Nahtstellenbarometer 2021

Zentrale Ergebnisse August 2021

Umfrage bei Jugendlichen und Unternehmen im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI

Studienziele und -design

Ziel des Nahtstellenbarometers ist die Erfassung von Bildungsentscheiden von Jugendlichen am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit und das Einschätzen der Situation auf dem Schweizer Lehrstellenmarkt. Zu diesem Zweck wird jährlich eine dreisprachige Online-Umfrage in zwei Erhebungswellen (April und August) bei Jugendlichen im Alter von 14-16 Jahren und Unternehmen mit mindestens 2 Angestellten durchgeführt.

Vorliegender Kurzbericht liefert einen Überblick über zentrale Ergebnisse der zweiten Erhebungswelle von 2021. Bei den ausgewiesenen Absolutwerten handelt es sich um hochgerechnete Werte. Die Stichprobenergebnisse wurden auf die Grundgesamtheit hochgerechnet.

 

Den Kurzbericht zur April-Umfrage finden sie unter folgendem Link: Cockpit April 2021.

Die Ergebnisse der zweiten Umfragewelle von 2021 basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1’637 Jugendlichen und 3’311 Unternehmen in der ganzen Schweiz. Details zur Methode finden sich am Schluss dieses Cockpits.

Der ausführliche Forschungsbericht wird Anfang Dezember 2021 vorliegen.

Das Wichtigste in Kürze

Jugendliche

Von den 86’964 Jugendlichen, die im Sommer 2021 ihre obligatorische Schulzeit abschlossen, haben 48 Prozent eine berufliche Grundbildung begonnen und 40 Prozent den allgemeinbildenden Weg eingeschlagen. 12 Prozent mussten auf eine Zwischenlösung ausweichen: davon sind 9 Prozent in Brückenangebote eingetreten und 3 Prozent realisieren ein Zwischenjahr. Wichtig anzumerken ist, dass hier nur ein Teil der Nachfrage nach Lehrstellen abgebildet ist, nämlich jene von 14-16-Jährigen am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit.

Seit 2018 zeichnete sich ein Trend – weg von der beruflichen Grundbildung, hin zum allgemeinbildenden Weg – ab, während Brückenangebote und Zwischenjahre stabil gewählt wurden. 2021 ist erstmals wieder ein Anstieg bei der beruflichen Grundbildung zu beobachten, während weniger Jugendliche ein Zwischenjahr oder ein Brückenangebot begonnen haben.

Die Corona-Krise hatte Auswirkungen auf die Jugendlichen an der Nahtstelle I. Ein Drittel von ihnen gibt an, dass die Corona-Krise ihre Ausbildungswahl erschwert habe. Das sind klar mehr als noch vor einem Jahr (+15%-punkte).

Unternehmen

23 Prozent der hier befragten Unternehmen bilden Lehrlinge aus. 90 Prozent der 2021 vergebenen Lehrstellen sind Ausbildungen, die zu einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) führen, bei den übrigen 10 Prozent handelt es sich um berufliche Grundbildungen mit Berufsattest (EBA).

Der Grossteil der 23 Prozent ausbildender Unternehmen, die an der Umfrage teilnahmen, hat das Lehrstellenangebot verglichen mit 2020 konstant gehalten (71%). 11 Prozent der Unternehmen bieten mehr Lehrstellen an als im Vorjahr, 8 Prozent weniger.

88 Prozent der 2021 angebotenen Lehrstellen konnten besetzt werden (siehe auch Taskforce Perspektive Berufslehre). Vordergründig scheint der Problemdruck durch Corona in Bezug auf die Lehrstellensituation damit auch bei ausbildenden Unternehmen nicht massiv. Dass gemäss eigenen Angaben 40 Prozent (-5%-punkte) von ihnen von Kurzarbeit betroffen waren, verweist aber durchaus auf direkte Auswirkungen der Pandemie auf die Unternehmen.

Situation Schweizer Lehrstellenmarkt

88 Prozent der angebotenen Lehrstellen konnten bis August 2021 besetzt werden. Dieser Wert liegt nahe bei den Werten aus den Vorjahren und verweist trotz der andauernden Pandemie auf keine speziellen Probleme bei der Lehrstellenvergabe.

Die Lage auf dem Schweizer Lehrstellenmarkt kann nicht abschliessend bewertet werden, da Bewerber:innen die älter als 16 Jahre sind – und somit später als die hier befragten Jugendlichen in den Lehrstellenmarkt eintreten – im Nahtstellenbarometer nicht erfasst sind. Lediglich 38 Prozent der gesamthaft angebotenen Lehrstellen wurden von Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren belegt, die im Sommer 2021 die obligatorische Schulzeit abgeschlossen haben.

Jugendliche an der Nahtstelle I

Allgemeine Befindlichkeit der Jugendlichen an der Nahtstelle I

Trotz der andauernden Pandemie ist die Stimmung der Jugendlichen an der Nahtstelle I 2021 weitgehend positiv. Auf einer Skala von 0 bis 10 messen wir Mittelwerte von 7.6 für die Zufriedenheit mit der Ausbildungssituation im Anschluss an die obligatorische Schule und 7.4 für die allgemeine Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Verglichen mit dem Vorjahr sind diese Werte zwar leicht rückläufig aber in Bezug auf ihre eigene Zukunft zeigen sich die befragten Jugendlichen aber optimistischer als im Vorjahr. Die Voten in Bezug auf die Zukunft der Gesellschaft als Ganzes bleiben verhaltener aber stabil.

Grundsätzlich bleibt auch die Zufriedenheit mit dem eingeschlagenen Ausbildungsweg hoch: Die Ausbildungswahl war 2021 für die überwiegende Mehrheit eine freie Entscheidung (94% trifft eher oder voll und ganz zu) und sie entspricht den eigenen Fähigkeiten und Interessen (91%).

 

Weiter freuen sich die befragten Jugendlichen in grosser Mehrheit auf ihre Ausbildung (92%) und beschreiben sie gar als Traumausbildung oder Wunschlösung (84%).

82 Prozent der Jugendlichen starteten im Sommer 2021 mit ihrer favorisierten Ausbildung gemäss April-Umfrage, wobei dieser Wert nach einem Hoch im Jahr 2019 leicht abnahm (2018: 81%, 2019: 86%, 2020: 84%, 2021: 82%). Die Pandemie hat Spuren hinterlassen. Für deutlich gestiegene 34 Prozent der Jugendlichen trifft beispielsweise zu, dass die Corona-Krise ihre Ausbildungswahl erschwert habe (+15%-punkte). 85 Prozent der Jugendlichen geben jedoch an, trotz des Corona-Virus und den damit zusammenhängenden Einschränkungen, genügend Unterstützung bei der Ausbildungswahl erhalten zu haben.

Von einer Krise an der Nahtstelle I kann somit nach wie vor nicht die Rede sein, die Umstände der Ausbildungswahl waren aber erschwert.

Ausbildungswahl nach obligatorischer Schulzeit

Erstmals seit 2018 beginnen wieder mehr Jugendliche die berufliche Grundbildung. Dabei zeichnen eher die jungen Frauen diese Trendwende. Der bisherige Trend weg von der beruflichen Grundbildung hin zum allgemeinbildenden Weg reisst damit 2021 erstmals ab.

Eine berufliche Grundbildung – sei es in Form einer Lehre (37’593/43%) oder einer schulischen Lösung (4’117/5%) – bleibt die am häufigsten gewählte Option nach der obligatorischen Schulzeit. Das gilt insbesondere für junge Männer (Männer: 57%, Frauen: 38%), denn junge Frauen begeben sich noch immer häufiger auf den allgemeinbildenden Weg (Frauen: 49%, Männer: 31%).

Ähnlich viele Jugendliche wie in den Vorjahren nehmen nach der obligatorischen Schulzeit ein Brückenangebot wahr (7’766/9%), wobei sich das Geschlechterverhältnis 2021 ausgewogen präsentiert (Männer: 9%, Frauen: 8%).

 

Ein Zwischenjahr realisieren stabile 3 Prozent, und Frauen wählen nach wie vor häufiger diesen Weg als Männer (Männer: 2%, Frauen: 4%).

Bemerkenswert ist der Umstand, dass auch im zweiten Pandemiejahr 2021 81 Prozent der Jugendlichen mit der ersten Wahl für ihre Ausbildung starten konnten. 8 Prozent mussten auf ihre zweite Priorität ausweichen, und seit 2018 machen stabile 11 Prozent etwas anderes als ihre erste oder zweite Priorität.

In dieser letzten Gruppe zeigte sich 2020 wohl ein Effekt der Corona-Krise, denn wer damals nicht mit seiner präferierten Ausbildung starten konnte, gab klar häufiger an, nichts zu machen respektive arbeitslos zu sein. 2021 stehen die Zeichen aber auf Entwarnung, denn es gibt (fast) keine Jugendlichen, welche angeben nichts zu machen oder arbeitslos zu sein  (2018: 0%, 2019: 1%, 2020: 11%, 2021: 0%).

Berufliche Grundbildung

Unter der Kategorie berufliche Grundbildung (41’711) finden sich Jugendliche, die eine Berufslehre beginnen (37’593/90%), und solche, die eine schulische berufliche Grundbildung (4’117/10%) starten, zusammengefasst. Letztere bleiben klar in der Minderheit, das Verhältnis erweist sich als stabil über die Zeit.

Die meisten Jugendlichen beginnen eine drei- oder vierjährige Lehre (55% resp. 40%), welche mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) abgeschlossen wird. Lehren mit einem eidgenössischen Berufsattest (EBA) bleiben mit 5 Prozent die Ausnahme, 2021 steigt ihr Anteil aber erstmals an (2018: 3%, 2019: 2%, 2020: 2%).

 

31 Prozent der Neu-Lernenden sehen 2021 vor, parallel zur Lehre eine Berufsmaturität zu machen. Damit bestätigt sich das erhöhte Niveau dieser Absicht vom Vorjahr (2018: 21%, 2019: 20%, 2020: 30%, 2021: 31%).

Häufigster Grund für eine Berufsmaturität bleibt die Aussicht auf bessere Karrierechancen. Häufigster Grund dagegen ist neu zu viel Stress.

Die Top 10 Lehrberufe sind 2021 folgende:

Unter den Neu-Lernenden finden sich erneut mehr Männer (22’634/60%) als Frauen (14’959/40%). Dies entspricht einer Verteilung wie vor Beginn der Corona-Krise. Die Schere schliesst sich 2021 wieder etwas (2018/2019/2020: 59%/58%/63% Männer und 41%/42%/37% Frauen).

Erneut bestätigen sich 2021 deutliche Unterschiede in den Lehrberuf-Präferenzen der Geschlechter.

Nur gerade zwei Berufslehren finden sich bei beiden Geschlechtern in den Top 10: die KV-Lehre und die Pharma-Assistenz-Lehre.

Ansonsten tendieren junge Frauen eher zu Lehrberufen aus den Bereichen Gesundheit und Soziales, junge Männer eher zu technischen und handwerklichen Lehrberufen.

Top 10 Lehrberufe Frauen

Kauffrau
Fachfrau Gesundheit
Mediamatikerin
Medizinische Praxisassistentin
Pharma-Assistentin
Detailhandelsfachfrau
Fachfrau Betreuung
Tierpflegerin
Augenoptikerin
Drogistin

Top 10 Lehrberufe Männer

Informatiker
Kaufmann
Koch
Elektroinstallateur
Metallbauer
Pharma-Assistent
Zeichner
Automatiker
Polymechaniker
Zimmermann

Durchschnittlich haben Neu-Lernende 9.4 Bewerbungen verfasst. Das sind mehr als 2020 aber weniger als im Jahr vor der Pandemie (2018: 8.2, 2019: 10.3, 2020: 7.1). Dieser Wert variiert allerdings beträchtlich in den verschiedenen Untergruppen. So verfassten beispielsweise Ausländer:innen 2021 im Schnitt 15 Bewerbungen, Schweizer:innen dagegen nur 8.5. Gestiegen sind aber nicht die Zusagen auf Bewerbungsbestrebungen (2018: 2.0, 2019: 2.1, 2020: 1.9, 2021: 1.9), sondern vielmehr ausstehende Bescheide (2018: 0.8, 2019: 2.0, 2020: 1.0, 2021: 2.0) und Absagen (2018: 5.4, 2019: 6.2, 2020: 4.2, 2021: 5.5).

Auffällig am Bewerbungsprozess ist, dass dieser kurzfristiger geworden ist. Weitaus mehr Jugendliche als in den Vorjahren geben an, dass sie erst vor drei Monaten (also im Frühjahr 2021) mit dem Bewerben angefangen haben (2018: 4%, 2019: 6%, 2020: 8%, 2021: 22%).

37 Prozent geben an, dass die Pandemie einen Einfluss auf ihren Bewerbungsprozess gehabt habe. Das sind deutlich mehr als noch vor einem Jahr (2020: 18%, 2021: 37%). Konkret genannt wird dabei am häufigsten, dass keine oder weniger Schnupperlehren gemacht werden konnten (44%), Antworten auf Bewerbungen ausfielen (13%), Lehrstellen auf die man sich beworben hatte, gar nicht mehr angeboten wurden (11%) oder zuständige Personen im Betrieb nur schwer erreichbar waren (11%).

Lehrvertragsauflösungen bleiben klar die Ausnahme. Stabile 3 Prozent der Jugendlichen, die im Rahmen der April-Umfrage noch eine Lehre in Betracht gezogen haben, waren von einer solchen betroffen. 23 Prozent von ihnen geben aber an, dass die Lehrvertragsauflösung im Zusammenhang mit der Corona-Krise stand (2020: 38%).

Mittelschulen

Insgesamt haben 34’723 Jugendliche nach den Sommerferien eine Mittelschule begonnen (40%). 27’187 (78%) von ihnen besuchen ein Gymnasium oder eine Kantonsschule, 7’536 (22%) eine Fachmittelschule. Die Verteilung auf diese beiden Typen von Mittelschulen erweist sich gegenüber den Vorjahren als relativ stabil. Auch 2021 haben wieder mehr Frauen (20’906/60%) mit einer Mittelschule begonnen als Männer (13’817/40%). Das ist ein bekanntes und ziemlich stabiles Verhältnis.

Der Grossteil der Maturitätsschüler:innen konnte an der Schule, die sie besuchen, den Schwerpunkt ihrer Wahl im Angebot finden (77%). Die am häufigsten gewählten Schwerpunkte sind für Gymnasien und Fachmittelschulen untenstehend abgebildet. 2021 wurde vermehrt ein gymnasialer Schwerpunkt in den Bereichen Wirtschaft und Recht gewählt, was den Negativtrend dieses Schwerpunkts in den vergangenen Jahren abrupt umkehrt.

 

Deutlich weniger Zulauf haben 2021 dagegen Schwerpunkte in den Bereichen Physik und Anwendungen der Mathematik sowie das neusprachliche Profil.

Die Schwerpunktwahl in Fachmittelschulen folgt keinen eindeutigen Trends. Der neue Spitzenreiter Pädagogik verweist den bisherigen (Gesundheit) auf den zweiten Rang. Hohe 20 Prozent geben an, ihren Schwerpunkt noch nicht festgelegt zu haben.

Als zentral für die Schwerpunktwahl erweist sich neben dem Interesse die Frage, ob ein spezifischer Schwerpunkt eine gute Vorbereitung für ein nachfolgendes Studium ist. Auch die schulischen Stärken und Schwächen sind wegweisend.

Brückenangebote

7’766 Jugendliche oder stabile 9 Prozent nehmen 2021 im Anschluss an die obligatorische Schulzeit ein Brückenangebot wahr. Für fast die Hälfte von ihnen fällt die Wahl auf rein schulische Angebote (2018: 33%, 2019: 41%, 2020: 48%, 2021: 49%).

21 Prozent geben an, dass ihr Entscheid für ein Brückenangebot einen Zusammenhang mit der Corona-Krise hatte, das sind ähnlich viele wie im Vorjahr (2020: 18%).

Der häufigste Grund, weshalb ein Brückenangebot wahrgenommen wird, ist, dass keine passende Lehrstelle gefunden wurde (28%).

 

Gegenüber dem Vorjahr wurde dieser Grund jedoch weniger oft genannt (2018: 60%, 2019: 43%, 2020: 37%). Etwa jede:r Fünfte Jugendliche in einem Brückenangebot erhofft sich die Noten zu verbessern oder möchte Schulstoff nachholen.

Es bleibt dabei, dass die meisten Jugendlichen in Brückenangeboten danach eine Berufslehre beginnen möchten. Allerdings ist das weniger deutlich der Fall als in den Vorjahren. Vermehrt finden sich 2021 nämlich Jugendliche in Brückenangeboten, die danach eine Maturitätsschule oder eine Fachmittelschule angehen wollen.

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Zwischenjahr

Ein Zwischenjahr nach der obligatorischen Schulzeit bleibt die Ausnahme. 3 Prozent (2’589) der Jugendlichen realisieren aktuell ein solches. Erneut befinden sich darunter deutlich mehr Frauen (1’717/66%) als Männer (872/34%)

Für annähernd jede:n Vierte:n stand der Entscheid für ein Zwischenjahr in einem Zusammenhang zur Corona-Krise.

Gründe für Zwischenlösungen sind so verschieden wie die Zwischenlösungen selber, was in der Sammelkategorie ‚andere Gründe‘ zum Ausdruck kommt.

 

Inhaltlich werden am häufigsten eine erfolglose Lehrstellensuche oder die Absicht die Noten zu verbessern, um die Wunschlehre zu finden als Gründe für ein Zwischenjahr genannt. Beide Gründe werden häufiger angegeben als im Vorjahr.

Entsprechend möchten die meisten Jugendlichen im Anschluss an das Zwischenjahr eine Lehre machen (48%). 19 Prozent haben noch keine konkrete Vorstellung davon, wie es weitergeht, und 16 Prozent möchten an eine Maturitätsschule.

Lehrstellensituation der Unternehmen

Lehrstellenangebot und -vergabe

23 Prozent der Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, bieten Lehrstellen an.

88 Prozent dieser Lehrstellen konnten Stand August 2021 besetzt werden. Somit sind auch 2021 keine speziellen Schwierigkeiten bei der Lehrstellenvergabe zu beobachten. Es sind ähnlich viele Lehrstellen besetzt worden wie zum gleichen Zeitpunkt in den Vorjahren (2018: 86%, 2019: 88%, 2020: 90%).

10 Prozent der angebotenen Lehrstellen sind EBA-Lehren, 90 Prozent sind EFZ-Lehren. Dieses Verhältnis erweist sich als relativ stabil über die Zeit (2018: 7%/93%, 2019: 9%/91%, 2020: 8%/92%).

Die Aufschlüsselung der Lehrstellensituation nach Branchen liefert untenstehende Grafik. Drei Branchen stellen über die Hälfte des Lehrstellenangebots: Die Handelsbranche, das Gesundheits- und Sozialwesen sowie das verarbeitende Gewerbe. In der Handelsbranche und dem Gesundheits- und Sozialwesen steigt das Lehrstellenangebot seit 2018 kontinuierlich an.

 

Das gilt auf tieferem Niveau auch für die öffentliche Verwaltung und die Branche der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen.

Die Entwicklung des Lehrstellenangebots im verarbeitenden Gewerbe verläuft dagegen nicht konstant in eine Richtung. Vielmehr zeichnen Schwankungen von Jahr zu Jahr das Bild dieser und vieler anderer Branchen. Diese kurzfristigen Schwankungen gegenüber dem Vorjahr bewegen sich in allen Branchen im Bereich des Stichprobenfehlers. Sie sind statistisch gesprochen nicht relevant.

In der viertstärksten ausbildenden Branche, dem Baugewerbe, ist das Lehrstellenangebot 2021 erstmals nicht weiter rückläufig. Konstant rückläufig ist das Lehrstellenangebot in der Verkehrsbranche und der Sammelkategorie ‚Andere Branchen‘. Bewegten sich diese beiden Branchen zu Beginn der Untersuchungsreihe noch im oberen Mittelfeld, stellen sie 2021 die wenigsten Lehrstellen.

Erhöhte Schwierigkeiten bei der Vergabe von Lehrstellen zeigen sich 2021 im Baugewerbe sowie in der Land- und Forstwirtschaft, wo im August noch rund jede vierte Lehrstelle unbesetzt blieb. In der Verkehrsbranche war es fast jede Fünfte. Im Vergleich zum Vorjahr stechen 2021 die Land- und Forstwirtschaft, die Verkehrsbranche,

das Gastgewerbe und die Baubranche ins Auge. In all diesen Branchen sind die Anteile offener Lehrstellen deutlich angestiegen. Weniger offene Lehrstellen als im Vorjahr finden sich einzig in der Sammelkategorie ‚Andere Branchen‘ und bei freiberuflichen Dienstleistungen.

Gründe und Lösungen für offengebliebene Lehrstellen

Am häufigsten blieben Lehrstellen auch 2021 wegen ungeeigneter oder fehlender Bewerbungen unbesetzt.

6 Prozent der Unternehmen geben als Grund für offengebliebene Lehrstellen zudem an, dass Rekrutierungsverfahren wegen Corona nicht ordnungsgemäss durchgeführt werden konnten.

 

Das sind dreimal weniger als letztes Jahr.

Die Problemlage bleibt bei EFZ- und EBA-Stellen eine andere: Auf EBA-Stellen bewerben sich primär zu wenige Kandidat:innen, während es bei EFZ-Stellen vorrangig ungeeignete Kandidat:innen sind.

Offengebliebene Lehrstellen zu streichen oder nicht mehr auszuschreiben bleibt die Ausnahme. Die meisten vakanten Lehrstellen sollen nächstes Jahr wieder ausgeschrieben werden (82%).

Gestiegen ist vor dem Corona-Hintergrund die Absicht, Lehrstellen weiter offen zu halten, um sie allenfalls noch besetzen zu können (2018: 52%, 2019: 50%, 2020: 66%, 2021: 61%).

Profil der Neu-Lernenden

Es bleibt dabei, dass sich unter den Neu-Lernenden mehr Männer als Frauen finden (Männer: 56%, Frauen: 44%). Dieses Geschlechterverhältnis erweist sich als weitgehend stabil über die Zeit.

44 Prozent der Neu-Lernenden sind 2021 älter als 16 Jahre. Längst nicht jede Lehre wird somit im unmittelbaren Anschluss an die obligatorische Schulzeit angetreten. Diese Beobachtung wird unterstützt von der Aussage der Unternehmen, dass stabile 9 Prozent der Lernenden, die im Sommer 2021 eine Lehre starten, bereits über einen EFZ- oder EBA-Abschluss verfügen.

Die Möglichkeit, neben der Arbeit eine Berufsmaturität zu realisieren, bietet weiterhin die Mehrheit der Lehrbetriebe an,

 

es sind aber 2021 weniger als je zuvor in der Untersuchungsreihe (2018: 58%, 2019: 59%, 2020: 58%, 2021: 53%).

Wahrgenommen wird diese Möglichkeit jedoch nur von 9 Prozent der Neu-Lernenden. Insgesamt sind das so viele wie nie seit 2018, doch der Wert variiert beträchtlich in den verschiedenen Branchen. Innerhalb der Finanz- und Versicherungsdienstleistungsbranche streben 38 Prozent der Neu-Lernenden eine Berufsmaturität an, in der Branche Erziehung und Unterricht sind es 25 Prozent und im Bereich freiberufliche Dienstleistungen 19 Prozent. Das sind die klaren Spitzenreiter.

Veränderung Lehrstellenangebot

Die meisten Unternehmen geben an, ihr Lehrstellenangebot gegenüber dem Vorjahr konstant gehalten zu haben. Die Anteile Unternehmen, die mehr oder weniger Lehrstellen anbieten, haben sich über die Zeit kaum verändert. Gestiegen ist aber seit Beginn der Pandemie die Verunsicherung in dieser Frage (Anteile weiss nicht/keine Antwort).

Die Corona-Krise hatte aber Einfluss auf beide Entscheidungen. Lehrbetriebe, die 2021 weniger Lehrstellen anbieten als im Vorjahr, geben vermehrt an, dies aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage zu tun (2018: 10%, 2019: 11%, 2020: 20%, 2021: 23%). Explizit als Grund genannt wird die Corona-Krise von 14 Prozent dieser Unternehmen. Häufigster Grund bleiben aber natürliche Fluktuationen (2018: 53%, 2019: 46%, 2020: 45%, 2021: 23%).

 

Lehrbetriebe die angeben, mehr Lehrstellen anzubieten als noch 2020, geben zu 17 Prozent an, trotz Corona eine Perspektive bieten zu wollen. Häufigster Grund für mehr Lehrstellen bleibt aber die Sorge um den Berufsnachwuchs (2018: 36%, 2019: 36%, 2020: 41%, 2021: 40%).

Für das kommende Jahr 2022 präsentiert sich die Situation offener. Zwar möchte die Mehrheit der ausbildenden Unternehmen ihr Angebot trotz der aktuellen Wirtschaftslage und Befürchtungen der Auswirkungen von Corona weiterhin konstant halten. Auffallend viele üben in dieser Frage aber Zurückhaltung und geben an, dass der Entscheid noch offen sei.

Lehrabschlüsse

Die meisten Lehrabgänger:innen absolvierten ihre Lehre bei Grossunternehmen mit über 100 Mitarbeitenden (48%) oder bei Unternehmen mittlerer Grösse (35%).

Die höchsten Anteile an Lehrabgänger:innen vereinen erneut die Handelsbranche, das Gesundheits- und Sozialwesen  und das verarbeitende Gewerbe.

 

Die Handelsbranche gehört zusammen mit der Finanz- und Versicherungsbranche, der öffentlichen Verwaltung und dem Bereich Erziehung und Unterricht eindeutig zu den wachsenden Ausbildungsbranchen. In jenen Branchen aber, wo es die wenigsten Abgänger:innen gab, sind es kontinuierlich weniger. Im Baugewerbe war dies 2021 erstmals nicht mehr Fall.

Die meisten Lehrabgänger:innen verlassen 2021 das Unternehmen, in welchem sie ihre Lehrzeit verbracht haben. 37 Prozent werden im Lehrbetrieb fest angestellt, 17 Prozent temporär.

Über die Zeit lässt sich dabei kein eindeutiger Trend feststellen, aber 2021 finden sich wieder mehr Anstellungen im Lehrbetrieb als letztes Jahr. Somit finden sich auch an dieser Stelle keine speziellen Probleme aufgrund der Pandemielage.

Untenstehend (rechts) finden sich die Anteile von Festanstellungen pro Branche über die Zeit. Die dynamischen Entwicklungen sind heterogen. Von einem branchenübergreifenden Trend kann entsprechend nicht die Rede sein.

Die Branche mit der grössten Anzahl Abgänger:innen – die Handelsbranche – stellt mehr Lehrabgänger:innen fest an, als in den drei Vorjahren. Die zweitgrösste Branche punkto Abgänger:innen – das Gesundheits- und Sozialwesen – erweist sich als relativ stabil. Im Vergleich zum Vorjahr finden sich aber etwas weniger Abgänger:innen.  Anders im verarbeitenden Gewerbe, der drittstärksten Abgänger:innen-Branche. Hier wurden verglichen mit 2020 leicht mehr Festanstellungen an Lehrabgänger:innen vergeben. Gleiches gilt für das Baugewerbe, die Finanz- und Versicherungsbranche und die öffentliche Verwaltung. Im Baugewerbe entspricht diese kurzfristige Entwicklung einer Trendwende.

Technische Eckdaten

Wichtiger Hinweis:

Bei den ausgewiesenen Absolutwerten handelt es sich um hochgerechnete Werte. Die Stichprobenergebnisse wurden auf die Grundgesamtheit hochgerechnet.

Die Hochrechnung der Jugendlichen basiert auf den Jugendlichen, die gemäss Statistik der Lernenden (Bundesamt für Statistik) im Vorjahr das zehnte Schuljahr besucht haben.

 

Auf eine Hochrechnung der Unternehmen wurde 2021 verzichtet.

Jugendliche

Zielgruppe: 14-16-jährige Einwohner:innen, die an der April-Umfrage teilgenommen haben und die obligatorische Schulzeit im Sommer abgeschlossen haben

Adressbasis: Stichprobenrahmen des Bundesamtes für Statistik

Befragungsmethode: schriftliche Befragung (online)

Befragungszeitraum: 14.07. – 13.09.2021

Total Befragte: N = 1’637

Fehlerbereich: ± 2.4 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit

Ausschöpfung: 55%

Gewichtung: Stufe 1: Anzahl Jugendliche nach Kanton; Stufe 2: Alter/Geschlecht verknüpft pro Kanton

Unternehmen

Zielgruppe: Unternehmen mit mindestens 2 Mitarbeitenden, die an der April-Umfrage teilgenommen haben

Adressbasis: Unternehmensregister des Bundesamtes für Statistik

Befragungsmethode: schriftliche Befragung (Online/Papier)

Befragungszeitraum: 14.07. – 06.09.2021

Total Befragte: N = 3’311

Fehlerbereich: ± 1.7 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit

Ausschöpfung: 68%

Gewichtung: Stufe 1: Anzahl Unternehmen nach Sprachregion; Stufe 2: Unternehmen nach Noga-Codes verknüpft pro Sprachregion

Projektteam gfs.bern

Lukas Golder: Politik- und Medienwissenschaftler

Martina Mousson: Politikwissenschaftlerin

Aaron Venetz: Politikwissenschaftler

 

Externe Beratung

Prof. Dr. Stefan C. Wolter, Professor für Bildungsökonomie, Universität Bern