im Auftrag des Touring Club Schweiz
Der TCS-Reisebarometer gibt einen Einblick in das Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung. Die repräsentative Befragung von Einwohner:innen sowie TCS-Mitgliedern zeigt auf, welche Informationsquellen besonders beliebt sind, wie gut man sich übers Reisen informiert fühlt, welche Neuigkeiten zum Thema Reisen wahrgenommen werden oder wie es um das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung steht. Die Befragung wurde 2024 zum achten Mal durchgeführt.
Die Ergebnisse des achten TCS-Reisebarometers sowie des erstmals ergänzten TCS-Notfallbarometers basieren auf zwei Befragungen: Einerseits wurde eine repräsentative Auswahl von 1002 Einwohner:innen der Schweiz ab 18 Jahren befragt, wobei 799 mittels eines „Random Digit Dialing (RDD)“-Verfahrens ausgewählt und via Telefon befragt wurden. 20 Prozent dieser Bevölkerungsbefragung wurden entsprechend des Dualframe-Ansatzes auf Handynummern realisiert.
Andererseits wurden zusätzlich zu den Einwohner:innen auch Mitglieder des TCS befragt. Von den rund 1.6 Millionen Mitgliedern des TCS wurde eine zufällige Stichprobe von 10’000 Personen gezogen und zum Mitmachen an einer Online-Umfrage eingeladen. Insgesamt haben sich 936 TCS-Mitglieder beteiligt.
Der Stichprobenfehler beträgt ±3.1 Prozent bei der Bevölkerungsbefragung und ± 3.2 Prozent bei der Befragung der TCS-Mitglieder.
Details zur Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.
Eine deutliche Mehrheit von über 80 Prozent der Schweizer Einwohner:innen hat im vergangenen Jahr mindestens eine Reise mit drei oder mehr Übernachtungen ausser Haus vorgenommen - die meisten Reisenden waren dabei auch im Ausland.
Damit nähern sich die Werte wieder jenen vor Corona an – mit einer steigenden Tendenz seit 2021.
Bei der Häufigkeit der Reisen zeigt sich seit der Corona-Pandemie ebenfalls wieder eine Zunahme, die aber im Vergleich zum letzten Jahr wieder zu stagnieren scheint. Auch wenn die Reisefreudigkeit der Schweizer:innen nach wie vor einigermassen gross ist, ist man mit knapp weniger als 50 Prozent die angeben, häufiger oder gleichviel zu reisen wie früher, noch ein gutes Stück entfernt von der Reisefreudigkeit von vor der Pandemie.
Ob sich das Niveau der Reiselust nochmals an jenes vor Corona angleichen wird, ist fraglich.
In den Reihen der TCS Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, sind deutlich weniger Menschen zu finden, die angeben, selber gar nie zu reisen, als das in der Gesamtbevölkerung der Fall ist.
Auch bei den Mitgliedern des TCS ist jedoch zu beobachten, dass die vor der Pandemie vergleichsweise ausgeprägte Reiselust derzeit ebenfalls eher gedämpft ausfällt: Während 2018 über 30 Prozent angab, in Zukunft nur mehr reisen zu wollen, ist dieser Anteil heute gerade einmal noch ein Drittel so hoch und weitgehend vergleichbar mit der Gesamtbevölkerung.
Betrachtet man die Regionen, welche im Rahmen der längsten Reise von den Einwohner:innen der Schweiz bereist wurden, so zeigt sich, dass die Leute seit Beginn der Corona-Pandemie in der Tendenz häufiger in der Nähe bleiben und weniger oft den Kontinent für ihre Ferien verlassen.
Der Anteil Befragter, der in Frankreich, Deutschland, Österreich und Lichtenstein sowie in Italien unterwegs ist, ist heute rund zehn Prozent über jenem von 2019.
Die Reisetrends bleiben relativ stabil über die Zeit, trotz Einflüssen durch Corona. Reisen bleibt sozial und horizonterweiternd, wobei Solo-Reisen leicht an Bedeutung gewinnen. Viele suchen nach Erfahrungen abseits des Massentourismus, und Klimaüberlegungen sind weiterhin relevant, wenn auch etwas weniger wichtig als zuvor.
Obwohl mehr Menschen Reisen als Luxus betrachten, den sie sich kaum leisten können, entsprechen die Werte von 2024 nicht einem neuen Hoch, sondern waren ähnlich wie 2018 oder 2020. Die Anpassung von Reiseplänen aufgrund der Wirtschaftslage ist seit letztem Jahr nicht gestiegen. Trotz geopolitischer Unsicherheiten scheinen diese Trends die Reisepläne der Menschen nicht wesentlich zu beeinflussen.
Die Bevölkerung fühlt sich gut informiert über Reiserisiken, obwohl der Anteil, der sich sehr gut informiert fühlt, leicht abnimmt. Nach der Pandemie rücken geopolitische Unsicherheiten stärker in den Fokus bei Reiseentscheidungen. Menschen informieren sich nun eher beim EDA als beim BAG für Reiseplanungen und Risiken.
Mit dem Ende staatlicher Einschränkungen während der Pandemie gewinnen Informationen von Reiseveranstaltern, Online-Portalen und Medien der Reiseziele an Bedeutung.
Der TCS und Reiseversicherungen, die während der Pandemie wichtiger wurden, bleiben in diesem Jahr auf dem gleichen Niveau wie 2023. Der TCS ist für Mitglieder eine wichtige Informationsquelle, vergleichbar mit Online-Portalen oder dem EDA.
Nach drei Jahren der Stabilität stufen TCS-Mitglieder Reiseversicherungen erstmals als weniger zentral ein. Es bleibt abzuwarten, ob dies nur vorübergehend ist oder der Beginn eines Trends.
Aller geopolitischen Unsicherheiten , aller Kriege zum Trotze: Die aktuelle Situation ist in der Wahrnehmung der Schweizer Bevölkerung mit den Unsicherheiten, die durch Corona verursacht wurden, nicht zu vergleichen.
Das Gegenteil ist der Fall: Während das eigentliche Reiseverhalten in vielerlei Hinsicht noch nicht vollkommen zur «Normalität» wie vor der Pandemie zurückgekehrt ist, ist das wahrgenommene Sicherheitsgefühl für die Befragten persönlich bei Reisen im Ausland so hoch wie nie seit Beginn der Befragung vor acht Jahren.
Obwohl die Bevölkerung der Schweiz das Reisen ins Ausland als so sicher wie nie in den letzten acht Jahren empfindet, gibt eine knappe Mehrheit von 51 Prozent zugleich an, dass das Reisen in den letzten 12 Monaten insgesamt eher unsicherer geworden ist.
Damit präsentiert sich die Ausgangslage in der Beurteilung der Sicherheit beim Reisen im Ausland etwas paradox: Zwar geben so viele wie nie in den letzten acht Jahren an, dass das Reisen ins Ausland in ihrer persönlichen Wahrnehmung aktuell grundsätzlich sicher sei – zugleich sagt eine Mehrheit, dass die Situation in den letzten 12 Monaten unsicherer geworden sei.
Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz wäre, dass die Einschätzung auf die Situation aktuell stärker durch die Perspektive der eigenen Reisepläne («Ist es sicher, da wo ich hinreisen will?») beurteilt wird.
Die Beurteilung der veränderten Sicherheit in den letzten 12 Monaten jedoch erfolgt generell stärker aufgrund der medialen Berichterstattung und der Situation in der Welt. («Wie steht es um die Lage und Sicherheit in der Welt im Allgemeinen?»).
Während das wahrgenommene Sicherheitsgefühl bei der generellen Wohnbevölkerung in der Schweiz in den Jahren 2019 bis 2023 im Vergleich zu den vorangehenden eher angestiegen ist, ist eine ähnliche Entwicklung bei den TCS-Mitgliedern so nicht zu beobachten. Der Anteil Befragter, der angegeben hat, das Reisen im Ausland sei (eher) sicherer geworden, hat stehts abgenommen.
Nach der Pandemie gewinnen Sicherheitsbedenken wieder an Bedeutung, allerdings unter neuen Umständen. Flexibilität beim Reisen wird von einer Mehrheit geschätzt, verliert jedoch in den letzten zwei Jahren etwas an Relevanz, besonders kurzfristige Buchungs- und Stornierungsmöglichkeiten sowie Flexibilität bei Autoreisen.
Faktoren wie Kriege, internationale Krisen, Terrorgefahr, Demonstrationen und Streiks werden aktuell von einer größeren Mehrheit als wichtig erachtet.
Auch das internationale Ansehen eines Landes, inklusive Menschenrechte, Kriegsverbrechen und Klimawandelbekämpfung, gewinnt an Bedeutung im Vergleich zu 2023.
Die Sorge um Terror bleibt seit Beginn der Studie konstant, ist jedoch in den letzten zwei Jahren wieder präsenter, besonders nach dem islamistischen Anschlag in Israel im Oktober letzten Jahres.
In den letzten zwölf Monaten haben zusätzlich zu den bereits besprochenen Faktoren weitere an Bedeutung gewonnen, wie die Kriminalität am Reiseziel, lokale Gesundheitsprobleme und Naturkatastrophenrisiken. Online-Reiseinformationen und Sicherheitshinweise sind seit Beginn der Umfragen wichtiger geworden, was teilweise mit der zunehmenden Digitalisierung und dem demografischen Wandel zu tun haben könnte.
Während kurzfristige Buchungs- und Stornierungsmöglichkeiten an Bedeutung verlieren, werden Versicherungen gegen unvorhergesehene Ereignisse wie medizinische Rückführungen oder Epidemien/Pandemien dieses Jahr wieder häufiger nachgefragt.
Die Sicherheit und Versorgung vor Ort bleibt für die meisten Befragten von entscheidender Bedeutung. Auch das Bedürfnis nach kurzen und guten Kommunikationswegen für medizinische Beratung in die Schweiz bleibt hoch.
Veränderungen bei der Wichtigkeit von Klimafolgen einer Reise und der Möglichkeit, sich aus der Stressgesellschaft zurückzuziehen, bleiben innerhalb des Stichprobefehlers und erfordern weitere Untersuchungen, um langfristige Trends festzustellen.
Die Reisefreude der Schweizer:innen ist nach wie vor vorhanden und einigermassen gross. Das Niveau von vor Corona wird aber weiterhin nicht erreicht, und es bleibt auch fraglich, ob das so nochmals der Fall sein wird. Die Leute reisen weniger und wenn, dann bleiben Sie deutlich häufiger in der Nähe. Die „Konzentration aufs Wesentliche“ widerspiegelt die wirtschaftlich und geopolitisch unsicheren Zeiten. Zuwarten und Abwägen statt grosse Sprünge scheint das Motto vieler zu sein.
Die Sicherheitsüberlegungen mit Bezug auf das Reisen sind vielschichtiger als noch vor den Krisenjahren: Zum einen geben so viele Menschen wie nie an, dass Reisen im Ausland grundsätzlich sicher ist – aber eine Mehrheit sagt auch, dass es eigentlich unsicherer wurde im Vergleich zu früher. Während Reiseüberlegungen zunehmend eine lokale Perspektive abbilden, widerspiegelt das grundsätzliche Sicherheitsgefühl eher die globalen Turbulenzen.
Trotzdem dass sich die Leute vermehrt für nahe Destinationen entscheiden beim Reisen, bleibt die Orientierung dank Digitalisierung und Online-Plattformen global. Das bildet sich auch im Informationsverhalten ab. Das BAG wird neu in der empfundenen Wichtigkeit durch das EDA ersetzt, und auch Reiseveranstalter gewinnen wieder an Gewicht. Die Covid-Jahre sind vorbei. Nun kommen geopolitische Krisen. In dieser Gemengelage fällt der TCS etwas zurück was die Rolle als Informationsquelle betrifft.