch unentschlossen ist: 23 Prozent äussern sich ambivalent («teils, teils»), weitere 16 Prozent geben an, keine klare Meinung zu haben oder sich dazu nicht äussern zu können.

Versorgungsqualität und Wartezeiten

Die Mehrheit der befragten Ärztinnen und Ärzte bewertet die Versorgungsqualität in ihrem unmittelbaren Arbeitsbereich als sehr oder eher gut. In den letzten Jahren geriet diese positive Einschätzung jedoch zunehmend unter Druck, insbesondere in der Psychiatrie, wo ein deutlicher Rückgang der Bewertungen zu beobachten war.

Auch in der Akutsomatik nahm die Zufriedenheit ab, wenn auch weniger stark ausgeprägt. In jüngster Zeit scheint sich die Situation jedoch mindestens zu stabilisieren, respektive zeichnet sich eine gewisse Erholung beziehungsweise eine Trendumkehr ab. Das gilt insbesondere in der Psychiatrie, wo die Bewertungen zuletzt wieder leicht anstiegen.

Der Anteil der befragten Ärztinnen und Ärzte, die keine klare Angabe zu den Überweisungswartezeiten machen konnten, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Dies deutet darauf hin, dass die Einschätzungen zur tatsächlichen Dauer inzwischen präziser geworden sind und das Bewusstsein für die Thematik vielleicht auch gestiegen ist.

Besonders auffällig ist der Zuwachs bei den kurzen Wartezeiten in der Akutsomatik, der Psychiatrie und der Rehabilitation über die letzten Jahre. Gerade in der Akutsomatik nimmt aber auch der Anteil Ärztinnen und Ärzte zu, die von Wartezeiten von zwei Wochen oder länger berichten – ein Umstand, der in der Psychiatrie bereits seit 2022 der mehrheitliche Normalfall ist.

In der Psychiatrie berichten die Befragten insbesondere von klaren Sparvorgaben sowie einer zunehmenden Ausrichtung auf Gewinnoptimierung. Hinzu kommt die Konfrontation mit Mindestfallzahlen und starren Sollvorgaben. Dennoch geben die Ärztinnen und Ärzte an, weiterhin Zugang zu den besten Fachpersonen, Geräten und Präparaten zu haben – auch wenn die Durchführung aller notwendigen Verfahren zunehmend seltener gewährleistet ist.

In der Akutsomatik zeigt sich im Vergleich zur Psychiatrie und Rehabilitation eine insgesamt konstante Bewertung der Patientenversorgung mit hohen Qualitäts- und Versorgungsstandards. Allerdings ist ein markanter Anstieg bei den Sparvorgaben zu verzeichnen.

Auch Themen wie Gewinnoptimierung, Mindestfallzahlen und die Verlagerung der Versorgung von chronisch kranken Patientinnen und Patienten treten vermehrt auf, wenn auch auf tieferem Niveau als die Sparvorgaben.

In der Rehabilitation fällt auf, dass die drei Indikatoren zur Messung der Qualität der Patientenversorgung rückläufig sind. Gleichzeitig nehmen wie in den anderen Bereichen die Sparvorgaben sowie die Ausrichtung auf Gewinnoptimierung zu. Auch die Verlagerung von chronisch Kranken spielt eine zunehmend grössere Rolle.

In den letzten Jahren hat sich der Anteil jener Ärztinnen und Ärzte, die die Entlassungszeitpunkte der ihnen zugewiesenen Patientinnen und Patienten als «meist richtig» beurteilen, deutlich verringert. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass Patientinnen und Patienten immer häufiger entweder zu früh oder zu spät entlassen werden. Obwohl die generelle Qualität der Versorgung insgesamt nicht schlechter beurteilt wird, wird der Zeitpunkt der Entlassung zunehmend als weniger passend erlebt.

Aus Sicht vieler Ärztinnen und Ärzte erfolgt die Entlassung dabei häufig zu früh. Im Jahr 2025 vertraten zwischen 21 Prozent der praxisambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte und 48 Prozent der Befragten aus dem Bereich Rehabilitation diese Ansicht. Eine zu späte Entlassung wurde dagegen praktisch nie beobachtet.

Die meisten Ärztinnen und Ärzte geben an, ihr tägliches Arbeitspensum den medizinischen Anforderungen ihres Berufsbereichs entsprechend bewältigen zu können. Dennoch berichtet ein nicht unerheblicher Anteil – je nach Fachbereich zwischen 20 und 30 Prozent der Befragten – von Schwierigkeiten in dieser Hinsicht. Besonders bemerkenswert ist, dass dieser Anteil in den vergangenen Jahren sukzessive angestiegen ist.

Erstmals zeigt sich nun jedoch eine leichte Trendumkehr: In der Psychiatrie, der Akutsomatik sowie bei der praxisambulanten Ärzteschaft ist wieder eine Verbesserung festzustellen. Ob sich diese positive Entwicklung jedoch langfristig stabilisieren kann, bleibt abzuwarten.

Arbeitsumfeld

Die Arbeitszufriedenheit unter Ärztinnen und Ärzten ist insgesamt hoch. Nachdem die Zufriedenheit zwischen 2011 und 2021 tendenziell leicht abgenommen hatte, zeigt sich nun in den einzelnen Fachbereichen wieder eine vorsichtig positive Entwicklung – insbesondere in der Akutsomatik.

In der praxisambulant tätigen Ärzteschaft liegt die Zufriedenheit aktuell bei sehr hohen 89 Prozent, in der Rehabilitation bei 85 Prozent und in der Akutsomatik bei 82 Prozent. In der Psychiatrie hingegen bleibt die Arbeitszufriedenheit mit 74 Prozent nicht nur am niedrigsten, sondern zeigt auch weiterhin einen eher negativen Trend.

Nach Jahren des Fachkräftemangels geben in den letzten zwei Jahren wieder mehr Befragte an, dass genügend Kolleginnen und Kollegen für eine optimale Behandlung vorhanden sind. Dennoch bleibt der Anteil mit etwas mehr als der Hälfte weiterhin tief. Eine Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte ist zudem der Meinung, dass mehr ausgebildete Ärztinnen und Ärzte in den Spitalleitungen vertreten sein sollten, und berichtet grundsätzlich von zunehmenden Schwierigkeiten bei der Rekrutierung.

In der Akutsomatik zeigt sich eine gewisse Entspannung, auch wenn die Situation weiterhin als problematisch eingestuft wird. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Rehabilitation, wobei hier aufgrund der kleineren Fallzahlen stärkere jährliche Schwankungen auftreten. In der Psychiatrie hingegen hat sich die Lage kaum verändert. Nach wie vor beurteilen die Befragten die Anzahl verfügbarer Ärztinnen und Ärzte für eine optimale Behandlung als klar ungenügend.

Die abteilungs- oder institutionsübergreifende Zusammenarbeit wird insgesamt zunehmend schlechter beurteilt. Zwar zeigen sich je nach Fachbereich Unterschiede, doch der negative Trend ist in allen Gruppen in irgendeiner Form erkennbar. Besonders kritisch fällt das Urteil in der Rehabilitation und in der Psychiatrie aus, während die Bewertungen in der Akutsomatik etwas besser, aber dennoch rückläufig sind. Am stärksten betroffen ist die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen, die in allen Bereichen als problematisch beschrieben wird.

Darüber hinaus gibt es in jedem Fachbereich spezifische Akteure, bei denen die Zusammenarbeit gelitten hat: In der Akutsomatik betrifft dies vor allem die Kooperation mit Reha-Einrichtungen und psychiatrischen Institutionen. In der Psychiatrie wird die Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Personal, der Verwaltung, dem Pflegedienst sowie auch mit somatischen Akutspitälern kritisch bewertet. In der Rehabilitation zeigt sich ein ähnliches Muster, mit Problemen insbesondere in der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Fachbereichen.

 

Während die Zusammenarbeit mit Institutionen ausserhalb des unmittelbaren eigenen Arbeitsumfelds zunehmend schwieriger wird, wird die Zusammenarbeit innerhalb des eigenen Teams insgesamt eher wieder etwas positiver bewertet oder bleibt zumindest stabil. In der Akutsomatik sowie in der Psychiatrie wird beispielsweise insbesondere die Fehlerkultur deutlich besser beurteilt als zuvor. Auch die Zufriedenheit mit den eigenen Vorgesetzten nimmt in beiden Bereichen tendenziell wieder zu.

Kritisch gesehen wird hingegen weiterhin der Umgang mit Kosten innerhalb der Teams sowie die konstruktive Zusammenarbeit mit der Spitalverwaltung. Hier zeigen sich keine Verbesserungen, vielmehr bleiben diese Aspekte ein zentraler Kritikpunkt der befragten Ärztinnen und Ärzte.

Synthese

Punktuelle Entspannung im eigenen Arbeitsumfeld kontrastiert mit zunehmenden Spannungen zwischen den Institutionen

Der Fachkräftemangel bleibt auch dieses Jahr ein zentrales Thema im Gesundheitswesen. Zwar geben in den letzten zwei Jahren wieder etwas mehr Ärztinnen und Ärzte an, dass genügend Kolleginnen und Kollegen für eine optimale Behandlung vorhanden sind, doch liegt der Anteil mit etwas über der Hälfte weiterhin tief. Besonders in der Psychiatrie bleibt die Situation unverändert kritisch, während sich in der Akutsomatik eine gewisse Entspannung zeigt. Gleichzeitig berichten viele Befragte von zunehmenden Rekrutierungsschwierigkeiten und wünschen sich mehr ärztliche Expertise in Spitalleitungen.

Trotz dieser Engpässe bleibt die Arbeitszufriedenheit insgesamt hoch. Die meisten Ärztinnen und Ärzte empfinden ihre Arbeit weiterhin als sinnstiftend und interessant. Auffällig ist dabei, dass die Zusammenarbeit innerhalb der eigenen Teams tendenziell (wieder) positiver beurteilt wird, insbesondere im Hinblick auf die gelebte Fehlerkultur und den Umgang mit Vorgesetzten. Diese positive Entwicklung innerhalb der Teams kontrastiert jedoch mit der zunehmend kritisch bewerteten Zusammenarbeit über die eigene Abteilung oder Institution hinaus. Besonders schwierig gestaltet sich die Kooperation mit Krankenkassen sowie mit anderen Einrichtungen wie Reha- und psychiatrischen Kliniken.

Diese Entwicklung könnte auch Ausdruck des zunehmenden Drucks auf das Gesundheitswesen sein, Kosten zu senken und Reformen möglichst schnell umzusetzen.

Versorgung insgesamt stabil, Entlassungszeitpunkte zunehmend kritisch

Die Versorgungsqualität wird weiterhin mehrheitlich als gut bis sehr gut eingeschätzt. Dennoch zeigen sich klare Herausforderungen: Die Entlassungszeitpunkte werden zunehmend als suboptimal beurteilt, was darauf hinweist, dass Patientinnen und Patienten immer häufiger entweder zu früh oder zu spät entlassen werden. Zudem hat der Anteil der Patientinnen und Patienten, die innerhalb einer Woche behandelt werden, zwar zugenommen, gleichzeitig steigt aber auch der Anteil mit Wartezeiten von über zwei Wochen bis hin zu mehr als einem Monat an.

Positiv hervorzuheben ist, dass wieder mehr Ärztinnen und Ärzte das Gefühl haben, ihr tägliches Arbeitspensum den medizinischen Anforderungen ihres Berufsbereichs entsprechend bewältigen zu können. Dies deutet darauf hin, dass sich die Arbeitssituation in einigen Bereichen zumindest leicht stabilisiert hat. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass Sparvorgaben heute ein wesentlich häufigeres Thema sind als noch vor wenigen Jahren. Damit bleibt die Herausforderung bestehen, Effizienzsteigerungen mit einer qualitativ hochwertigen und patientenorientierten Versorgung in Einklang zu bringen.

Dokumentationsaufwand steigt weiter – weniger Zeit für Patientinnen und Patienten

Ärztinnen und Ärzte verbringen weiterhin viel Zeit mit administrativen Aufgaben. Besonders in der Psychiatrie hat der Dokumentationsaufwand nochmals zugenommen. Zudem beanspruchen Vorgaben von Versicherungen und Behörden in allen Bereichen einen beträchtlichen Teil der Arbeitszeit.

Ein grosser Teil dieser administrativen Belastung entsteht z.B. durch Abklärungen zur Rechnungsstellung oder Berichte für Versicherungsleistungen. Hinzu kommen Bescheinigungen, Kostengutsprachen und zahlreiche weitere Nachweise, die regelmässig eingefordert werden. Diese Anforderungen betreffen alle Fachbereiche, unterscheiden sich jedoch in ihrer Gewichtung und Häufigkeit je nach Tätigkeitsfeld.

Insgesamt zeigt sich, dass ein erheblicher Teil der Arbeitszeit von Ärztinnen und Ärzten nach wie vor für administrative Aufgaben verwendet wird, die nicht unmittelbar der Patientenversorgung dienen. Diese Entwicklung führt dazu, dass weniger Zeit für direkte medizinische Tätigkeiten am Patienten bleibt.

Ambulantisierung im Gesundheitswesen: Umsetzung vor allem auf Prozessebene, wenig strategischer Hintergrund

Die Ambulantisierung ist derzeit ein zentrales Thema in der Gesundheitspolitik und wird durch Reformen wie die kürzlich beschlossene EFAS-Reform zusätzlich vorangetrieben. Entsprechend hoch ist die Aufmerksamkeit für dieses Thema, insbesondere in der Akutsomatik, wo zwei Drittel der befragten Ärztinnen und Ärzte angeben, dass die Ambulantisierung in ihrem Arbeitsbereich stark thematisiert wird.

Gleichzeitig zeigen die Befragungsergebnisse jedoch, dass es vielerorts an einer klaren strategischen Verankerung fehlt. Nur eine Minderheit der Ärztinnen und Ärzte weiss von einer eindeutigen Strategie ihres Spitals in Bezug auf die Ambulantisierung, während ein grosser Teil angibt, dass es entweder nur teilweise eine solche Strategie gibt oder sie nicht darüber informiert sind.

Bisher beschränken sich die Massnahmen häufig auf Prozessanpassungen, etwa in Form der Förderung ambulanter Abläufe oder der Einrichtung ambulanter Zentren. Weitergehende Schritte, wie umfassende infrastrukturelle Anpassungen, der Abbau stationärer Kapazitäten oder der Aufbau von «Hospital at Home»-Modellen, werden dagegen bislang kaum beobachtet.

Diese Zurückhaltung könnte darauf hindeuten, dass Spitäler zwar den politischen Druck und die finanziellen Anreize spüren, jedoch noch keine umfassenden strategischen Konzepte entwickelt haben, um diese strukturellen Veränderungen nachhaltig in ihre Organisationen zu integrieren. Damit bleibt die Ambulantisierung aktuell häufig auf operativer Ebene verhaftet, ohne dass sie strategisch, organisatorisch und infrastrukturell konsequent weitergedacht wird.

Methodische Details

Projektname: Befragung zum ärztlichen Arbeitsumfeld im Auftrag der FMH

Auftraggeberin: FMH

Verantwortliches Institut: gfs.bern

Projektleitung: Lukas Golder (Co-Leiter), Cloé Jans (Leiterin Operatives), Sophie Schäfer (Junior Projektleiterin)

Datenanalyse und -aufbereitung: Luca Keiser (Junior Data Scientist)

Erhebungsart: Online (inkl. Befragung durch physischen Fragebogen ambulant n = 108)

Befragungszeitraum: 8. Mai– 29. Juni 2025

Befragungsgebiet: ganze Schweiz

Grundgesamtheit: Schweizer Ärzteschaft

Stichproben-Art: geschichtete Zufallsauswahl, Quotenkontrolle

Stichprobengrösse: N = 1532, (Akutsomatik n = 1062, Psychiatrie n = 74, Rehabilitation n = 66, Praxisambulant n = 330)

Gewichtung: designgewichtet

Stichprobenfehler: ± 2.5 Prozent bei 50/50