Eidgenössische Volksabstimmung vom 18. Juni 2023

Informationen zu den Vorlagen und zum Abstimmungskampf

Studie im Auftrag der SRG SSR

Über folgende Vorlagen entscheidet das Stimmvolk am 18. Juni 2023:


  • OECD/G20-Mindeststeuer
  • Klima- und Innovationsgesetz
  • Covid-19-Gesetz

Die Volksabstimmungen vom 18. Juni 2023

Der Abstimmungskampf zu den eidg. Volksabstimmungen vom 18. Juni 2023 ist angelaufen. Beim Klima- und Innovationsgesetz sind beide Seiten aktiv. Beim Covid-19-Gesetz ist vorerst nur die Gegnerschaft im Kampagnenmodus, bei der OECD/G20-Mindeststeuer die Ja-Seite.

OECD/G20 Mindeststeuer

Ausgangslage

„Die Schweiz hat sich mit rund 140 weiteren Staaten dazu bekannt, dass grosse international tätige Unternehmensgruppen mindestens 15 Prozent Steuern bezahlen sollen. Bezahlt eine Unternehmensgruppe in einem Land weniger Steuern, so kann sie künftig von anderen Ländern besteuert werden, bis die 15 Prozent erreicht sind. In der Schweiz bezahlt derzeit ein Teil der Unternehmensgruppen tiefere Steuern.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Die Vorlage

„Bundesrat und Parlament wollen für grosse international tätige Unternehmensgruppen die Mindestbesteuerung einführen können. Für alle anderen Unternehmen ändert sich nichts. Die Umsetzung soll mit einer Ergänzungssteuer erfolgen. Erhebt die Schweiz keine Ergänzungssteuer, können andere Staaten die Differenz zu den 15 Prozent einziehen. Die finanziellen Auswirkungen der Vorlage sind schwierig zu schätzen. Für das erste Jahr werden die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer auf 1 bis 2,5 Milliarden Franken geschätzt. 75 Prozent der Einnahmen sollen an die Kantone, 25 Prozent an den Bund gehen. Dank des Finanzausgleichs profitieren alle Kantone. In der Schweiz sind viele internationale Unternehmen tätig. Sie bieten zahlreiche Arbeitsplätze und tragen erheblich zu den Steuereinnahmen bei. Höhere Steuern senken die Standortattraktivität. Die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer sollen darum auch zu deren Förderung eingesetzt werden, um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu sichern. Die Umsetzung erfordert eine Änderung der Bundesverfassung. Darum braucht es eine Volksabstimmung.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Anliegen und Trägerschaft

Da es sich um eine Verfassungsänderung handelt, ist eine Volksabstimmung zwingend. Eine Unterschriftensammlung war hier nicht nötig.

Parlamentarische Beratung

„Das Parlament will die Mindestbesteuerung in der Schweiz einführen können. Umstritten war die Verteilung der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen. Der gewählte Verteilschlüssel bewog eine Minderheit dazu, die Vorlage abzulehnen.

Die Mehrheit der Parlamentarier:innen ist der Ansicht, dass die Schweiz mit den internationalen Entwicklungen mitziehen muss, auch wenn dadurch die Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt wird. Ohne Umsetzung der Mindestbesteuerung würden die Einnahmen im Ausland anfallen und die Schweiz ginge leer aus. Für die Minderheit ist eine Mindestbesteuerung ein Schritt in die richtige Richtung. Sie entschärfe den Steuerwettbewerb und trage zu mehr Steuergerechtigkeit bei.

Die Mehrheit will den Kantonen 75 Prozent der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zusprechen und dem Bund 25 Prozent. Sie trägt damit einen Kompromiss mit, den Vertreter:innen von Bund, Kantonen und Gemeinden ausgehandelt haben. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Ergänzungssteuer sollen gezielt dort eingesetzt werden können, wo die Steuererhöhung die Standortattraktivität beeinträchtigt. Kantone mit wenig Einnahmen aus der Ergänzungssteuer erhalten tendenziell mehr Geld aus dem nationalen Finanzausgleich. Von einem attraktiven Standort Schweiz profitieren alle.

Eine Minderheit wollte dem Bund einen höheren Anteil als 25 Prozent der Einnahmen zusprechen und die Einnahmen unter den Kantonen gleichmässiger verteilen. So wäre der interkantonale Steuerwettbewerb zusätzlich gedämpft worden. Der Bund hätte seinen höheren Anteil an den Mehreinnahmen gesamtschweizerisch investieren können, zum Beispiel in Massnahmen zur Erhöhung der Erwerbsanreize.

Auch die Verteilung der Einnahmen innerhalb der Kantone war umstritten. Die Mehrheit will diese Frage den Kantonen überlassen, verbunden mit der Verpflichtung, die Gemeinden angemessen zu berücksichtigen. Eine Minderheit wollte die Verteilung an die Gemeinden in der Bundesverfassung regeln.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Das Parlament sah die Notwendigkeit einer international angelegten Mindeststeuer ein. Für die Bürgerlichen war das etwas schwieriger zu akzeptieren, weshalb sie es von einer bestimmten Umsetzung abhängig machten.

Umstritten war die Verwendung der erwarteten Mehreinnahmen von 1-2.5 Mia. CHF. Die bürgerliche Mehrheit setzte sich für eine Rückvergütung von 75 Prozent an die Kantone ein, während 25 Prozent beim Bund bleiben sollten. Rotgrün hatte für eine Teilung von 50/50 optiert.

In der Schlussabstimmung passierte die Vorlage recht klar mit 127 zu 59 Stimmen im Nationalrat, mit 38 zu 2 Stimmen im Ständerat. Dafür waren Vertreter:innen der SVP, FDP, Mitte und GLP, dagegen SP und Grüne.

Der Anteil aus dem Nationalrat gilt als besserer Prädiktor für den Volksentscheid, auch wenn er häufig etwas zu hoch ausfällt. Das spricht vorerst für eine Annahme der Vorlage mit weniger als 60 Prozent Ja-Stimmen.

Der Parolenspiegel

Zwischenzeitlich liegen die Parteiparolen vor. Befürwortet wird die Vorlage von SVP, FDP, Mitte, GLP und EVP. Abgelehnt wird sie von der SP, während die Grünen eine Stimmfreigabe beschlossen. Das Ja-Lager umfasst damit 62.3 Prozent der Wählenden von 2019.

Die Verteilung spricht für eine Polarisierung entlang der ökonomischen Rechts/Links-Achse, durch die Entscheidung der Grünen etwas relativiert. (Demokratischer) Sozialismus ist die grundlegende Weltanschauung der Opposition.

Allerdings gibt es in beiden Lagern prominente Abweichungen, die im Abstimmungskampf noch auftauchen dürften. Innerhalb der SP befürwortet Ex- Bundesratskandidatin und Ständerätin Eva Herzog aus Baselstadt die Vorlage. In der Mitte unterstützte Bauernverbandspräsident Markus Ritter während der Detailberatung die Position von links, denn der Bund sei auf Einnahmen angewiesen.

Trotzdem besteht eine klare Tendenz, dass die Vorlage in der Volksabstimmung angenommen wird.

Klar dafür ausgesprochen haben sich verschiedene Interessenorganisationen der Wirtschaft. Auch der Gemeinde- resp. der Städteverband befürworten die Vorlage. Dezidiert im Nein ist die Alliance Sud.

Der bisherige Abstimmungskampf

Die Vorlage ist neu und erklärungsbedürftig. Es ist mit einer Informationskampagne namentlich der Befürworter:innen zu rechnen.

Das Abstimmungskampf zur OECD/G20-Mindeststeuer ist von Bundesrätin Karin Keller-Sutter eben erst eröffnet worden. Für sie stehen stabile Rahmenbedingungen und die Sicherung von Steuereinnahmen und Arbeitsplätze für die Schweiz im Vordergrund.

Vorbereitet ist vor allem das Ja-Lager mit economiesuisse in der Hauptrolle. Drei Hauptbotschaften zeichnen sich ab:

  • keine Steuergeschenke ans Ausland, die bei einem Nein drohen
  • Erhaltung der Schweizer Standort-Attraktivität und
  • Absicherung staatlicher Leistungen.

Die Nein-Seite tritt noch nicht organisiert auf. Die SP hält sich trotz Nein-Parole auffällig zurück. Konsequent gegen die Vorlage argumentieren namentlich Vertreter:innen der Entwicklungshilfeorganisation Alliance Sud. Für sie bleibt der Schweiz auch bei einem Nein genügend Zeit für die Umsetzung. Diese soll die Steuerflucht ausländischer Firmen wie anfänglich beabsichtigt nicht begünstigen.

Auch Cedric Wermuth, Co-Präsident der SP, ist der Auffassung, dass bei einem Nein kein Schaden entstehen müsse. Er werde am Tag nach der Abstimmung seinen Verteilungsvorschlag zwischen Bund und Kantonen reaktivieren, um den Abfluss von Geldern nach Ablauf der Umsetzungsfrist zu verhindern.

Werberisch ist bisher nur die Ja-Seite aktiv. Die Umsetzung konzentriert sich auf die zentrale Aussage der Befürwortung, wonach ein Nein zu einem Abfluss von Steuermitteln ins Ausland führe.

Medial ist der Tenor befürwortend. Die redaktionellen Medien berichten alle positiv. Klar dagegen positioniert hat sich bisher nur die Wochenzeitung.

 

Die wahrscheinlichsten Referenzabstimmungen

Eine direkte Referenzabstimmung fehlt; indirekt können aber verschiedene Volksabstimmungen zu Steuervorlagen der jüngsten Zeit beigezogen werden. Namentlich sind das

• Unternehmenssteuerreform III,
• Stempelabgabengesetz und
• Verrechnungssteuergesetz.

Ihnen gemeinsam ist, dass sie im Parlament angenommen wurden, im Abstimmungskampf von links her umstritten waren und bei der Volksabstimmung scheiterten. Das spricht für eine labil vorbestimmte Vorlage mit Vorteilen für die Ja-Seite, wobei der Abstimmungskampf entscheidet.

Diesmal sind die Auswirkungen anders: Die Kantone sind Nutzniesser:innen und auf der individuellen Ebene sind kaum Folgen zu erwarten. Umstritten sein dürfte, wie weit eine Mindeststeuervorlage für die Standortförderungen gebraucht werden darf.

Mitentscheidend könnte das Image der grossen internationalen Unternehmen werden, aktuell namentlich durch die Grossbanken bestimmt.

Zwischenbilanz OECD/G20-Mindessteuer

Die Zusammenfassung der relevanten Indikatoren zur OECD/G20-Mindeststeuer lautet:

Im Normalfall setzt sich die Parlamentsmehrheit durch. Speziell ist diesmal, dass die Begründungen für die Positionen quer zu den Erwartungen liegen. Die Rechte ist für Mindeststeuern, wenn sie wie vorgeschlagen umverteilt werden, bei der Linke ist beides umgekehrt.

Deshalb geht wir davon aus, dass es einen Informationsbedarf im Abstimmungskampf gibt und die Stimmabsichten nicht von Beginn weg gefestigt sind. Das eröffnet dem Abstimmungskampf einen Spielraum. Bis jetzt dominierte die Ja-Seite diese eindeutig.

Sollte die SP gewinnen, würde sie kurz vor den Wahlen einen weiteren Sieg in Steuerfragen erringen. Bei einem Ja würde allerdings die Veto-Position in Steuerfragen geschwächt, ohne dass eine bestimmte Partei profitieren würde.

Bei einem Ja dürfte keine Partei profitieren, da es sich um eine breite Ja-Allianz handelt, bei der eher Wirtschaftsverbände den Ton angeben.

Erwartete Typologie der Meinungsbildung

Steuerfragen sind in hohem Masse Interessensfragen. Sie polarisieren nach der Nutzen-/Schadenseinschätzung. Die OECD/G20-Mindeststeuer ist dabei speziell; denn die Rechte befürwortet sie aufgrund der Kompensationen, während die SP sie ablehnt. Das verunsichert, die Prädispositionen sind positiv, nur labil. Die Stimmabsichten können durch den Abstimmungskampf beeinflusst werden. Dieser verlief bisher bemerkenswert ruhig. Der Ausgang ist etwas offen, die Ja-Seite ist aber im Vorteil.

Klima- und Innovationsgesetz

Ausgangslage

„Die Schweiz als Alpenland ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Massnahmen gegen die Klimaerwärmung sind deshalb von grosser Bedeutung. Die Schweiz hat sich 2017 im Übereinkommen von Paris gemeinsam mit 192 weiteren Staaten und der EU verpflichtet, den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Gegen den Beitritt zum Übereinkommen wurde kein Referendum ergriffen.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Die Vorlage

„2019 wurde die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» eingereicht. Bundesrat und Parlament geht die Initiative zu weit, weil sie den Verbrauch fossiler Energieträger wie Öl und Gas ab 2050 verbietet. Das Parlament hat deshalb einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet. Nach Ansicht des Parlaments stärkt dieser den Klimaschutz und trägt zu einer sicheren Energieversorgung bei. Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen, weshalb es zu einer Volksabstimmung kommt.

Der indirekte Gegenvorschlag hält als Ziel fest, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden muss. Das heisst: Der Verbrauch fossiler Energieträger wird nicht verboten, soll aber soweit wie möglich reduziert werden. Der Ausstoss von Treibhausgasen kann jedoch nicht überall auf null gesenkt werden. Das betrifft zum Beispiel Kehrichtverbrennungsanlagen oder die Landwirtschaft. Der noch verbleibende Ausstoss von Treibhausgasen soll daher ausgeglichen werden. Mit der Vorlage sollen zudem die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels für Mensch, Umwelt und Wirtschaft gelindert werden.

In der Schweiz sind Öl- und Gasheizungen für rund einen Viertel der ausgestossenen Treibhausgase verantwortlich. Für Hauseigentümer:innen sieht die Vorlage deshalb während 10 Jahren jährlich maximal 200 Millionen Franken vor, um sie bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizsysteme zu unterstützen. Im Vordergrund stehen dabei Holzheizungen oder Wärmepumpen. Zudem sollen der Ausbau von Fernwärmenetzen und die bessere Isolation der Gebäude gefördert werden. Die Mittel fliessen in die bestehenden Förderprogramme der Kantone.

Elektroheizungen machen im Winter rund 10 Prozent des Stromverbrauchs in der Schweiz aus. Das ist fast so viel, wie das stillgelegte Kernkraftwerk Mühleberg jährlich produziert hat. Werden Elektroheizungen ersetzt, kann im Winter viel Strom gespart werden. Deshalb werden Besitzer:innen von Elektroheizungen finanziell unterstützt, wenn sie auf eine effizientere Heizung umsteigen.

An die negativen Folgen des Klimawandels muss sich die Schweiz heute schon anpassen. Das wird in Zukunft noch wichtiger. Die Vorlage nimmt Bund und Kantone in die Pflicht. Sie sollen Massnahmen ergreifen, um Menschen, Umwelt und Sachwerte vor Hochwasser, Erdrutschen, Hitzewellen oder Trockenheit zu schützen. Gegen die Hitze in Städten und Dörfern können mehr Bäume und Grünflächen helfen. Massnahmen gegen die Trockenheit nützen insbesondere der Landwirtschaft.

Neue Technologien sind zentral für den Klimaschutz. Unternehmen werden deshalb mit der Vorlage dabei unterstützt, in innovative Technologien zur Reduktion von Treibhausgasen zu investieren. Dafür stehen während sechs Jahren jährlich maximal 200 Millionen Franken zur Verfügung, beispielweise für den Einsatz von klimaschonenden Produktionsanlagen.

Auch der Finanzplatz soll einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Seine Investitionen sind ein wichtiger Hebel, um klimafreundliche Entwicklungen zu fördern. Die Vorlage ermöglicht es dem Bund, mit Banken, Vermögensverwaltern, Pensionskassen und Versicherungen Vereinbarungen abzuschliessen. Diese dienen dazu, konkrete Klimaziele und Massnahmen festzulegen.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Die Opposition

Ein Komitee aus SVP-Grössen hat erfolgreich das Referendum ergriffen. Trotz anfänglichen Schwierigkeiten kam 104’000 Unterschriften zusammen; 50000 wären nötig gewesen.

Aus der Forschung weiss man, dass die Unterschriftenzahl bei fakultativen Referenden kein zuverlässiger Indikator für den Abstimmungsausgang ist. Sie zeigt nur an, ob eine rasch handlungsfähige Organisation existiert.

Parlamentarische Entscheidung

Das Klima- und Innovationsgesetz entstand im Wesentlichen als parlamentarischer Kompromiss. Der Bundesrat unterstützt ihn.

Das Klima- und Innovationsgesetz versteht sich als indirekter Gegenvorlage zur Gletscherinitiative. Deren Initiant:innen sind bei Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes in der Volksabstimmung zum Rückzug ihrer Initiative bereit.
In der Schlussabstimmung ging die Vorlage mit 139:51 im National- und mit 38:4 im Ständerat durch. Bei Parlamentarier:innen der SP, Grünen, GLP und Mitte war das Vorhaben unbestritten. Vereinzelte skeptische Stimmen gab es in den Reihen der FDP. Die SVP stellte sich komplett dagegen.

Der Anteil aus dem Nationalrat gilt als besserer Prädiktor für den Volksentscheid, auch wenn er häufig etwas zu hoch ausfällt. Das spricht vorerst für Annahme der Vorlage mit weniger als 70 Prozent Ja-Stimmen.

Der Parolenspiegel

Der Parolenspiegel liegt weitgehend vor: Dafür sind SP, FDP, Mitte, Grüne, GLP und EVP. Die SVP ist als Referendumsführerin selbstredend dagegen.

Die Wählenden-Stärke des Ja-Lagers beträgt 69 Prozent. Das spricht für eine Annahme, wenn die Parteianhängerschaften geschlossen stimmen.

Alle drei Parteien mit der höchsten Kongruenz zwischen Parolen und Endergebnis (GLP, Mitte, FDP) sind auf der Ja-Seite.

Das spricht für eine Verteilung zwischen der Links/Rechts-Achse, aber auch den Lebensweisen zwischen modern und traditionell. Libertärer, liberaler und nationaler Konservatismus sind die weltanschaulichen Grundierungen der Opposition.

Auf der Ja-Seite befinden sich auch verschiedene Wirtschaftsverbände wie economiesuisse und Bauernverband. Hinzu kommen Umweltorganisationen wie VCS, swisscleantech oder Energiestiftung. Auch gesellschaftliche (Amnesty International, Alliance Sud, Heks) und kirchliche Organisationen (HEKS) engagieren sich dafür. Schliesslich nutzt auch die SBK die Plattform für ein Ja-Engagement.

Dagegen ausgesprochen habt sich vorerst nur der Hauseigentümerverband. Casafair, eine kleine Vereinigung von Hauseigentümer:innen, widerspricht ihm allerdings.

Der Gewerbeverband beschloss hinsichtlich des Klima- und Innovationsgesetz eine Stimmfreigabe.

Der bisherige Abstimmungskampf

Bundesrat Albert Rösti eröffnete den Abstimmungskampf der Behörden am 21. April. Er machte klar, dass das Gesetz keine Verbote und neue Abgaben beinhaltet.

Als SVP-Nationalrat war Rösti dagegen gewesen. Er war auch Mitglied des Referendumskomitees. Die SVP reagierte postwendend auf seine neue Position, der Bundesrat Rösti habe als Nationalrat noch das Gegenteil gesagt.

Die Vorlage ist nicht selbstredend, sie muss erklärt werden. Es besteht ein Informationsbedarf im Abstimmungskampf. Das BAFU hat eine kleine Informationskampagne in den sozialen Medien gestartet.

Der mediale Abstimmungskampf hat bereits begonnen. Beide Seiten sind mit einer Vorkampagne aktiv. Aktiv sind auch verschiedene Wissenschafter:innen der Technischen Hochschulen, welche vor allem die internationalen Forschungsergebnisse verbreiten. 230 Wissenschafter:innen haben sich am Tag vor der Medienkonferenz der Ja-Seite für eine Annahme ausgesprochen.

Das Ja-Komitee eröffnete ihre Kampagne am 18. April mit Vertreter:innen der sechs befürwortenden Parteien. Sie setzt darüber hinaus auf eine Mitmachkampagne. Das Kernstück sind individualisierte Ja-Plakate, die namentlich viral gehen sollen. Höhepunkt soll einen Monat vor der eigentlichen Abstimmung sein. Über den Stand der Dinge wird sozialmedial laufend berichtet.

Übergeordentes Motto des Argumentariums ist „Schützen, was uns wichtig ist.“

Die zentralen Argumente sind:

  • Nichts tun verschlimmert die Klimaschäden – Die Folgekosten steigen.
  • Mit den Klimazielen übernimmt die Schweiz Verantwortung.
  • Klimaschutz anpacken, Chancen nutzen.

Die Nein-Kampagne wurde an einer Delegiertenversammlung der SVP gestartet.

Gemäss dem Argumentarium der Nein-Seite stösst man sich daran, dass die Stromproduktion zurückgehe und damit die Preise erhöhe. Gekämpft wird das sog. “Stromfressergesetz” ausgesprochen plakativ. Es sei teuer; pro Haushalt komme es zu 6600 CHF Mehrkosten pro Jahr. Zudem beinhalte die Vorlage Vollmachten und verlange staatliche Umerziehungsmassnahmen.

Die werberische Kampagne ist ausgesprochen plakativ und baut auf aktuellen Missständen auf. Der Bezug zum Gesetz selber ist aber locker. Vor allem sozialmedial wurde dies bereits heftig kritisiert.

Medial berichten die meisten Zeitungen und Online-Stationen zurückhaltend für die Vorlage. Skeptisch berichtete bis jetzt nur die NZZ; sie ortete erheblichen bürgerlichen Widerspruch.

Die wahrscheinlichsten Referenzabstimmungen

Ähnlich war das Konfliktmuster beim C02-Gesetz. Im Parlament ging die Vorlage mit einer ähnlichen Unterstützungsallianz durch. Der Elite/Basis-Konflikt brach erst im Abstimmungskampf auf.
Dabei mobilisierte die Nein-Seite besser als das Ja-Lager. Hilfreich war damals allerdings die Kombination der Vorlage mit den Agrarinitiativen, vom Bauernverband exemplarisch bekämpft.

Die Zustimmungsbereitschaft sank entsprechend von 60 auf 54 Prozent in den SRG-Befragungen. Die Gegnerschaft stieg von 35 auf 43 Prozent. Der Trend setzte sich bis zum Abstimmungstag fort. Erst Nachanalysen zeigte, dass der Vorsprung der Nein-Seite stark mit der Höhe der Teilnahme stieg.

Die VOX-Nachanalyse legt nahe, dass die Kombination der fünf Vorlagen vom 13. Juni 2021 zu einer einzigartigen Dynamik im Abstimmungskampf geführt hatte: Die Mobilisierung von «rechts», von Personen, die dem Bundesrat weniger vertrauen und in ländlichen Regionen wohnen, bewirkte nicht ein klares Nein bei den beiden Agrar-Initiativen, sondern auch zum CO2-Gesetz. Nicht bestätigen liess sich die Aussage der Tamedia-Nachanalyse, wonach das Nein der Jungen entscheidend gewesen sei.

Das spricht alles in allem für ein labil vorbestimmtes Abstimmungsthema mit positiven Vorzeichen, bei welchem aber die definitiven Entscheidungen erst im Abstimmungskampf erfolgen.

Zwischenbilanz Klima- Innovationsgesetz

Die Zusammenfassung der relevanten Indikatoren zum Klima- und Innovationsgesetz lautet:

Im Parlament war die Zustimmung eindeutig. Sie konnte sich auf eine breite Allianz von Grünen bis FDP stützten. Opponiert hatte letztlich nur die SVP, die eine traditionelle Energiepolitik mit nationaler Ausrichtung bevorzugt. Unterstützung bekam sie bisher nur von Hauseigentümer:innen.

Im Normalfall setzt sich eine solche Parlamentsmehrheit durch. Allerdings scheiterte ein analoges Vorhaben 2021 in der Volksabstimmung. Der Unterschied besteht heute darin, dass auf Lenkungsabgaben verzichtet wird. Die Nein-Seite spricht dennoch von Folgekosten für die Bürger:innen.

Deshalb geht wir davon aus, dass es einen Informationsbedarf im Abstimmungskampf gibt und die Stimmabsichten nicht von Beginn weg gefestigt sind. Das eröffnet dem Abstimmungskampf einen Spielraum. Beide Seiten sind bereits jetzt aktiv.

Bei einem Ja würde das modifizierte Regierungslager ohne SVP, aber mit GLP gestärkt. Denn eine offene Baustelle der Legislaturperiode würde geschlossen werden. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass eine einzelne Partei profitieren würde.

Sollte die SVP mit ihrem Nein durchkommen, wäre das scharfe Munition für ihren Wahlkampf und die beste Legitimation für Bundesrat Rösti, bei der Umsetzung der Energiewende einen Neuanfang zu wagen.

Erwartete Typologie der Meinungsbildung

Die Umsetzung der Energiewende ist nach der Klimawahl 2019 ein zentrales Thema der Legislaturperiode. Der erste Versuch mit dem C02 Gesetz ist gescheitert. Mit dem Klima- und Innovationsgesetz kommt es zu einer modifizierten Zweitauflage, die auf Lenkungsabgaben verzichtet, dafür Ziele und Innovationen vorschreibt. Die Präsdispositionen sind positiv, aber nur labil ausgeprägt. Der Sachverhalt ist nicht selbstredend; es besteht ein Informationsbedarf. Der Abstimmungskampf kann die anfänglichen Stimmabsichten noch beeinflussen.

Covid-19-Gesetz

Ausgangslage

„Das Coronavirus zirkuliert weiterhin in der Bevölkerung und bleibt unberechenbar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine neue gefährliche Virusvariante auftritt. Die Covid-19-Pandemie hat sich zwar im Laufe des Jahres 2022 stark abgeschwächt, es kann aber nicht verlässlich abgeschätzt werden, wie sich die Situation entwickeln wird.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Die Vorlage

„Als die Covid-Pandemie 2020 die Schweiz erreichte, musste der Bundesrat schnell handeln. Er stützte sich dabei auf das Epidemiengesetz und auf Notrecht. Mit dem Covid-19-Gesetz schuf das Parlament dann eine befristete gesetzliche Grundlage, damit die Pandemie ohne Notrecht weiter bekämpft werden konnte. Das Volk hat seither zwei Mal über das Gesetz abgestimmt und sich beide Male dafür ausgesprochen. Damit im Notfall bestimmte Massnahmen weiterhin rasch zur Verfügung stehen, hat das Parlament im Dezember 2022 einen Teil des Covid-19-Gesetzes bis Mitte 2024 verlängert.

Viele Bestimmungen des Covid-19-Gesetzes wurden nicht verlängert und die meisten sind Ende 2022 ausgelaufen. Dazu gehören unter anderem die Massnahmen zur finanziellen Unterstützung von Kulturbetrieben, Sportvereinen und Grossveranstaltungen, die Härtefallmassnahmen, die Erwerbsausfallentschädigung, die ausserordentliche Kurzarbeitsentschädigung und die Kostenübernahme von Tests durch den Bund.

Damit die Bestimmungen notfalls sofort angewendet werden können, wurde die Verlängerung des Gesetzes für dringlich erklärt und trat per sofort in Kraft. Gegen die Verlängerung wurde das Referendum ergriffen. Wird das Gesetz von der Stimmbevölkerung abgelehnt, treten sämtliche der verlängerten Bestimmungen Mitte Dezember 2023 ausser Kraft.“ (Quelle Erläuterungen Bundesrat)

Die Opposition

Ein Komitee aus «Mass-voll» und den «Freunde(n) der Verfassung» organisierte die Unterschriftensammlung. Ihnen schlossen sich weitere regionale Gruppierungen sowie die EDU, die Piratenpartei und die Libertäre Partei an. Hinzu kamen vereinzelt auch rechtsbürgerliche Politiker, Aufrecht Schweiz, die Freie Liste Zürich, das Verfassungsbündnis Schweiz und das Bürgerforum Schweiz.

Gültig sind über 56000 Unterschriften.

Aus der Forschung weiss man, dass die Unterschriftenzahl bei fakultativen Referenden kein zuverlässiger Indikator für den Abstimmungsausgang ist. Sie zeigt nur an, ob eine rasch handlungsfähige Organisation existiert.

Das Argumentarium der Gegnerschaft ist weitgehend bekannt. Es steht unter dem pauschalen Vorwurf, die Behörden würden das Ende der Pandemie leugnen, um Freiheiten einschränken zu können. Kritisiert wird auch, dass verschiedene Massnahmen nicht die angegebenen Effekte gezeigt hätten. Dabei baut man auf einem generellen Regierungs- oder Behördenmisstrauen auf.

Die parlamentarische Beratung

Im Parlament waren die Meinungen weitgehend gemacht: Der Nationalrat stimmte bei sechs Enthaltungen mit 140 Ja- und 50 Nein-Stimmen klar dafür. Geschlossen dagegen votierte nur die Fraktion der SVP; 2 Freisinnige schlossen sich ihr an. Alle anderen Fraktionen waren ausnahmslos dafür.
Im Ständerat waren bei vier Enthaltungen 39 Kantonsvertretungen auf der Ja-Seite. Man zählt einzig die Stimme des Berner Standesherrn Werner Salzmann dagegen.

Die Zustimmungsquote in der grossen Kammer betrug damit 70 Prozent, in der kleinen gar 85 Prozent. Der Anteil aus dem Nationalrat gilt als besserer Prädiktor für den Volksentscheid, auch wenn er häufig etwas zu hoch ausfällt. Das spricht für Annahme der Vorlage mit weniger als 70 Prozent Ja-Stimmen.

Der Parolenspiegel

Die Parolenfassung blieb angesichts der langen Unsicherheit über das Zustandekommen weitgehend aus. Nur die GLP hat präventiv eine Ja-Empfehlung beschlossen, da sie die Partei mit der höchsten Parolenkongruenz zu den Stimmenden in der laufenden Legislaturperiode ist.
Eine frühe Parole haben die Jungfreisinnigen und die Junge Mitte beschlossen. Die Delegiertenversammlung der JF entschied sich angesichts der knappen Verhältnisse für die Stimmfreigabe. Die Junge Mitte kritisierte dies postwendend; sie hatte kurz davor ein Ja herausgegeben.

Bei den Mutterparteien rechnet man damit, dass die SVP sich dem Nein-Lager anschliesst; SP, FDP, Mitte, Grüne und dürften den Gegenpol bilden. Interessant wird sein, ob es insbesondere bei der FDP abweichende Parolen auf Kantonsebene gibt oder nicht. Bleiben von den Parlamentsparteien die SVP und die EDU allein im Nein, umfasst die zustimmende Allianz minimal 69 Prozent. Hinzu kommen noch die Libertäre Partei und die Piratenpartei, die nicht im Parlament vertreten sind.

Bleibt es dabei, wäre die parteipolitische Polarisierung in erster Linie entlang der Lebensweisen zwischen traditionell und modern. Nationalkonservatismus, verbunden mit einem libertären Konservatismus wären die grundlegenden Weltanschauungen der Opposition.

Auch das verweist auf eine Annahme der Vorlage, auch dieser Wert dürfte mit Blick auf die Volksentscheidung zu hoch sein. Denn die existierende ausserparlamentarische Opposition wird so nicht erfasst. Für einen Mehrheitswandel dürfte aber auch das nicht reichen.

Von den Wirtschaftsverbänden hat sich GastroSuisse dagegen und der Gewerbeverband dafür ausgesprochen, während der Schweizerische Bauernverband auf eine Parole verzichtete.

Der bisheriger Abstimmungskampf

Die Einreichung der Referendumsunterschriften lösten einen ersten Peak, namentlich bei der Gegnerschaft, aus. Die Nein-Kampagne hat unmittelbar daran angeschlossen. Eine organisierte Ja-Kampagne existiert bis jetzt nicht.

Die zentralen Kritikpunkte der Nein-Seite betreffen das Zertifikat und das Contact-Tracing. Beides sei wirkungslos und unnötig. Kritisiert wird auch der Überwachungscharakter, der die Grundrechte einschränke. Mobilisiert wird schliesslich auch ein Misstrauen in Behörden und Politiker:innen.

Die dritte Abstimmung sei anders als die bisherigen. Beim ersten Mal sei es um die Wirtschaftshilfen gegangen, beim zweiten Mal habe die «Impflüge» der Behörden entschieden. Nun gehe es darum, die Massnahmen endgültig zu beenden.

Erwartet wird ein Abstimmungskampf unter bekannten Voraussetzungen. Er dürfte aber weniger intensiv ausfallen als bei den beiden früheren Entscheidungen in der gleichen Sache, denn die Sache ist nicht neu und die Positionen sind weitgehend die Gleichen. Die Meinungsbildung dürfte deshalb stabil-positiv verlaufen.

Die Gegnerschaft hat sich insbesondere sozialmedial gut organisiert. Sie wird versuchen, die ausserparlamentarische Opposition so zu mobilisieren. Gewisse Verstärkungen sind von einzelnen Exponenten der Politik zu erwarten.

Medial im Nein sind vorerst die Weltwoche, StrickerTV und der neue TV-Sender HOCH2 (Ph. Gut).

Die wahrscheinlichste Referenzabstimmung

Naheliegend ist es, die beiden ersten Abstimmungen über das Covid-19-Gesetz als Referenzen heranzuziehen.

Dabei war der Medientenor stets gemischt-positiv. Die Voranalysen auf Befragungsbasis beider Volksabstimmungen zeigten übereinstimmend, dass die Ja-Seite stets im Vorsprung war. Der Ja-Anteil in den Vorbefragungen zur zweiten Abstimmung betrug stets 61 Prozent, während der Nein-Wert von 36 auf 38 Prozent stieg. Der Abstimmungskampf der Gegnerschaft mobilisierte am ehesten Unschlüssige.

Die Zustimmungsraten variierten zunächst nach politischen Gesichtspunkten (mehrheitlich Nein nur an der SVP Basis, nicht einmal bei Parteiungebundenen, aber Minderheiten in allen Lagern) sowie entlang dem Alter. Je höher dieses ist, desto klarer werden die Massnahme unterstützt.

Neu ist bei der dritten Abstimmung, dass die Bedrohungslage kleiner ist als 2021. Dafür dürfte auch die dritte Entscheidung in kürzester Zeit zu einer pauschalen Beurteilung wie bisher sorgen.

Zwischenbilanz

Die Zusammenfassung der relevanten Indikatoren zum Covid-19-Gesetz lautet:

Im Parlament war die Zustimmung eindeutig. Sie konnte sich auf eine breite Allianz aller Parteien ausser der SVP stützten. Die SVP lehnt die staatlichen Schutzmassnahmen ab und bevorzugt Eigenverantwortlichkeit. Eine radikale ausserparlamentarische Bewegung machte namentlich gegen die Behördenpolitik mobil, da sie eine freiheitsfeindliche Überwachungspolitik verfolge.

Im Normalfall setzt sich eine solche Parlamentsmehrheit durch. Das war auch bei den beiden früheren Abstimmungen so. Heute ist einzig die Bedrohungslage durch die Pandemie geringer.

Wir gehen davon aus, dass die Meinungen weitgehend gemacht sind und durch Abstimmungskampf nur verstärkt werden dürften. Deshalb werden sich die bisherigen Abstimmungsergebnisse wiederholen.

Die Abstimmung selber bietet aber der ausserparlamentarischen Opposition Raum, sich vor- und darzustellen. Ihre Glaubwürdigkeit ist jedoch nur minderheitlich. Sie dürfte aber versuchen, sich als mögliche Parlamentsbewegung zu profilieren und im Herbst bei den nationalen Wahlen zu kandidieren.

Erwartete Typologie der Meinungsbildung

Die Schweiz stimmt innert zwei Jahren zum dritten Mal über eine Revision des Covid-19-Gesetzes ab. Zweimal resultierte ein Ja. Die Meinungen dürften sich dabei gebildet haben und die Prädispositionen stabil sein. Der Abstimmungskampf verstärkt dann vorhandene Stimmabsichten, kann aber Unschlüssige absprechen. Meinungsumkehr dürfte aber selten sein.

Vorläufige Bilanz

Die hier verwendeten und besprochenen Tools verweisen einheitlich auf drei Ja-Mehrheiten.

Selbstredend umfasst dies keine Analyse der Meinungsbildung im laufenden Abstimmungskampf. Deren Eckwerte haben wir im vorliegenden Bericht erörtert und begründet.

Unterschieden wurde dabei gemäss Dispositionsansatz zwischen Prädisposition (Mehrheit der Stimmabsichten vor dem Abstimmungskampf) und deren Stabilität. Kurz zusammengefasst war dies:

Beim Covid-19-Gesetz gehen wir von einer positiven Prädisponierung aus, die aufgrund der zurückliegenden themenidentischen Abstimmungen vor kurzer Zeit stabil ist. Die Kampagne der Gegnerschaft dürfte vor allem socialmedial intensiver ausfallen als die der Gegenseite. Das dürfte vor allem Unschlüssige anziehen. Die anfänglichen Mehrheitsverhältnisse dürften nicht betroffen sein. Das Ja ist wahrscheinlich.

Bei der OECD/G20 Mindeststeuer ist ebenfalls mit einer eher positiven Prädisponierung zu rechnen, während die Stabilität der Stimmabsichten aufgrund der unüblichen Konfliktlinie fraglich ist. Die Ja-Seite hat Vorteile, vor allem, wenn die SP in der Opposition isoliert bleibt. Ohne das kann es auch zu einer Bewegung Richtung Nein kommen.

Beim Klima- und Innovationsgesetz stufen wir die Ausgangslage ähnlich wie bei der OECD/G20-Mindeststeuer ein. Allerdings liegt mit dem abgelehnten CO2 Gesetz (2021) eine eindeutige Referenzabstimmung vor. Diese legte nahe, dass der Ja-Anteil im Abstimmungskampf rückläufig war, vor allem wegen der starken Mobilisierung der konservativen Bevölkerung auf dem Land. Dies muss sich nicht im gleichen Masse wiederholen, auch wenn das Potenzial angelegt bleibt.