2. SRG-Trendumfrage zur Abstimmung vom 3. März 2024

Vor der Schlussmobilisierung:

Initiative für eine 13. AHV-Rente - Mehrheit dafür bei Nein-Trend

Renteninitiative - Mehrheit dagegen verfestigt sich

Studie im Auftrag der SRG SSR

Wäre bereits am 10. Februar 2024 abgestimmt worden, wäre die Initiative für eine 13. AHV-Rente angenommen worden, während die Renteninitiative abgelehnt worden wäre. Die Stimmbeteiligung hätte bei für den Zeitpunkt überdurchschnittlichen 52 Prozent gelegen.

Hier liegt eine Momentaufnahme rund zwei Wochen vor dem Abstimmungstag vor und nicht eine Prognose. Die Studie beschreibt die Ausgangslage vor der Schlussmobilisierung.

Alle Angaben gelten bei einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit mit einem Unsicherheitsbereich von ±2.8 Prozentpunkten. Der Abstimmungskampf und die Meinungsbildung setzen erst ein und können bei Volksabstimmungen nachweislich das Ja/Nein-Verhältnis beeinflussen. Hinzu kommen Effekte aus der noch unbekannten Mobilisierung durch die Kampagnen.

Die Befunde der Umfrage werden anhand des Dispositionsansatzes von gfs.bern theoretisch verortet.

Hier finden sich Hintergrundinformationen zu den Vorlagen der März-Abstimmung und hier zur Methode der SRG-Trendumfragen.

Grafiksammlung Ausserdem können Sie hier eine vollständige Grafiksammlung herunterladen.

Initiative für eine 13. AHV-Rente

Gegenwärtige Stimmabsichten knapp im Ja

Gegen Mitte Februar 2024 hätte die Initiative «Für ein besseres Leben im Alter» knapp die Hürde des Volksmehrs passiert. 53 Prozent der Teilnahmewilligen bekundeten eine mindestens tendenzielle Ja-Stimmabsicht. 43 Prozent wollten eher oder bestimmt dagegen stimmen. Innert Monatsfrist hat damit das Ja-Lager 8 Prozentpunkte (in der Folge ppt.) verloren und das Nein-Lager entsprechend zugelegt.

Bei einem Wert über 50 Prozent oder um die 53 Prozent könnte das Ständemehr als weitere Hürde dazukommen. Wir können nur auf Basis der Befragungsdaten keine gesicherten Aussagen zum Ständemehr machen. Es kommt natürlich auf die weitere Entwicklung bis zum Abstimmungstag an. Wir äussern uns zum Ständemehr entsprechend bei den Szenarien.

Die teilnahmewilligen Stimmberechtigten gehen von einer Annahme der Initiative für eine 13. AHV-Rente aus. 68 Prozent erwarten ein Ja zur Initiative am 3. März 2024, 32 Prozent ein Nein. Im Mittel wird der Ja-Anteil auf 53 Prozent geschätzt. Der Anteil, der von einem Ja ausgeht, steigt gegenüber der ersten Befragung an.

Fortgeschrittener Stand der Meinungsbildung

40 Prozent sprechen sich bestimmt für die Initiative für eine 13. AHV-Rente aus, 34 Prozent bestimmt dagegen. Diese gesamthaft 74 Prozent fest Entschiedener sprechen für eine vorbestimmte Abstimmung. Zudem lassen sich 70 Prozent der Stimmabsichten auch mit den Argumenten gut nachvollziehen, sodass der Stand der Meinungsbildung insgesamt als fortgeschritten bezeichnet werden kann. Spielraum für Kampagnen existiert aber noch immer bei den 22 Prozent lediglich tendenziell Entschiedenen (13% eher dafür/9% eher dagegen) und den 4 Prozent noch gänzlich Unentschiedenen.

Konfliktmuster: Sprache, Schicht, Alter und Werthaltungen werden bedeutsam

Je näher die Stimmabsichten an der 50-Prozent-Marke sind, desto wahrscheinlicher werden unterschiedliche Mehrheiten zwischen Untergruppen. Und nur bei knappen Abstimmungsausgängen sind diese Konflikte und die Mobilisierung von Untergruppen auch effektiv für das Resultat mitentscheidend. Das Konfliktmuster ist nun deutlich erkennbar, aber die Unterschiede sind quantitativ betrachtet nicht so gross wie bei typisch polarisierten Diskussionen. Vergleicht man das Konfliktmuster mit typischen linken Initiativen, so geniesst das Anliegen weiterhin hohe Popularität in vielen Untergruppen. So wollen bspw. Männer zu 54 Prozent und Frauen zu 52 Prozent Ja stimmen. Auch Auslandschweizer:innen bleiben mit 68 Prozent deutlich befürwortend. Bei anderen Untergruppen zeigen sich aber nun unterschiedliche Mehrheiten:

Sprachregionale Unterschiede sind auffällig. In der italienischsprachigen Schweiz verliert das Anliegen kaum an Unterstützung. Unveränderte 79 Prozent wollen für die 13. AHV-Rente stimmen. In der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz verliert das Anliegen je 7 Prozentpunkte. Allerdings bleibt es in der französischsprachigen Schweiz bei einer komfortablen Mehrheit von 59 Prozent für die Initiative. In der deutschsprachigen Schweiz kommt es zum Patt: 48 Prozent wollen Ja stimmen –  49 Prozent wollen Nein stimmen.

Regionale Unterschiede sind bedeutsam. Ebenfalls zum Patt kommt es so in den ländlichen Regionen der gesamten Schweiz (48 Ja zu 48 Nein). In den kleinen Agglomerationen bleibt es bei einer knappen Ja-Mehrheit (52:44), während die Ja-Mehrheiten in grossen Agglomerationen als ziemlich gesichert gelten dürften (58:39).

 

 

 

Das Alter ist im Gegensatz zum Geschlecht eindeutig ein Konfliktmuster geworden. Jüngere wollen nur noch zu 42 Prozent Ja stimmen. Menschen im mittleren Alter sind noch zu 56 Prozent für die Initiative, wobei der Nein-Trend nur schwach ausfällt. Ebenfalls nur schwach ist der Nein-Trend bei den Personen, die bereits im regulären AHV-Alter sind. Sie sind zu 60 Prozent für die 13. AHV-Rente.

Schichtunterschiede sind ebenfalls deutlicher zutage getreten. Bei Personen mit akademischen Ausbildungen sind nur noch 50 Prozent dem Ja-Lager zuzurechnen. Personen mit höheren oder höchsten Haushaltseinkommen sind mehrheitlich gegen die Vorlage. Sehr deutlich für die Vorlage wollen weiterhin mittlere und tiefe Einkommens- oder Bildungsgruppen stimmen.

Es gibt mitte-rechts eine stärkere Orientierung der Parteianhängerschaften an den jeweiligen Parolen. Mehrheiten der Anhängerschaften von GLP, Mitte, FDP und SVP würden – teilweise knapp – Nein stimmen. Trotz leichtem Nein-Trend bei den Parteiungebundenen will eine klare Mehrheit von 70 Prozent unverändert Ja stimmen. Im linken Lager sind die Meinungen auch grossmehrheitlich gesetzt: 72 Prozent der Grünen-Anhängerschaft und 83 Prozent der SP-Anhängerschaft wollen für die Initiative stimmen.

Deutlich rückläufig ist die Zustimmung zur Initiative schliesslich bei Personen, welche der Regierung vertrauen. Noch 41 Prozent (-15 ppt) der Vertrauenden wollen zustimmen. Wer der Regierung misstraut, will zu 68 Prozent zustimmen (-1 ppt).

Argumente: 13. AHV-Rente gleicht Zerfall der 2. Säule aus vs. AHV-Zukunft als Problem künftiger Generationen

Inhaltlich wird die Initiative für eine 13. AHV-Rente positiver beurteilt als bei den Stimmabsichten: Indexiert stehen 56 Prozent der Teilnahmewilligen der Befürworterschaft argumentativ näher und 40 Prozent der Gegnerschaft. Bei der Mitte, der GLP und auch bei den Grünen gibt es inhaltlich etwas mehr Zustimmung als dies bei der Stimmabsichtsfrage zum Ausdruck kommt.

Alle drei der hier getesteten Pro-Argumente ernten mehrheitliche Zustimmung und wirken wie intendiert auf einen Stimmentscheid. Alle drei Argumente verlieren aber auf weiterhin hohem Niveau etwas an Unterstützung.

Die grösste Wirksamkeit auf einen befürwortenden Stimmentscheid entfaltet das Argument, dass die 13. AHV-Rente den Zerfall der 2. Säule ausgleicht. An zweiter Stelle der Wirkung für das Ja steht neu das Argument der Korrektur der Rentenlücke bei Frauen. An dritter Stelle ist für das Ja bedeutsam, die finanzielle Lage der Rentner:innen angesichts der allgemeinen Teuerung zu verbessern. Dieses Argument ist weiterhin kaum bestritten und verweist darauf, dass der Problemdruck im Bereich der Renten für viele anerkannt ist:

 

79 Prozent aller Teilnahmewilligen stimmen unabhängig von ihrer Stimmabsicht diesem Argument zu.

Die Gegenargumente halten oder steigern ihre Überzeugungskraft. Das wirkungsvollste Argument überhaupt ist, dass die finanzielle Belastung durch diese Initiative die Zukunft der Rentenversicherung riskiert und das Wohl kommender Generationen aufs Spiel setzt. Das Argument gewinnt an Bedeutung und Zustimmung, überzeugt aber weiterhin keine Mehrheit der Teilnahmewilligen (46% Zustimmung zu 51% Ablehnung). An zweiter Stelle der Wirksamkeit auf den Stimmentscheid steht das einzige Argument, das eine Mehrheit zu überzeugen vermag: 56 Prozent stimmen zu, dass eine 13. AHV-Rente zu höheren Mehrwertsteuern und Lohnabgaben führt, was einen Angriff auf die Lebensqualität der Mittelschicht darstellt. Das dritte Nein-Argument erklärt nur noch wenig zusätzlich die Haltungen auf der Nein-Seite: Die unfaire Verteilung der Zusatzrente verstärkt soziale Ungleichheiten, indem sie Reichere bevorzugt und Bedürftige vernachlässigt. Das Argument gewinnt an Zustimmung, überzeugt aber keine Mehrheit (46:50).

Trend in der Meinungsbildung

Die Zustimmung ist auf 53 Prozent gefallen. Das zeigt, dass man nicht sicher sagen kann, wie die Abstimmung endet. Der Nein-Trend kann weitergehen oder stoppen. Das entscheidet über das Ergebnis beim Volksmehr. Initiativen, die positiv vorbestimmt sind, verlieren oft an Zustimmung. Aber, wenn die Ja-Kampagne den Druck aufrechterhält, verlieren die Nein-Argumente an Kraft. Je mehr sich die Leute informieren, desto wichtiger werden ihnen die Kosten. Diejenigen, die trotzdem Ja stimmen, sind bereit, für eine wichtige Sache mehr zu bezahlen.

Es gibt Anzeichen, dass der Nein-Trend gebremst oder sogar gestoppt wird. Der Problemdruck und die hohe Vorbestimmung bei diesem alltagsnahen Thema sind Gründe dafür. Eine hohe Mobilisierung, angetrieben durch intensive Debatten und die Erwartung eines knappen Ergebnisses, könnte den Trend stoppen oder umkehren.

Anders sieht es aus, wenn die Positionen von Regierung und Mitte-Rechts-Parteien und Fragen zur Belastung der Generationensolidarität weiter in den Vordergrund rücken.

 

 

Das könnte den Nein-Trend verstärken. Insbesondere bei Rentner:innen ist zurzeit eine Demobilisierung zu spüren. Ursache dafür könnten unterschiedliche sozialen Kräftefelder (sog. Cross-Pressures) wegen der Generationensolidarität sein.

In der inhaltlich vergleichbaren Abstimmung Volksinitiative «AHVplus: für eine starke AHV» verlor die Initiative zwischen erster und zweiter SRG-Trend-Umfrage 9 Prozentpunkte. Die zweite Welle zeigte 40 Prozent Zustimmung, bei der Volksabstimmung waren es dann 40.6 Prozent Ja.

Sollte es zu einem Wert von über 50 Prozent, aber unter 54 Prozent kommen, gehen wir aufgrund der Vergleichsabstimmungen und der kantonalen Auswertungen der uns vorliegenden beiden SRG-Trend-Wellen davon aus, dass auch beim Ständemehr ein knapper Ausgang möglich ist.

Ob Volks- oder Ständemehr, die Daten unserer Umfragen verweisen auf ein knappes Abstimmungsergebnis am 3. März 2024. Entsprechend muss der Abstimmungsausgang trotz aktuellen Vorteilen der Ja-Seite offengelassen werden.

Renteninitiative

Gegenwärtige Stimmabsichten klar im Nein

Wäre bereits am 10. Februar 2024 über die Renteninitiative «für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» abgestimmt worden, wäre sie abgelehnt worden. 35 Prozent der Personen, die bestimmt teilnehmen wollen, wären für die Initiative gewesen, 63 Prozent dagegen. Der Nein-Anteil stieg in der Hauptkampagnenphase um 9 ppt, während der Ja-Anteil an Boden verloren hat (-6 ppt) Ebenfalls gesunkene 2 Prozent der Teilnahmewilligen bleiben unentschieden (-4 ppt).

Die Stimmberechtigten selber rechnen denn auch deutlicher noch als in der ersten Umfrage mit einer Ablehnung der Renteninitiative an der Urne. 79 Prozent gehen für den 3. März 2024 von einem ablehnenden Stimmentscheid aus (+6 ppt) Im Mittel wird der Ja-Anteil für die Abstimmung am 3. März 2024 auf stabile 44 Prozent geschätzt.

Fortgeschrittener Stand der Meinungsbildung

69 Prozent der bisher Mobilisierten haben bestimmte Absichten für (21%) oder gegen (48%) die Volksinitiative. Diese Stimmabsichten sind mit Argumenten zu 58 Prozent erklärbar. Der Stand der Meinungsbildung ist fortgeschritten, wobei sich das negative Meinungsbild über den Verlauf der Hauptkampagnenphase konsolidiert hat.

Konfliktmuster: Einzig FDP-Anhängerschaft noch knapp mehrheitlich für die Initiative

Über den Kampagnenverlauf wurden alle 32 hier untersuchten gesellschaftlichen und politischen Untergruppen vom allgemeinen Nein-Trend erfasst. Eine Mehrheit für die Renteninitiative findet sich nur noch in einer einzigen Untergruppe; die FDP-nahen Teilnahmewilligen. Alle anderen Untergruppen hätten die Vorlage knapp 3 Wochen vor dem Urnengang mehrheitlich verworfen. Selbst die anfängliche Zustimmung von Rentner:innen ist über den Kampagnenverlauf weggebrochen. So hegen Rentner:innen zwar nach wie vor mehr Sympathien für die Renteninitiative als jüngere Stimmberechtigte, sind aber nun mehrheitlich auch dagegen.

Damit erweist sich die Parteizugehörigkeit als die zentrale Konfliktlinie dieser Abstimmungsvorlage. Linke Parteianhängerschaften bleiben eindeutig dagegen, das Rentenalter weiter anzuheben.

 

 

Sympathisant:innen der GLP, der Mitte und der SVP sind in dieser Reihenfolge zunehmend gegen das Vorhaben. Parteiungebundene Stimmberechtigte äussern sich mit 73 Prozent ablehnenden Voten ebenfalls deutlich gegen die Renteninitiative. Mit Ausnahme der SVP-nahen Wählerschaft stehen somit alle Parteiwählerschaften mehrheitlich auf Seiten der Position ihrer jeweiligen Mutterpartei. Bei der SVP ist der Elite-Basis-Konflikt wenig überraschend, da mehrere kantonale Sektionen abweichend von der nationalen Partei die Ja-Parole beschlossen haben.

Durch den umfassenden Nein-Trend haben sich weitere Unterschiede weitestgehend neutralisiert. Frauen bleiben beispielsweise etwas kritischer der Vorlage gegenüber als Männer. Aber von einem Geschlechtergraben zu sprechen wäre verfehlt. Die allermeisten Unterschiede sind gradueller Natur, und das Nein zur Renteninitiative ist somit breit abgestützt.

Argumente: Solidarität mit Älteren oder nachhaltige Rentenfinanzierung

Die Stossrichtung der Renteninitiative erhält zwar inhaltlich gewissen Zuspruch, überzeugt aber in den Details nicht restlos. Das dynamische Bild ist konsistent mit der Entwicklung der Stimmabsichten: Pro-Argumente haben über den Kampagnenverlauf an Zuspruch eingebüsst, Contra-Argumente gewonnen. Die Notwendigkeit einer Erhöhung des Rentenalters ist stärker umstritten als noch vor einem Monat, während Schwierigkeiten älterer Menschen im Arbeitsleben stärker betont werden.

48 Prozent stimmen zu, dass mit der Erhöhung des Rentenalters ein Schritt wie im Ausland nötig sei, um die AHV nachhaltig zu finanzieren (-5 ppt). Ebenfalls 48 Prozent sehen in der Initiative ein Mittel gegen den Fachkräftemangel (-2 ppt), und nur noch 41 Prozent unterstützen die Argumentation, dass eine Bindung zwischen höherer Lebenserwartung und Rentenalter fair und nachhaltig sei (- 6 ppt).

 

 

 

70 Prozent sehen eine Verstärkung der Ungerechtigkeit, weil sich Topverdienende immer noch frühpensionieren könnten (+3 ppt). Ebenfalls erhält die Nein-Seite viel Unterstützung, wenn sie auf Schwierigkeiten älterer Menschen im Arbeitsleben hinweist. Deutlich gestiegene 71 Prozent bejahen, dass die Initiative die heutigen Probleme älterer Arbeitssuchender ignoriere (+6 ppt). Ebenfalls klar angestiegene 69 Prozent unterstützen die Argumentation, dass viele Menschen psychisch oder physisch nicht in der Lage sind, länger als bis 65 zu arbeiten und die Initiative so soziale Ungerechtigkeit verstärkt (+6 ppt).

Argumentativ bleibt die Nein-Seite im Vorteil und konnte diesen gar noch ausbauen: Inhaltlich stehen 62 Prozent (+ 6 ppt) der Nein-Seite näher und 32 Prozent der Ja-Seite (- 5ppt).

Trend in der Meinungsbildung

Die Renteninitiative startete bereits aus der Defensive in die Hauptphase des Abstimmungskampfes und geriet in der Folge weiter unter Druck. Ein umfassender Nein-Trend hat eingesetzt und anfänglich vorhandene Sympathien zum Schwinden gebracht. So bleibt 3 Wochen vor der Abstimmung nur eine einzige Gruppe von Teilnahmewilligen, die knapp zugestimmt hätte: FDP-nahe Stimmberechtige.

Das Meinungsbild im Nein hat sich verfestigt und der gemessene Nein-Trend bei den Stimmabsichten spiegelt sich auch in der argumentativen Haltungen.

 

Angesichts der starken Nein-Argumente scheinen sich solidarische Argumente zugunsten der Herausforderungen der älteren Generationen in der Arbeitswelt gegen die abstrakte Finanzierungsidee über eine Erhöhung des Rentenalters in der breiten Leseweise der Initiative durchzusetzen.

Schon von Beginn weg wurde von den Stimmberechtigten mit einer Ablehnung der Vorlage am 3. März gerechnet. Dieser Eindruck erhärtet sich, und alles andere als eine Ablehnung der Renteninitiative am 3. März 2024 ist unwahrscheinlich.

Teilnahmeabsichten

Überdurchschnittliche Teilnahmeabsicht für die Abstimmung vom 3. März 2024

Die bisher gemessene Beteiligungsbereitschaft für den 3. März 2024 ist nun mit 52 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt (47.1% zwischen 2011 und 2022 gemäss BFS). Der Wert dürfte wegen der Schlussmobilisierung im Kampagnenverlauf weiter ansteigen, so dass eine mehr oder weniger klar überdurchschnittliche Teilnahme am Urnengang vom 3. März 2024 zu erwarten ist.

 

 

Die städtische Mobilisierung anhand der bisher eingegangen brieflichen Stimmen verweist auf eine sehr hohe Beteiligung in den Städten. Dieser Effekt ist aber in unserer Befragung so noch nicht gespiegelt.

Profil der Beteiligungswilligen

Wie üblicherweise bekunden ältere, höher gebildete, besser verdienende und politisch an ein Lager gebundene Stimmberechtigte erhöhte Teilnahmeabsichten. Sofern die Debatte nicht noch breitere Kreise erfasst, dürfte das Muster der Teilnahme am 3. März 2024 ebenfalls dem entsprechen.

Erwähnenswert ist jedoch der Rückgang der Teilnahmeabsicht von Stimmberechtigten über 65 Jahren: 51 Prozent von ihnen geben an, bestimmt an der Abstimmung teilnehmen zu wollen. Stark steigend ist die Teilnahmeabsicht dagegen bei Jüngeren: Neu wollen sie zu 48 Prozent an der Abstimmung teilnehmen.

Regierungskritische und tendenziell Personen mit mittleren Haushaltseinkommen werden zurzeit eher etwas mehr mobilisiert als die jeweiligen Vergleichsgruppen.

 

Das spricht weiterhin für die Mobilisierung eines gewissen Protestpotenzials, das nur situativ an Abstimmungen teilnimmt und auch eher gegen die Position von Regierung und Parlament stimmt.

Politisch gesprochen sind Stimmberechtige, die links-grünen Parteien (Grüne, SP und GLP) nahestehen, weiterhin stärker mobilisiert als andere parteipolitische Lager. Eine stärkere Mobilisierung Mitte-Rechts ist denkbar. Bei den Parteiungebundenen ist bisher kein weiterer Mobilisierungsschub erkennbar.

Regional betrachtet sind Stimmberechtigte aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz stärker mobilisiert als solche aus der italienischsprachigen Schweiz.

Zitierweise

Zweite Welle der SRG-SSR-Trendbefragung zu den Volksabstimmungen vom 3. März 2024 vom Forschungsinstitut gfs.bern. Realisiert zwischen dem 7. und dem 14. Februar 2024 bei 19105 Stimmberechtigten. Der statistische Fehlerbereich beträgt +/-2.8 Prozentpunkte.

Methode und Datengrundlage

Der telefonische Teil der vorliegenden Befragung wurde vom gfs-Befragungsdienst realisiert, die Auswertung und Analyse der Daten nahm das Forschungsinstitut gfs.bern vor.

Befragt wurde via eines RDD-Dualframe-Verfahrens per Festnetz und Handy. Seit dem Herbst 2018 wird im Rahmen des SRG-Trend-Mandats die telefonische Umfrage durch eine Online-Befragung ergänzt, mit dem Ziel die Stichprobengrösse in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz zu erhöhen. Der Online-Teil wurde als Opt-in-Befragung (Mitmachbefragung) über die Webportale der SRG SSR Medien realisiert.

Um sprachregionale Aussagen machen zu können, haben wir die Sprachminderheiten in der CATI-Befragung überproportional berücksichtigt. Diese wurden, um nationale Aussagen machen zu können, wieder ins richtige Verhältnis gebracht.

Keine Aussagen können wir über das Ständemehr machen, denn die Fallzahl lässt gesicherte Rückschlüsse auf die Kantone nicht zu.

Weiterführende Informationen zur Theorie und der Methode der SRG-Trendumfragen finden sich hier.

Technischer Kurzbericht

Auftraggeber: CR-Konferenz der SRG SSR
Grundgesamtheit: Stimmberechtigte Schweizer:innen
Herkunft der Adressen CATI: Stichprobenplan Gabler/Häder für RDD/Dual-Frame; Verwendung Swiss-Interview-Liste,
Herkunft der Adressen Online: Opt-in-Befragung über die Webportale der SRG SSR
Datenerhebung: telefonisch, computergestützt (CATI) und Online
Art der Stichprobenziehung CATI: at random/Geburtstagsmethode im Haushalt geschichtet nach Sprachregionen
Art der Stichprobenziehung Online: offene Mitmachumfrage
Befragungszeitraum: 7. – 14. Februar 2024
mittlerer Befragungstag: 10. Februar 2024
Stichprobengrösse: minimal 1’200, effektiv 19’105 (Cati: 1’208, Online: 17’897), n DCH: 14’194, n FCH: 4’224, n ICH: 687
Stichprobenfehler: ± 2.8 Prozentpunkte bei einem Wert von 50% (und 95%iger Wahrscheinlichkeit)
Quotenmerkmale CATI: Geschlecht/Alter interlocked
Quotenmerkmale Online: keine
Gewichtung: Dual-Frame-Gewichtung, Sprache, Siedlungsart, Parteiaffinität, Recall, Teilnahme
mittlere Befragungsdauer CATI: 12.1 Minuten (Standardabweichung: 3.3 Minuten)
Publikation: 21. Februar 2024, 6h00