Bilaterale im Zeichen neuer Verträge

Verstärkt ambivalente Haltung, aber breites Bekenntnis zum Verhandlungsergebnis

Standort Schweiz 2025 – Europafragen im Auftrag der Interpharma

Neuste Resultate der Befragungsserie Standort Schweiz im Auftrag der Interpharma

Downloads: Artikel als PDF

Sicht auf die Bilateralen Verträge

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union im Dezember 2024 hat die seit 2020 stetig steigende positive Einstellung gegenüber den bilateralen Verträgen im Frühjahr 2025 erstmals leicht abgenommen. Zwar sieht weiterhin eine Mehrheit Vorteile in den Verträgen, die ambivalente Haltung wächst jedoch. Besonders in der Anhängerschaft der GLP, der Mitte und der FDP sinkt die Vorteilssicht spürbar, während sie bei den Sympathisant:innen von SP und den Grünen neue Höchstwerte erreicht. Kritischer bleibt das SVP-Lager, wo die Zustimmung weiter sinkt, und unter den Parteiungebundenen verliert die Vorteilssicht erstmals seit 2020 ihre Mehrheit. Inhaltlich steht weiterhin der wirtschaftliche Nutzen der Bilateralen im Zentrum der positiven Wahrnehmung, insbesondere in Form von Wohlstand und Zugang zum Exportmarkt. Trotz des Rückgangs in der Vorteilssicht zeigt sich keine verstärkte Polarisierung, sondern eine zunehmend differenzierte Betrachtung der bestehenden Verträge. Diese Entwicklung dürfte unter anderem auf den intensiven Diskurs über das neue Verhandlungsmandat zurückzuführen sein, welcher auch die Wahrnehmung der bestehenden bilateralen Beziehungen leicht unter Druck setzt.

Nachdem die positive Einschätzung der bilateralen Verträge durch die Schweizer Stimmberechtigten seit 2020 stetig gestiegen ist und 2024 einen neuen Höchststand erreicht hat, nimmt diese in der aktuellen Befragungswelle im Winter 2025 erstmals wieder ab. Derzeit sieht aber immer noch eine klare Mehrheit von 58 Prozent hauptsächlich Vorteile in den bilateralen Verträgen. Dieser Anteil hat sich jedoch im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozentpunkte reduziert.

Während weniger Leute eindeutige Vorteile sehen als auch schon, nimmt  die Nachteilsansicht gegenüber 2024 jedoch nicht gleichermassen zu (20%, + 1 Prozentpunkt).

Vielmehr wächst der Anteil der Befragten, die sowohl Vor- als auch Nachteile erkennen, im Vergleich zum Sommer 2024 um sechs Prozentpunkte von 14 Prozent auf 20 Prozent, was auf eine verstärkt ambivalente Haltung gegenüber den bilateralen Verträge hindeutet.

Die Ausgangslage, die sich hier präsentiert, ist womöglich Ausdruck der sich zuspitzenden politischen Diskussion. Der intensive Diskurs über das Verhandlungsmandat, der seit dem materiellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU am 20.12.2024 spürbar an Dynamik gewonnen hat, setzt augenscheinlich auch die Wahrnehmung der bestehenden bilateralen Beziehungen leicht unter Druck.

Einschätzung zu den Bilateralen in einzelnen Gruppen

Wie in den vorangehenden Befragungswellen spielt auch 2025 die Parteisympathie eine zentrale Rolle bei der Erklärung der Haltungen gegenüber den Bilateralen.

Die Wähler:innen linker Parteien sind traditionell pro-europäisch eingestellt und haben eine positive Haltung zu den bilateralen Verträgen. Diese Ansicht hat sich 2025 bei den Anhänger:innen der SP (86%, +8 Prozentpunkte) wie auch der Grünen (84%, +10 Prozentpunkte) sogar noch verstärkt.

 

In beiden Lagern werden 2025 neue Höchstwerte seit Messbeginn vor fünf Jahren gemessen. Im Gegensatz dazu zeigt sich bei der GLP eine gegenteilige Entwicklung: Der Anteil der Befürworter:innen sinkt hier auf 77 Prozent – ein Rückgang um 12 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.

Eine ähnliche Entwicklung wie in der GLP zeigt sich im gesamten bürgerlichen Lager:

2025 sehen 68 Prozent der Anhänger:innen der Mitte (-7 Prozentpunkte) eher oder nur Vorteile in den Bilateralen. Hier setzt sich somit der positive Trend, der seit mittlerweile 5 Jahren Bestand hat, in diesem Lager erstmals nicht mehr fort. Ein noch deutlicherer Rückgang zeigt sich bei den Sympathisant:innen der FDP: Der Anteil jener, die vor allem Vorteile in den bilateralen Verträgen sehen, sinkt innerhalb eines Jahres deutlich von 79 Prozent auf 60 Prozent (-19 Prozentpunkte). Die zuvor beobachtete ambivalente Sichtweise zeigt sich auch hier insbesondere daran, dass der Anteil der FDP-Sympathisant:innen, die sowohl Vor- als auch Nachteile in den bilateralen Verträgen erkennen, von 16 Prozent auf 30 Prozent gestiegen ist. Diese Neubeurteilung unter FDP-Sympathisant:innen ist spannend, da 2014 ein ähnliches Muster im Kontext der Masseneinwanderungsinitiative zu beobachten war. Damals entstand kurzfristig – gerade auch in diesem Lager – der Eindruck, dass ein Verzicht auf die Bilateralen möglich wäre, worauf auch unter FDP-Sympathisant:innen an der Urne ein kritischer Entscheid in Bezug auf die Bilateralen getroffen wurde.

Im SVP Lager macht sich die kritischere Betrachtungsweise der bilateralen Verträge besonders stark bemerkbar, indem sich die Vorteilssicht um 13 Prozentpunkte auf 32 Prozent reduziert hat und gleichzeitig eine Zunahme derjenigen Personen zu beobachten ist, die nur Nachteile in den bilateralen Verträgen sehen (14%, +7 Prozentpunkte).

Die zunehmende ambivalente Haltung gegenüber den bilateralen Verträgen zeigt sich 2025 besonders deutlich bei den Stimmberechtigten ohne klare Parteisympathie. Während der Anteil jener, die vor allem Nachteile sehen, mit 26 Prozent weitgehend stabil bleibt (+2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr), hat sich der Anteil derjenigen, die sowohl Vor- als auch Nachteile erkennen, markant vergrössert: Ihr Anteil steigt um 26 Prozentpunkte auf 39 Prozent. Damit verliert die bislang dominante Vorteilssicht erstmals seit 2020 ihre Mehrheit. Nur noch 32 Prozent der parteipolitisch Ungebundenen sehen in den bilateralen Verträgen überwiegend oder ausschliesslich Vorteile – ein Rückgang um 23 Prozentpunkte. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass diese Gruppe erfahrungsgemäss stärker auf Emotionalität reagiert als andere. In Anbetracht dessen, dass die Gegnerschaft den öffentlichen Raum nach Verhandlungsabschluss fast alleine prägte, ist eine solche Entwicklung in dieser Gruppe deshalb nicht aussergewöhnlich.

Im deutschsprachigen Teil des Landes setzt sich der Wachstumstrend der Vorteilssicht von 2025 erstmals nicht mehr fort: nach einem kontinuierlichen Anstieg in den letzten fünf Jahren reduziert sich die Vorteilssicht in der aktuellen Befragungswelle von 69 Prozent im Jahr 2024 auf neu 61 Prozent. Eine Fortsetzung ist hingegen beim Negativtrend in der Romandie zu beobachten.

So erreicht die Vorteilssicht 2025 einen neuen Tiefstwert von 50 Prozent (- 3 Prozentpunkte) und fällt damit erstmals unter die Mehrheitsmarke. Währenddessen bleibt die Volatilität unter den italienischsprachigen Stimmberechtigten hoch, indem das Pendel wieder zurückschwingt und im Vergleich zu 2022 und 2024 erneut eine Minderheit die bilateralen Verträge als eher oder ausschliesslich vorteilhaft betrachtet (36% eher/nur Vorteile, -16 Prozentpunkte).

Die Siedlungsdichte der Wohnorte der Befragten spielt auch 2025 eine eher untergeordnete Rolle in der Einschätzung der Bilateralen. In sämtlichen Gruppen nimmt die Vorteilssicht ab, wobei der Sprung in den ländlichen und städtischen Gebieten am grössten ist (ländlich: -12 Prozentpunkte; städtisch: -11 Prozentpunkte). Somit liegt die Vorteilssicht in städtischen Gemeinden neu bei 59 Prozent, jene der ländlichen Gebiete bei 52 Prozent und die der intermediären Gebiete bei 57 Prozent (-4 Prozentpunkte).

Entlang des Alters und des Geschlechts der Befragten haben sich die Differenzen zwischen den Gruppen wenig verändert und insgesamt wieder den Werten aus dem Jahr 2023 angenähert. So bewerten auch 2025 die pensionierten Stimmberechtigten die bilateralen Verträge häufiger als vorteilhaft (68% eher/nur Vorteile) als die jungen (unter 40 Jahren: 61%) oder die mittelalten Stimmbürger:innen (40-64 Jahre: 60%). Weiter schätzen die Männer die Bilateralen weiterhin öfter positiv ein (60% eher/nur Vorteile) als dies Frauen tun (56%).

Pro und Contra-Argumente

Die Zustimmung zu den Pro-Argumenten zu den bilateralen Verträgen mit der EU bleibt auf hohem Niveau stabil, wobei sich auch hier Folgen der zunehmenden Diskussion spürbar machen. So schlägt sich der Rückgang in der Vorteilssicht der Bilateralen generell in einer geringeren Befürwortung aller abgefragter Vorteile nieder:

Nach wie vor sind grosse Mehrheiten auch 2025 überzeugt, dass die Schweiz dank den Bilateralen Zugang zum Exportmarkt geniesst (81% eher/voll einverstanden, -3 Prozentpunkte) und zu Bildungs- und Forschungsprogrammen bekommt (80%, -2 Prozentpunkt), sowie die Möglichkeit in der EU überall wohnen, arbeiten und studieren zu können (76%, -1 Prozentpunkt).

 

 

Die 2024 neu abgefragte Aussage, dass der Abbau von Handelshemmnissen für die Schweizer Unternehmen wichtig ist, landet ebenfalls in dieser Spitzengruppe (82%, -2 Prozentpunkte). Auf hohem Level leicht rückläufig sind zudem die Ansichten, dass die Schweiz auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen ist (71%, -1 Prozentpunkt) sowie – zum zweiten Mal in Folge –, dass die Bilateralen der Schweiz zu Wohlstand verhelfen (67%, -4 Prozentpunkte). Auch 2025 vermag das Argument dass die Schweiz dank den Verträgen mit der EU von Asylwanderungen verschont wird, nicht zu überzeugen (23%, -2 Prozentpunkte). Insgesamt werden zwar viele Vorteile in den bilateralen Verträgen gesehen – die Migrationsfrage gehört jedoch zunehmend weniger dazu.

Bei den Contra-Argumenten nimmt zum dritten Mal in Folge der Lohndruck durch die Personenfreizügigkeit zu (66% eher/voll einverstanden, +3 Prozentpunkte). Neben den höheren Miet- und Immobilienpreisen aufgrund der Zuwanderung (62%, +1 Prozentpunkte) ist 2024 auch eine Mehrheit der Stimmberechtigten der Meinung, dass die Zuwanderung eine Belastung für die Sozialwerke ist (55%, -1 Prozentpunkt). Das Argument, dass die Schweiz die Kontrolle über die Zuwanderung verloren hat, hat weiter an Zustimmung verloren und bleibt damit unter der 50-Prozent-Marke (44%, -2 Prozentpunkte).

 

Knapp ein Viertel bleibt der Meinung, dass die Schweiz nicht auf die Bilateralen angewiesen ist (24%, ±0 Prozentpunkte).

Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Notwendigkeit der Bilateralen zwar unbestritten ist, aber sich die Diskussion rund um die Zuwanderung zuspitzt und sich in einer gestiegenen negativen Sichtweise klar bemerkbar macht.

Relevante Treiber für die Einschätzung zu den Bilateralen

Die Einschätzung zu den aktuellen bilateralen Verträgen lässt sich mit weitergehenden Analysen auch inhaltlich begründen. Im ersten Schritt wird dabei mittels Regressionsanalyse der Einfluss der Pro- und Kontra-Argumente auf die allgemeine Sicht der Bilateralen untersucht.

Eine positive Einschätzung der Bilateralen wird am stärksten durch die Ansicht beeinflusst, dass sie zu Wohlstand verhelfen. Wer dieser Aussage zustimmt, hat eine 40 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, die bilateralen Verträge als positiv zu bewerten. Auch diejenigen Personen, welche der Meinung sind, dass die Bilateralen den Zugang zum Exportmarkt sichern, haben eine 22 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit die Bilateralen positiv zu werten. Auf inhaltlicher Ebene wird die Vorteilssicht damit weiterhin in erster Linie aus Wirtschaftsoptik begründet.

 

Dem gegenüber steht die Haltung, dass die Schweiz gar nicht auf die bilateralen Verträge mit der EU angewiesen ist. Wer dieser Aussage zustimmt, hat eine um 16 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, durch die bilateralen Verträge nur Nachteile zu sehen. Die Ansichten, dass die Schweiz die Kontrolle über die Zuwanderung verloren hat, sowie dass die Zuwanderung aus der EU eine grosse Belastung für die Schweizer Sozialwerke ist, wirken sich ebenfalls signifikant – wenn auch deutlich knapper – auf eine negative Sichtweise der Bilateralen aus.

Nicht meinungswirksam ist hingegen das Argument, dass durch die Verträge die einheimischen Löhne unter Druck geraten. Augenscheinlich gelingt es den aktuellen Abfederungsmassnahmen, diesen Konflikt in der Wahrnehmung gar nicht erst entstehen zu lassen.

Die eingesetzte Methode der linearen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (hier: die verschiedenen Argumente rund um die Bilateralen) auf eine abhängige Variable (Einschätzung bilaterale Verträge). Anhand des Vorzeichens lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu einer Vorteilssicht (positives Vorzeichen) oder eher einer Nachteilssicht (negatives Vorzeichen) auf die Bilateralen führt. Je grösser der absolute Wert des Faktors einer unabhängigen Variable ist, desto grösser ist der Einfluss auf die Einschätzung der Bilateralen. Variablen, welche die Null-Linie kreuzen, haben (auf einem 95%-Konfidenzintervall) keinen statistisch nachweisbaren Einfluss. Die Interpretation dieser linearen Regression geschieht unter der Annahme, dass andere Einflüsse im Modell konstant gehalten werden (ceteris paribus). Auf diese Weise ist es möglich, den isolierten Einfluss der unabhängigen Variablen auf die abhängige zu eruieren. Die Kontrollvariablen (Alter, Geschlecht, Sprache, Siedlungsart) werden im Modell ebenfalls berücksichtigt, um allfällige Verzerrungen durch diese vermeiden zu können.

Einschätzungen zur Rolle der EU

Insgesamt ist die Sicht auf die Beziehung der Schweiz zur EU in dieser Befragungsserie mehrheitlich geprägt von Stabilität und wenigen Verschiebungen über die Jahre. Die Frage der EU als Garantin für Frieden konnte sich jedoch nach dem Einbruch 2023 (-22 Prozentpunkte im Vergleich zu 2022) nicht wirklich erholen und erreicht 2025 mit 54 Prozent den Tiefstwert von Februar 2015 (-4 Prozentpunkte). Diese Entwicklung dürfte unter anderem mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine und der damit einhergehenden instabilen Sicherheitslage zusammenhängen.

Wie in den vergangenen Befragungswellen sind jeweils grosse Mehrheiten der Stimmberechtigten der Meinung, dass es ein Verfahren zur Streitbeilegung braucht (78% voll/eher einverstanden, -7 Prozentpunkt) und dass die Schweiz auf die EU angewiesen ist (78%, -3 Prozentpunkte). Beide Punkte büssen jedoch im Vergleich zum Vorjahr an Zustimmungswerten ein. Analog zu diesen beiden Aussagen hat auch die Zustimmung zur Ansicht, dass wir uns dank der bisherigen selektiven Übernahme von EU-Recht einen für die Schweiz zentralen Marktzugang sichern, auf hohem Niveau leicht abgenommen (71%, -5 Prozentpunkte).

 

Die 2025 neu abgefragte Aussage, die EU sei ein bürokratisches Moloch, reiht sich hier ein (78% voll/eher einverstanden) und spiegelt damit eine kritische Grundhaltung wider, die möglicherweise zur wachsenden Ambivalenz gegenüber den bilateralen Beziehungen beiträgt.

Wenn es um die Verhandlung zwischen der Schweiz und der EU geht, gibt es wenig Verschiebungen in den abgefragten Aussagen. So ist weiterhin eine Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung der Meinung, die EU hätte genug von den Spezialwünschen der Schweiz (56%, -2 Prozentpunkte). Im Vergleich zum Vorjahr geringfügig mehr Akzeptanz finden die Aussagen, dass die EU die Bilateralen nicht kündigen würde (44%, +3 Prozentpunkte), sich die Schweiz von der EU nicht erpressen lasse (43%, + 1 Prozentpunkt) und die EU stärker auf die Schweiz angewiesen ist als umgekehrt (41%, +3 Prozentpunkte). Die erstmals im Jahr 2025 erhobene Aussage, dass die EU undemokratisch sei, reiht sich hier in Bezug auf die Zustimmungswerte nahtlos ein (45% eher/voll einverstanden). Ebenfalls relativ unverändert vermuten rund 40 Prozent der Stimmbevölkerung, dass die EU die Personenfreizügigkeit nicht neu verhandeln würde (39%, -3 Prozentpunkte).

Bewertung des Verhandlungsergebnis

Die Fortsetzung der Verhandlungen mit der EU zur Weiterentwicklung der bilateralen Verträge wird weiterhin klar befürwortet, auch wenn die Zustimmung leicht gesunken ist. Die neu verhandelten Abkommen – insbesondere in den Bereichen Strom, Gesundheit und Lebensmittelhandel – geniessen stabile Mehrheiten. Bei den Anpassungen bestehender Verträge zeigt sich ein differenziertes Bild: EU-Kompromisse zu Ausschaffung und Zuwanderung werden breit unterstützt, während institutionelle Fragen wie die Übernahme von EU-Recht oder die Rolle des Europäischen Gerichtshofs umstrittener – aber mehrheitsfähig - bleiben. Auch der Lohnschutz wird unterschiedlich beurteilt. Die grösste Skepsis zeigen die Stimmberechtigten gegenüber dem Solidaritätsbeitrag, dem sogenannten Kohäsionsfonds, sowie gegenüber der Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie.

Der Gesamtvertrag mit allen verhandelten Elementen findet eine klare Mehrheit, wenn auch mit leicht sinkender Zustimmung gegenüber dem Vorjahr. Dabei sind insbesondere links-grüne Wähler:innen stark zu-stimmend, während SVP-Anhänger:innen und Parteiungebundene eher skeptisch sind. Alternative Szenarien zur europäischen Integration werden zurückhaltender bewertet. Ein EWR-Beitritt bleibt mehrheitsfähig, während die Zustimmung zur Fortsetzung der Bilateralen – sowohl in ihrer bestehenden Form als auch mit einer Weiterentwicklung durch die Übernahme von EU-Recht – unter 50 Prozent gefallen ist. Ein EU-Beitritt oder ein Alleingang bleiben chancenlos.

 

 

Aus Sicht der Schweizer Stimmberechtigten ist es richtig, dass die Schweiz mit der EU über die Weiterentwicklung der Bilateralen Verträge verhandelt (68% sehr/eher richtig, -11), auch wenn die Zustimmungswerte dazu in den letzten Monaten leicht abgenommen haben.

Auch aktuell spricht sich lediglich ein kleiner Teil gegen diese Verhandlungen mit der Europäischen Union aus (21% sehr/eher falsch, +5).

Die Haltung zu den in der Befragung diskutierten Abkommen ist äusserst positiv und gegenüber der letzten Befragungswelle sehr stabil. Wie bereits im letzten Jahr werden die neu verhandelten Abkommen in allen drei Bereichen von klaren Mehrheiten der Stimmbevölkerung befürwortet.

Das Stromabkommen (79% sehr/eher einverstanden, -1) und das Abkommen für eine Kooperation im Gesundheitsbereich (78%, -1) erreichen dabei wie in der letzten Befragungswelle sogar noch leicht höhere Zustimmungswerte als das Abkommen zum Handel mit Lebensmitteln (68%, -2), was ebenfalls von gut zwei Dritteln der Befragten befürwortet wird.

Die verschiedenen Anpassungen an den bestehenden Verträgen werden differenziert bewertet. Während die Kompromisse der EU auf breite Zustimmung stossen, werden die Zugeständnisse der Schweiz kritischer gesehen. Dennoch wird keine der vorgeschlagenen Anpassungen von einer Mehrheit abgelehnt.

Besonders hohe Zustimmungswerte erfahren die Kompromisse der EU in den Bereichen Ausschaffung und Zuwanderung. So zeigt sich jeweils eine grosse Mehrheit der Stimmberechtigten damit einverstanden, dass die Ausschaffung krimineller EU-Bürger:innen auch in Zukunft möglich sein wird (91% voll/eher einverstanden). Ähnlich gross ist die Zustimmung zur sogenannten Schutzklausel, die der Schweiz erlaubt, Massnahmen zur Begrenzung der EU-Zuwanderung zu ergreifen (79%). Zudem befürworten 72 Prozent der Befragten die Regelung, wonach EU-Bürger:innen erst nach fünf Jahren Erwerbstätigkeit in der Schweiz und ohne Sozialhilfebezug ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht erhalten.

Nahezu einstimmig (92% voll/eher einverstanden) wird die Rückkehr zum Zugang zu den Europäischen Forschungsprogrammen (Horizon) befürwortet. Aber auch mit dem Verzicht auf höhere Studiengebühren für Studierende aus der EU sind die Stimmberechtigten mehrheitlich einverstanden (55%).

Rund vier von fünf Befragten befürworten zudem die gegenseitigen Anerkennung von Produktionsvorschriften (81%).

 

Die Anpassungen zum Lohnschutz werden unterschiedlich beurteilt: Während eine deutliche Mehrheit (79%) den EU-Kompromiss unterstützt, wonach EU-Unternehmen auch künftig Schweizer Löhne zahlen müssen, wenn sie Arbeitskräfte aus der EU in der Schweiz beschäftigen, sorgt die Übernahme der EU-Spesenregelung für eine gespaltene Meinung in der Stimmbevölkerung (51%).

Die Übernahme von EU-Recht im Rahmen bestehender Verträge unter Wahrung des Referendumsrechts findet in der Schweiz mehrheitliche Zustimmung (58%). Auch die Beteiligung des Europäischen Gerichtshofs bei Streitfällen zwischen der Schweiz und der EU – mit der endgültigen Entscheidung durch ein paritätisches Schiedsgericht – wird von einer Mehrheit unterstützt (58%).

Die grösste Skepsis zeigen die Stimmberechtigten gegenüber dem Solidaritätsbeitrag für weniger entwickelte europäische Regionen, dem sogenannten Kohäsionsfonds (50%), sowie der Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie, die EU-Bürger:innen mit einem Schweizer Arbeitsvertrag das gleiche Anrecht auf Sozialhilfe gewährt wie Schweizer:innen (49%). Beide Massnahmen werden jeweils von 44 Prozent der Befragten abgelehnt.

Bei Betrachtung der Zustimmung zu den einzelnen Anpassungen aufgeschlüsselt nach Parteiaffinität, zeigen sich sowohl breite parteiübergreifende Mehrheiten als auch klare Gegensätze zwischen linken und rechten Lagern.

Einigkeit herrscht vor allem bei wirtschafts- und forschungsbezogenen Fragen. Die Wiederaufnahme der Schweiz in europäische Forschungsprogramme wird parteiübergreifend klar befürwortet, selbst in der SVP-Anhängerschaft. Auch die Anpassung von Produktvorschriften zur Erleichterung des Exports findet breite Unterstützung, besonders bei Sympathisant:innen der Mitte und der GLP. Beim Lohnschutz spricht sich eine deutliche Mehrheit – rund drei Viertel der Befragten – dafür aus, dass EU-Unternehmen weiterhin Schweizer Löhne zahlen müssen.

Beim Thema Zuwanderung zeigt sich eine differenzierte Haltung. Die Schutzklausel, die Gegenmassnahmen bei steigender Zuwanderung ermöglicht, wird breit unterstützt, besonders bei Anhänger:innen der GLP (93%). Auch eine Liberalisierung des Aufenthaltsrechts für EU-Bürger:innen findet links breite Zustimmung, während Sympathisant:innen der FDP und Mitte moderater und jene der SVP sowie Parteiungebundene deutlich skeptischer sind.

Deutliche Gegensätze bestehen bei institutionellen Fragen. Anhänger:innen linker Parteien befürworten eine engere EU-Anbindung, während jene der SVP und Parteiungebundene diese ablehnen.

Dies zeigt sich besonders bei der Übernahme von EU-Recht und der Rolle des Europäischen Gerichtshofs, die links klar unterstützt werden, während die SVP-Anhängerschaft nur 35 Prozent Zustimmung aufweist. Auch der Kohäsionsbeitrag wird von links stark befürwortet, während ihn die SVP-Anhängerschaft mit nur 19 Prozent klar ablehnt. Ein klarer Links-Rechts-Gegensatz zeigt sich bei der Unionsbürgerrichtlinie, die EU-Bürger:innen mit einem Schweizer Arbeitsvertrag das gleiche Anrecht auf Sozial-hilfe gewähren würde wie Schweizer:innen. Während sie links breite Zustimmung findet, ist die Mitte- und FDP-Anhängerschaft gespalten und eine Mehrheit der SVP-Sympathisierenden sowie der Parteiungebundenen lehnt sie deutlich ab.

Auffällig ist, dass Anhänger:innen der GLP häufig die höchsten Zustimmungswerte aufweisen, während die Anhängerschaft von FDP und punktuell auch jene der Mitte gespalten sind. Diejenigen, welche mit linken Parteien sympathisieren, unterstützen alle Anpassungen mehrheitlich. Nur beim Lohnschutz im Kontext der Spesenregelung, zeigt sich eine differenziertere Haltung.

Insgesamt finden wirtschaftliche und migrationsbezogene Fragen breite parteiübergreifende Unterstützung, während institutionelle und sozialpolitische Themen umstritten bleiben. Linke Parteien streben eine engere EU-Anbindung an, während SVP und Parteiungebundene dies ablehnen. FDP und Mitte bleiben in mehreren Punkten gespalten.

Würde das neue Vertragswerk zwischen der Schweiz und der EU, bestehend aus den drei neuen Abkommen sowie den Anpassungen an den bestehenden Verträgen, insgesamt bewertet, würde dieser Vertrag von einer klaren Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung befürwortet. Gegenüber der Befragung im letzten Jahr, als die konkreten Inhalte des Vertrages noch nicht bekannt waren, ist die Zustimmung zwar leicht zurück gegangen, dennoch wären aktuell fast zwei Drittel der Stimmberechtigten mit diesem Vertrag einverstanden (64% voll/eher einverstanden, -7).

Die Gegenseite ist indes um drei Prozentpunkte auf 28 Prozent gewachsen. Gerade im Vergleich zu den letzten beiden Jahren zeigt sich aktuell, dass die kritische Sichtweise auf die Bilateralen an Präsenz gewinnt und auch Anklang findet.

 

Auch in dieser Fragestellung dient die Parteisympathie der Befragten als wichtiges Erklärungsmerkmal für die Einschätzung der Stimmberechtigten zum EU-Vertrag. Das Muster ist aber ähnlich wie in der generellen Sicht auf die Bilateralen: Im Links-Grünen-Lager finden sich besonders hohe Zustimmungswerte (Grüne 90% voll/eher einverstanden; SP 88%; GLP 90%). Aber auch in den Anhängerschaften der Mitte (75%) und der FDP (72%) sind die Zustimmungsmehrheiten hoch. Dem gegenüber stehen die Anhänger:innen der SVP (35%) und die Stimmbürger:innen ohne klare Parteipräferenz (42%), wo sich nur eine Minderheit mit einem solchen Bilateralen Vertrag einverstanden zeigt.

Weiter ist auch ein leichter Stadt-Land-Graben sichtbar. Das heisst in ländlichen Gemeinden ist die Zustimmung vergleichsweise niedriger, aber mit 58 Prozent immer noch mehrheitlich und in den Städten entspricht die Zustimmung dem Schweizerischen Mittelwert (63%), während in den intermediären Gebieten (71%) die Zustimmungswerte am grössten sind.

Treiber hinter der Meinung zum (neuen) EU-Vertrag

Die Einschätzung des neuen Vertragswerks zwischen der Schweiz und der EU, bestehend aus den drei neuen Abkommen sowie den Anpassungen an den bestehenden Verträgen, lässt sich mit weitergehenden Analysen inhaltlich begründen. Die abgebildete Regressionsanalyse untersucht den Einfluss verschiedener Anpassungen an bestehenden Verträgen auf die Befürwortung des (neuen) EU-Vertrags.

Die Analyse zeigt, dass die Akzeptanz eines EU-Vertrags massgeblich von einer ausgewogenen Balance zwischen nationaler Souveränität und europäischer Integration abhängt. Besonders ausschlaggebend ist die Regelung, dass der Europäische Gerichtshof bei Streitfragen mitreden kann, die endgültige Entscheidung jedoch beim paritätischen Schiedsgericht liegt. Personen, die dieser Lösung zustimmen, haben eine um 27 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit, den neuen EU-Vertrag zu befürworten. Auch finanzielle Solidarität und soziale Gleichstellung spielen eine wichtige Rolle:

 

Die Zustimmung zu den Kohäsionsfonds erhöht die Wahrscheinlichkeit einer positiven Haltung um 21 Prozentpunkte, während die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie, die EU-Bürger:innen Sozialrechte gewährt, die Zustimmung um 16 Prozentpunkte steigert. Ebenso wirkt sich die Unterstützung für einen erneuten Zugang zu EU-Forschungsprogrammen positiv aus und erhöht die Zustimmung um 14 Prozentpunkte. Geringeren, aber dennoch relevanten Einfluss haben die Wahrung des Referendumsrechts sowie eine Schutzklausel zur Begrenzung der EU-Zuwanderung, die jeweils eine 12 Prozentpunkte höhere Zustimmung bewirken. Am wenigsten ausschlaggebend ist eine Regelung, nach der EU-Bürger:innen erst nach fünf Jahren ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht erhalten – die Befürwortung dieser Massnahme erhöht die Wahrscheinlichkeit der Vertragsbefürwortung lediglich um 8 Prozentpunkte.

Die Anpassungen zum Lohnschutz scheinen hingegen keinen relevanten Einfluss auf die Bewertung des EU-Vertrags zu haben.

Die eingesetzte Methode der linearen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (hier: verschiedene Anpassungen an bestehenden Verträgen) auf eine abhängige Variable (Einschätzung des EU-Vertrags (alle Elemente)). Anhand des Vorzeichens lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu einer Befürwortung (positives Vorzeichen) oder eher zu einer Ablehnung (negatives Vorzeichen) des EU-Vertrags führt. Je grösser der absolute Wert des Faktors einer unabhängigen Variable ist, desto grösser ist der Einfluss auf die Einschätzung des EU-Vertrags (alle Elemente). Variablen, welche die Null-Linie kreuzen, haben (auf einem 95%-Konfidenzintervall) keinen statistisch nachweisbaren Einfluss. Die Interpretation dieser linearen Regression geschieht unter der Annahme, dass andere Einflüsse im Modell konstant gehalten werden (ceteris paribus). Auf diese Weise ist es möglich, den isolierten Einfluss der unabhängigen Variablen auf die abhängige zu eruieren. Die Kontrollvariablen (Alter, Geschlecht, Sprache, Siedlungsart) werden im Modell ebenfalls berücksichtigt, um allfällige Verzerrungen durch diese vermeiden zu können.

Bezieht man in dieser Analyse zusätzlich die Einschätzung zu den bilateralen Verträgen mit ein, spielen der Zugang zu europäischen Forschungsprogrammen sowie Anpassungen im Bereich der Zuwanderung keine relevante Rolle mehr. Hingegen ist es nun die Vorteilssicht gegenüber den Bilateralen, welche ein massgeblicher Treiber  für die Befürwortung des neuen EU-Vertrags darstellt. So haben jene Stimmberechtige, welche bei den bilateralen Verträgen vor allem Vorteile sehen, eine um 46 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit mit dem EU-Vertrag, welcher alle Elemente beinhaltet, eher oder sehr einverstanden zu sein.

Hingegen ist es nun die Vorteilssicht gegenüber den Bilateralen, welche mit 46 Prozent.

Die eingesetzte Methode der linearen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (hier: verschiedene Anpassungen an bestehenden Verträgen und Einschätzung der bilateralen Verträge) auf eine abhängige Variable (Einschätzung des EU-Vertrags (alle Elemente)). Anhand des Vorzeichens lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu einer Befürwortung (positives Vorzeichen) oder eher zu einer Ablehnung (negatives Vorzeichen) des EU-Vertrags führt. Je grösser der absolute Wert des Faktors einer unabhängigen Variable ist, desto grösser ist der Einfluss auf die Einschätzung des EU-Vertrags (alle Elemente). Variablen, welche die Null-Linie kreuzen, haben (auf einem 95%-Konfidenzintervall) keinen statistisch nachweisbaren Einfluss. Die Interpretation dieser linearen Regression geschieht unter der Annahme, dass andere Einflüsse im Modell konstant gehalten werden (ceteris paribus). Auf diese Weise ist es möglich, den isolierten Einfluss der unabhängigen Variablen auf die abhängige zu eruieren. Die Kontrollvariablen (Alter, Geschlecht, Sprache, Siedlungsart) werden im Modell ebenfalls berücksichtigt, um allfällige Verzerrungen durch diese vermeiden zu können.

Trotz der deutlichen Unterstützung für die Verträge werden nicht nur Vorteile erwartet. Die Schweizer Stimmbevölkerung rechnet zwar mit einem erleichterten Zugang zu dringend benötigten Fachkräften (69%) und einer Stärkung des Wirtschaftsstandorts (64%), befürchtet jedoch auch negative Auswirkungen.

So gehen 59 Prozent davon aus, dass die Schweizer Löhne unter Druck geraten könnten. Ob die Verträge der Schweiz insgesamt Wohlstand bringen, bleibt für viele ungewiss (51%). Zudem sieht eine gewichtige Minderheit durch die neuen Verträge eine Einschränkung der Selbstbestimmung (45%) oder den Verlust der Kontrolle über die Zuwanderung (43%).

Beurteilung verschiedener Szenarien möglicher Volksabstimmungen

Diese neuen Verträge zwischen der Schweiz und der EU stossen auf Basis des aktuellen Wissensstandes auf ein relativ breites Grundwohlwollen, das andere denkbare Szenarien in der Zustimmungshöhe übertrifft. Obwohl auch weitere mögliche Szenarien der Europäischen Integration gewisse Unterstützer:innen finden, vermögen diese nicht restlos zu überzeugen: In der aktuellen Befragungswelle ist nach wie vor einzig ein EWR-Beitritt eine mehrheitsfähige Alternative (52% eher/bestimmt dafür, -2 Prozentpunkte). Die Zustimmung ist aber etwas tiefer als im Vorjahr.

Deutlich stärker gesunken ist die Zustimmung bei der Unterstützung für die Weiterführung des bilateralen Wegs mit der EU: Die Weiterentwicklung der Bilateralen trotz Übernahme von EU-Recht, nimmt am stärksten ab und unterschreitet im Vergleich zum letzten Jahr wieder die 50-Prozent-Marke (47%, -8 Prozentpunkte). Auch die Zusammenarbeit auf der Basis der bisherigen Bilateralen, auch wenn so Anpassungen an neue Marktentwicklungen oder neue Abkommen nicht mehr möglich sind, verliert ihre Mehrheit (47%, -3 Prozentpunkte).

 

Ebenfalls deutlich gesunken ist die Zustimmung zum EU-Beitritt (16%, -6 Prozentpunkte). Hingegen leicht gestiegen in der Gunst der Stimmbevölkerung ist ein Freihandelsabkommen für Güter und Dienstleistungen inkl. Landwirtschaft anstelle der bilateralen Verträge[1] (39%, +2 Prozentpunkte). Anfangs der 2020er Jahre besass dieses Szenario jeweils noch die höchsten Zustimmungswerte.

Die Extrempositionen EU-Beitritt und kompletter Alleingang der Schweiz ohne die Bilateralen bleiben auch in der aktuellen Befragungswelle ohne Chance in der Stimmbevölkerung, wobei ein komplettes Aufgeben der Bilateralen ohne konkrete Alternative im Vergleich zur letzten Erhebung stabil geblieben ist (19%, -1 Prozentpunkte).

[1] In der Befragung 2024 wurde folgende Erklärung zum Freihandelsabkommen ergänzt: «Ein solches Freihandelsabkommen würde wohl auch beinhalten, dass die Schweiz die Grenze für Landwirtschaftsprodukte aus der EU wesentlich stärker öffnen müsste.»

Methodischer Kurzbericht

Die Interpharma beauftragte das Forschungsinstitut gfs.bern mit der Durchführung der mittlerweile zwölften Befragungswelle in der Projektreihe „Standort Schweiz – Europafragen“. Hauptziel dieser Reihe ist, das Meinungsbild der Schweizer Stimmberechtigten rund um die bilateralen Verträge mit der EU auszuleuchten.

Das vorliegende „Wichtiges in Kürze“ soll interessierten Lesern einen schnellen Zugang zu den zentralen Erkenntnissen ermöglichen. Es umfasst alle relevanten Erkenntnisse aus der Erhebung zur Beziehung zwischen der Schweiz und Europa.

Die Ergebnisse der neuen Befragung in der Projektreihe „Standort Schweiz – Europafragen“ basieren auf einer repräsentativen Befragung von 2’011 Stimmberechtigten der Schweiz.

Nach 2024 wurde auch in der diesjährigen Befragungsserie ein mixed mode Verfahren angewendet. Dabei wurden 802 Interviews mittels computerunterstützten Telefoninterviews (CATI) erhoben sowie weitere 1’209 Interviews im Rahmen des gfs-Onlinepanels durchgeführt. Die Befragung fand zwischen dem 8. und dem 31. Januar 2025 statt.

Zur Korrektur soziodemografischer Verzerrung wurde entlang der Sprachregionen, nach Siedlungsart, nach der Bildung und nach Alter/Geschlecht gewichtet. Eine inhaltliche Gewichtung erfolgte entlang der Parteiaffinitäten und einer Recall-Frage zu einer vergangenen Abstimmung.

Das hier verwendete RDD/Dual-Frame-Erhebungsverfahren verlangte zudem eine Basisgewichtung mittels Wahrscheinlichkeiten der technischen Erreichbarkeiten aufgrund der Anzahl Telefonanschlüsse.