Nahtstellenbarometer 2024

Zentrale Ergebnisse März/April 2024

Umfrage bei Jugendlichen und Unternehmen im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI

Studienziele und Design

Ziel des Nahtstellenbarometers ist die Erfassung von Bildungsentscheiden von Jugendlichen am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit und das Einschätzen der Situation auf dem Schweizer Lehrstellenmarkt.

Zu diesem Zweck wird jährlich eine dreisprachige Online-Umfrage in zwei Erhebungswellen (März/April und August) bei Jugendlichen im Alter von 15-17 Jahren (Ausnahme Tessin: 14-16 Jahre) und Unternehmen mit mindestens zwei Angestellten durchgeführt (Archiv Nahtstellenbarometer).

2023 wurden die Stichproben beider Zielgruppen optimiert: Seither werden 15-17-jährige Jugendliche befragt und nicht mehr 14-16-jährige, um mehr Jugendliche im letzten obligatorischen Schuljahr zu erreichen.

 

Bei den befragten Unternehmen ist seit 2023 im Voraus bekannt, welche Unternehmen Lernende ausbilden und welche nicht. Der Anteil ausbildender Unternehmen wurde in der Stichprobe bewusst erhöht.

Die vorliegenden Graphiken geben einen Überblick über zentrale Ergebnisse der ersten Erhebungswelle von 2024. Details zu den Methoden finden sich am Schluss dieses Cockpits.

Bei den ausgewiesenen Absolutwerten handelt es sich um hochgerechnete Werte. Die Stichprobenergebnisse wurden auf die Grundgesamtheit hochgerechnet.

Das Wichtigste in Kürze

64% der Jugendlichen an der Nahtstelle I haben bereits eine feste Anschlusslösung.

66% der angebotenen Lehrstellen sind bereits besetzt.

Jugendliche

94’303 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren stehen im März/April 2024 vor der Ausbildungswahl.

Am häufigsten ziehen sie nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit eine berufliche Grundbildung in Erwägung. Maturitäts- und Fachmittelschulen sind die zweithäufigste Präferenz. Ein knappes Drittel der Jugendlichen plant ein Zwischenjahr oder will ein Brückenangebot in Anspruch nehmen.

61% (28’781) der Jugendlichen mit Interesse an einer Lehrstelle verfügen bereits über einen unterschriebenen Lehrvertrag. Dieser Wert bewegt sich zum zweiten Mal in Folge wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau (2023: 62%, 2022: 56%, 2021: 52%, 2020: 56%, 2019: 61%). Weitere 11% (5’377) der Jugendlichen erhielten bereits eine mündliche Zusage für eine Lehrstelle. Wichtig anzumerken ist, dass hier nur ein Teil der Nachfrage nach Lehrstellen abgebildet ist, nämlich jene von 15-17-Jährigen (Ausnahme Tessin: 14-16-Jährige) am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit.

26’532 Jugendliche an der Nahtstelle I haben Aufnahmeprüfungen in Maturitäts- und Fachmittelschulen oder schulische berufliche Grundbildungen bestanden oder Zusagen zu einem anderen Angebot erhalten (Zwischenjahr, Brückenangebot).

Insgesamt haben somit bereits 64% (60’090) der befragten Jugendlichen eine Anschlusslösung nach den Sommerferien. Dieser Wert ist verglichen mit den Jahren 2020-2022 wieder deutlich erhöht (2024: 64%, 2023: 62%, 2022: 51%, 2021: 51%, 2020: 51%, 2019: 57%).

Unternehmen

Insgesamt bieten 57% der hier befragten Unternehmen Lehrstellen an. Das sind deutlich mehr als in den Vorjahren der Untersuchungsreihe, wo sich jeweils rund ein Viertel ausbildende Unternehmen in der Stichprobe fand. Seit 2023 kann der Anteil ausbildender Unternehmen in der Bruttostichprobe der vorliegenden Erhebung definiert werden, wodurch ausbildende Unternehmen besser erreicht werden können. Das erklärt den gestiegenen Wert im laufenden und im vergangenen Jahr (2024: 57%, 2023: 56%).

Die Gesamtzahl der 2024 angebotenen Lehrstellen beträgt hochgerechnet 75’724.

Bei den meisten Unternehmen ist das Lehrstellenangebot gleich gross wie im Vorjahr (79%). 11% der Unternehmen bieten mehr Lehrstellen an als 2023. 10% der Unternehmen geben an, weniger Lehrstellen anzubieten. Diese Werte sind weitgehend stabil.

90% (68’261) der angebotenen Lehrstellen sind berufliche Grundbildungen, die zu einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) führen. Bei 9% (6’494) handelt es sich um berufliche Grundbildungen mit einem Eidgenössischen Berufsattest (EBA). Der Rest (1%) konnte aufgrund der Angaben nicht eindeutig zugeordnet werden.

66% (49’705) der Lehrstellen waren im März/April 2024 bereits vergeben. Dieser Wert ist gegenüber den Vorjahren leicht erhöht (2023: 63%, 2022: 64%, 2021: 63%, 2020: 66%, 2019: 67%; 2018: 70%).

Jugendliche an der Nahtstelle I

Interessen Ausbildungswahl

Die Jugendlichen ziehen für die Zeit nach Ende des Schuljahres 2023/2024 am häufigsten eine berufliche Grundbildung in Erwägung (54’307 Jugendliche, 63%). Dabei ist eine duale berufliche Grundbildung für weitaus mehr Jugendliche die erste Präferenz (47’275/87%) als der Weg der schulischen beruflichen Grundbildung (7’032/13%).

Da die Anschlusslösung zum Zeitpunkt der Umfrage im April 2024 für 36 Prozent der Jugendlichen noch nicht definitiv ist, waren bei der Frage nach den Präferenzen Mehrfachantworten zugelassen. Das dürfte das hohe Interesse am allgemeinbildenden Weg (zweithäufigste Option, 35’816 Jugendliche, 42%) mit erklären.

Ein Zwischenjahr kommt für 14’811 Jugendliche (17%) in Frage, und 10’779 Jugendliche (13%) werden allenfalls ein Brückenangebot besuchen. Das Interesse an einem Zwischenjahr ist 2024 im Vergleich zu den Vorjahren angestiegen (2024: 17%, 2023: 12%, 2022: 10%, 2021: 9%, 2020: 11%, 2019: 10%, 2018: 10%).

 

Von den männlichen Jugendlichen zieht die Mehrheit eine duale berufliche Grundbildung in Betracht (62%) und deutlich weniger eine Maturitäts- oder Fachmittelschule (37%). Bei den jungen Frauen ist das Verhältnis ausgeglichener: 47% von ihnen streben eine Ausbildung an einer Maturitäts- oder Fachmittelschule an, 47% wollen eine duale berufliche Grundbildung absolvieren. Brückenangebote sprechen beide Geschlechter gleichermassen an, Zwischenjahre werden häufiger von jungen Frauen in Betracht gezogen.

Jugendliche mit Migrationshintergrund interessieren sich im Vergleich zu Schweizer Jugendlichen sich weniger häufig für eine duale berufliche Grundbildung dafür aber stärker für alle anderen Ausbildungswege.

In der Deutschschweiz ist die Nachfrage nach einer beruflichen Grundbildung unter den Jugendlichen deutlich höher als in der französischen und der italienischen Schweiz. Umgekehrt streben mehr Jugendliche aus der lateinischsprachigen Schweiz den allgemeinbildenden Weg an als in der Deutschschweiz.

Jugendliche mit Interesse an beruflicher Grundbildung

Von jenen 47’275 Jugendlichen, die im Sommer 2024 eine duale berufliche Grundbildung starten möchten, zielen 43’813 (93%) auf einen EFZ-Abschluss, 1’522 (3%) auf einen EBA-Abschluss. Im Rückblick haben Vergleiche mit den Zahlen des Bundesamtes für Statistik über den gesamten Lehrstellenmarkt (also nicht nur für die Nahtstelle I) gezeigt, dass der Anteil beruflicher Grundbildungen mit einem EBA-Abschluss höher ausfällt (2022: 10%). Das dürfte damit zusammenhängen, dass viele EBA-Lehren erst nach Abbruch eines EFZ oder nach einem Brückenangebot begonnen werden.

Die zehn beliebtesten Berufslehren bei den Jugendlichen im Frühjahr 2024 finden sich in nachfolgender Grafik. Ungebrochene Spitzenreiterin ist die kaufmännische Grundbildung, wenn auch nicht mehr ganz auf dem Niveau der Vorjahre. Erstmals interessieren sich 2024 weniger Jugendliche für eine duale berufliche Grundbildung in diesem Bereich.

 

Verglichen mit dem Vorjahr erweisen sich die Top-Ten der beliebtesten Ausbildungen als ziemlich stabil, denn acht Lehrberufe waren bereits 2023 in den Top-Ten. Wechsel fanden auf den letzten beiden Rängen statt: 2024 sind die beruflichen Grundbildungen zur Logistikern/zum Logistiker und zum Fachmann/zur Fachfrau Automobil wieder in den Top-Ten zu finden. Dies auf Kosten der beruflichen Grundbildung zur Fachfrau/zum Fachmann Apotheke respektive zum/zur Polymechaniker:in.

Die Berufswünsche der jungen Frauen und Männer unterscheiden sich, wobei sich das bekannte Muster wiederholt: Bei jungen Frauen sind neben der Ausbildung zur Kauffrau medizinische oder soziale Berufe hoch im Kurs. Für junge Männer sind neben der Ausbildung zum Kaufmann vorwiegend technische Berufe attraktiv, wie nachfolgende Grafik aufzeigt.

12’022 Jugendliche, oder 25% von jenen die eine duale berufliche Grundbildung anstreben, haben vor, gleichzeitig eine Berufsmaturität zu absolvieren. Über die Zeit betrachtet, erweist sich dieser Anteil als relativ stabil (2023: 25%, 2022: 25%, 2021: 29%, 2020: 28%, 2019: 24%, 2018: 27%).

Ausschlaggebend für den Wunsch eine Berufsmaturität zu erlangen, ist in erster Linie die Vorbildung. Wer aktuell in einer gymnasialen Vorstufe zur Schule geht, strebt zu 55% eine Berufsmaturität an, während auf Realstufe lediglich 19% eine Berufsmaturität erwägen. Zudem spielt die Sprachregion eine zentrale Rolle, denn weitaus mehr Jugendliche aus der lateinischsprachigen Schweiz wollen die Berufsmaturität machen als in der Deutschschweiz (DCH: 24%, FCH: 30%, ICH: 54%).

34’158 Jugendliche (72%) haben bereits eine zugesicherte Lehrstelle (schriftlich oder mündlich). Dieser Wert bewegt sich wieder auf dem Niveau vor der Pandemie (2024: 72%, 2023: 74%, 2022: 67%, 2021: 62%, 2020: 64%, 2019: 72%).

Der Anteil variiert erneut stark zwischen den verschiedenen Lehrberufen, wie nachfolgende Grafik zeigt.

Bewerber:innen als Elektroinstallateur:in, als Fachfrau:mann Gesundheit oder als Kaufmann:frau haben mehrheitlich bereits eine schriftliche Zusage. Das sind alles Lehrstellen, für die auch in den vergangenen Jahren bereits früh Zusagen erteilt wurden.

Überdurchschnittlich viele Jugendliche aber, die sich auf Lehrstellen als Logistiker:in, medizinische:r Praxisassistent:in respektive Fachfrau:mann Betreuung beworben haben, warten noch auf Rückmeldungen zu ihren Bewerbungen.

Noch gar nicht beworben haben sich 30 Prozent der Jugendlichen mit Interesse für berufliche Grundbildungen als Automobilfachfrau:mann oder als Informatiker:in.

Arbeitsplätze in der Nähe von zu Hause bleiben begehrt. Rund zwei Drittel wären nach der beruflichen Grundbildung gerne bei einem Unternehmen in ihrem Wohnort (66%) oder in ihrem Heimatkanton (71%) angestellt, und etwas mehr als die Hälfte könnte sich eine Anstellung bei einem regional tätigen KMU (54%) gut vorstellen. Dagegen wären nur rund ein Drittel der Jugendlichen gern im Ausland bei einem international tätigen Unternehmen (37%) angestellt und knapp weniger als ein Drittel bei einem exportorientierten KMU (31%). Gerne wären Jugendliche aber auch ihr eigener Chef: Die Perspektive der beruflichen Selbstständigkeit ist für Jugendliche attraktiv (2024: 59% gerne oder eher gerne selbstständig, 2023: 68%, 2022: 69%, 2021: 52%, 2020: 47%, 2019: 53%, 2018: 49%).

Von den Jugendlichen, welche eine schulisch organisierte berufliche Grundbildung (z.B. Handelsmittelschule) anstreben, hat sich rund die Hälfte noch nicht für ein entsprechendes Angebot angemeldet. Lediglich 26% von ihnen geben an, bereits in einer Schule aufgenommen worden zu sein (2023: 25%, 2022: 16%, 2021: 21%, 2020: 19%, 2019: 23%).

94% der Jugendlichen mit Interesse für eine berufliche Grundbildung konnten eine (17%) oder mehrere Schnupperlehren (76%) realisieren. Diese Werte entsprechen annähernd den Vorjahreswerten (2023: 22% eine/72% mehrere, 2022: 20%/72% 2021: 21%/70%, 2020: 18%/74%, 2019: 18%/76%). Praktika sind insgesamt klar weniger verbreitet (11% eines, 16% mehrere).

Von jenen, die sich im April 2024 für eine berufliche Grundbildung interessieren, weiss knapp die Hälfte, was die höhere Berufsbildung ist (2024: 48%, 2023: 50%). 57% geben an, Höhere Fachschulen oder eidgenössische Prüfungen zu kennen (2023: 56%). Weitere Angebote aus dem Tertiärbereich sind unterschiedlich bekannt bei den Jugendlichen: Die Berufsmaturität (2024: 79%, 2023: 79%) und die Fachhochschulen (2024: 76%, 2023: 75%) sind am bekanntesten von allen weiterführenden Angeboten, gefolgt von den Universitäten, der ETH und der PH (2024: 55%, 2023: 57%).

Jugendliche mit Interesse an Maturitäts- und Fachmittelschulen

Von jenen 35’816 Jugendlichen, die sich für eine Maturitäts- oder Fachmittelschule interessieren, haben 46% die Aufnahmeprüfungen bestanden oder erfüllen die Aufnahmebedingungen und haben deshalb einen zugesicherten Platz nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit. Das sind gleich viele wie im Vorjahr womit sich der Wert wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie stabilisiert (2023: 46%, 2022: 36%, 2021: 40%, 2020: 36%, 2019: 45%).

2024 ist ein Schwerpunkt in Wirtschaft/Handel/Recht der beliebteste Schwerpunkt für Jugendliche, die sich für den allgemeinbildenden Weg interessieren (23%).

 

An zweiter Stelle folgt ein Schwerpunkt in Biologie/Chemie (16%) und an dritter Stelle das neusprachliche Profil (14%) gefolgt von Physik und Anwendungen der Mathematik (13%). Über die Zeit betrachtet erweisen sich die Verteilungen auf diese fünf Schwerpunkte sowie deren Hierarchie als relativ stabil.

Frauen sind signifikant stärker an sprachlichen Profilen, an Philosophie, Pädagogik oder Psychologie und an bildnerischem Gestalten/Musik interessiert. Männer wählen dagegen signifikant häufiger einen Schwerpunkt in den Bereichen Physik und Anwendungen der Mathematik oder Wirtschaft, Handel und Recht.

Jugendliche in Brückenangeboten oder Zwischenlösungen

13 Prozent der Jugendlichen interessieren sich aktuell für ein Brückenangebot (2024: 13%, 2023: 14%, 2022: 13%, 2021: 14%, 2019: 8%, 2018: 11%). Eine fehlende Lehrstelle bleibt der am häufigsten angegebene Grund für die Wahl eines Brückenangebots (2024: 36%, 2023: 34%, 2022: 27%, 2021: 28%, 2020: 35%, 2019: 32%). Der zweithäufigste Grund ist, dass das Brückenangebot für eine anschliessende Ausbildung erforderlich ist (12%) oder man Noten verbessern und Schulstoff nachholen möchte (11%). Diese Werte erweisen sich als stabil über die Zeit.

Das Interesse für ein Brückenangebot ist aber wie in den letzten Jahren bei der Mehrheit der Jugendlichen noch wenig konkret. 58% der 14-16-Jährigen, die sich für ein Brückenangebot interessieren, haben sich noch nicht für ein solches angemeldet (2023: 54%, 2022: 59%, 2021: 60%, 2020: 65%, 2019: 53%). Stabil bleibt die Anzahl jener, die sich für Brückenangebote interessieren und bereits in einem Brückenangebot aufgenommen worden sind (2024: 23%, 2023: 24%, 2022: 23%, 2021: 23%, 2020: 17%, 2019: 17%).

2024 geben so viele Jugendliche wie nie zuvor an, ein Zwischenjahr machen zu wollen (2024: 17%, 2023: 12%, 2022: 10%, 2021: 9%, 2020: 11%, 2019: 10%, 2018: 10%). Sie tun dies aus unterschiedlichsten Gründen, was in der Sammelkategorie «Anderes» (22%) zum Ausdruck kommt.

 

Häufig wird auch genannt, dass keine passende Lehrstelle gefunden wurde (16%) oder man sich einfach etwas Zeit für sich nehmen möchte (12%). Verglichen mit dem Vorjahr ist der Wunsch nach etwas Zeit für sich jedoch klar weniger häufig der Grund für ein Zwischenjahr (2023: 22%), während eine fehlende Lehrstelle häufiger genannt wird (2023: 12%). Fast die Hälfte aller Jugendlichen, die sich für eine Zwischenlösung interessieren, machen allerdings keinen Angabe zum Grund (46%).

Über die Hälfte der Jugendlichen, die eine Zwischenlösung anstreben, hat bereits eine feste Zusage für die Pläne im Zwischenjahr (2024: 59%, 2023: 56%, 2022: 47%, 2021: 49%, 2020: 52%, 2019: 51%).

Für die Zeit nach dem Zwischenjahr oder dem Brückenangebot planen die meisten Jugendlichen eine berufliche Grundbildung (47% jener mit Interesse an einem Zwischenjahr resp. 53% jener mit Interesse für ein Brückenangebot). Aber auch der allgemeinbildende Weg ist für rund jede:n Fünfte:n eine Option (19% resp. 21%). Nicht wenige sind aber noch unentschlossen, was die nähere Zukunft betrifft (24% resp. 16% weiss nicht).

Lehrstellenangebot der Unternehmen

Lehrstellenangebot

Von den insgesamt 75’724 angebotenen Lehrstellen entfällt auch 2024 der Grossteil auf das Gesundheits- und Sozialwesen, die Handelsbranche, die Land- und Forstwirtschaft sowie das verarbeitende Gewerbe und das Baugewerbe. Branchen mit weniger als 1’000 Lehrstellen werden unter der Kategorie ‚Andere Branchen‘ summiert. 6’494 der angebotenen Lehrstellen sind EBA-Lehren (9%), 68’261 sind EFZ-Lehren (90%). Das restliche Prozent der Lehrstellen lässt sich aufgrund der Angaben nicht eindeutig zuordnen. Von den 2024 angebotenen Lehrstellen entfallen 79% auf die Deutschschweiz, 18% auf die französischsprachige und 3% auf die italienischsprachige Schweiz. Diese Verteilung auf die Sprachregionen erweist sich als äusserst stabil.

 

Insgesamt bewegt sich das Lehrstellenangebot der Unternehmen auf ähnlichem Niveau wie in den zwei vorangehenden Jahren, jedoch unter jenem von 2020 und 2021 (2024: 75’724, 2023: 76’881, 2022: 76’749, 2021 87’786, 2020 87’496, 2019: 81’340). Die erhöhten Werte aus 2020 und 2021 dürften einer Überschätzung des Angebotes in den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 geschuldet sein. Entsprechend wird bei der Interpretation von Trends auf Branchenebene, wie sie untenstehend abgebildet sind, Zurückhaltung geübt.

Gut die Hälfte der Unternehmen, die Lehrstellen anbieten, bietet 2024 gleichzeitig die Möglichkeit an, während der beruflichen Grundbildung die Berufsmaturität zu absolvieren (2024: 52%, 2023: 48%, 2022: 56%, 2021: 55%, 2020: 57%, 2018/2019: 44%). Besonders häufig bieten erneut Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten diese Möglichkeit an (2-9 Beschäftigte: 46%, 10-100 Beschäftigte: 65%, 100+ Beschäftigte: 80%) und solche, die im zweiten (Industrie und Gewerbe) oder dritten Sektor (Dienstleistungen) tätig sind (1. Sektor: 34%, 2. Sektor: 58%, 3. Sektor: 53%).

Um Interessierte über freie Lehrstellen zu informieren, nutzen Unternehmen häufig die eigene Firmen- oder Verbandswebseite (41%) oder persönliche Kontakte (38%). Weiter spielt der kantonale Lehrstellennachweis eine wichtige Rolle bei der Ausschreibung freier Lehrstellen (44%). 17% der Unternehmen pflegen direkte Kontakte zu Schulen.

Ebenfalls 17% nutzen zudem soziale Netzwerke im Internet und 19% das Berufsbildungsportal yousty.ch. Anlässe für Lehrstellensuchende werden nur von 14% der Unternehmen für die Information über freie Lehrstellen genutzt, Publikumsmessen oder Kongresse nur von 3%. Am ehesten präsentieren sich grosse Unternehmen an solchen Anlässen (2-9 Beschäftigte: 10%, 10-99: 23%, 100+: 48%).

Inserate spielen für 10% eine Rolle bei der Ausschreibung freier Lehrstellen, Plakate lediglich für 2%.

Das Anbieten von Schnupperlehren ist für ausbildenden Unternehmen in der Schweiz die Regel. Lediglich 4% der Unternehmen geben an keine solchen anzubieten. Im Durchschnitt empfingen Unternehmen 2024 vier Schüler:innen für Schnupperlehren. Dieser Wert variiert beträchtlich nach Unternehmensgrösse: Bei Unternehmen mit 2-10 Beschäftigten schnupperten 2024 bisher durchschnittlich drei Schüler:innen, bei solchen mit 10-99 Beschäftigten fünf und bei den grössten Unternehmen 37. Über die Zeit betrachtet sind es immer etwa gleich viele Schnupperlehren, die in Schweizer Unternehmen absolviert werden (2024: 4, 2023: 4, 2022: 4, 2021: 4, 2020: 5, 2019: 5).

Vergebene Lehrstellen

66% der angebotenen Lehrstellen konnten im März/April 2024 bereits besetzt werden. Nach stetigem Rückgang vergebener Lehrstellen zu diesem Zeitpunkt, steigt die Vergabequote 2024 erstmals wieder an (2023: 63%, 2022: 64%, 2021: 63%, 2020: 66%, 2019: 67%; 2018: 70%).

Der Anteil im Frühjahr 2024 vergebener Lehrstellen variiert beträchtlich in den verschiedenen Branchen. Viele Lehrstellen sind in den Bereichen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Information und Kommunikation, Land- und Forstwirtschaft sowie Erziehung und Unterricht vergeben. Vergleichsweise viele offene Lehrstellen finden sich dagegen im März/April 2024 im Gastgewerbe, im Baugewerbe und im Bereich sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen.

Die frühe Lehrstellenvergabe in der Finanz- und Versicherungsbranche aber auch die eher späte Vergabe im Bau- respektive Gastgewerbe erweisen sich als stabile Muster.

 

Im Gastgewerbe zeichnete sich in den Pandemie-Jahren eine verspätete Lehrstellenvergabe ab. 2024 entspricht der Stand der Lehrstellenvergabe nach einem Anstieg im Vorjahr eher wieder diesem tieferen Niveau. Anders im Baugewerbe, wo Lehrstellen nach dem Tiefstwert 2023 aktuell wieder vermehrt frühzeitig besetzt werden können.

Während der Pandemiejahre 2020 und 2021 war der Stand der Lehrstellenvergabe im Frühjahr tiefer als vor der Pandemie. Seither steigen die Werte in den allermeisten Branchen wieder an. Ausnahmen hiervon finden sich in den Bereichen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Information und Kommunikation, öffentliche Verwaltung, Handel und bei freiberuflichen Dienstleistungen, wo die Lehrstellenvergabe auch in den Pandemiejahren stabil blieb. Bemerkenswert ist 2024 der hohe Stand der Lehrstellenvergabe in den Bereichen Erziehung und Unterricht oder Handel. In beiden Branchen sind im Frühjahr 2024 so viele Lehrstellen besetzt, wie nie zuvor in der Untersuchungsreihe.

Durchschnittlich erhielten Unternehmen 2024 bisher acht Bewerbungen auf eine Lehrstelle, was über die Zeit betrachtet einem mittleren Wert entspricht (2024: 8, 2023: 7, 2022: 9, 2021: 10, 2020: 10, 2019: 8).

Veränderung Lehrstellenangebot

Der Grossteil der befragten Unternehmen gibt an, das Lehrstellenangebot gegenüber dem Vorjahr konstant gehalten zu haben (74%). Die Verhältnisse entsprechen den Werten der Vorjahre (2023: 74%, 2022: 78%, 2021: 74%, 2020: 71%, 2019: 71%, 2018: 63%). 10% bieten, verglichen mit dem Vorjahr, mehr Lehrstellen an. 9% bieten weniger an.

Die Situation in den verschiedenen Branchen wird nachfolgend dargestellt, und präsentiert sich weitestgehend homogen. Im Gastgewerbe, im Bereich Information und Kommunikation sowie im Gesundheits- und Sozialwesen gibt 2024 rund jedes achte Unternehmen an, mehr Lehrstellen als im Vorjahr anzubieten, was leicht über dem Durchschnitt aller Unternehmen liegt.

 

Die Informations- und Kommunikationsbranche ist 2024 auch am anderen Ende der Skala auffällig, denn rund ein Viertel der Unternehmen  bietet weniger Plätze für berufliche Grundbildungen an. Dieses Bild hat für die Informations- und Kommunikationsbranche allerdings Tradition: Unternehmensseitig variiert das Lehrstellenangebot vergleichsweise stark, branchenübergreifend neutralisiert sich dieser Effekt allerdings.

Wie bereits in den Vorjahren sind es auch 2024 vor allem die grössten Unternehmen, die das Lehrstellenangebot erhöhen (2024: 26%, 2023: 30% 2022: 23%, 2021: 20%, 2020: 26%, 2019: 28% ‚mehr Lehrstellen‘ bei Unternehmen mit 100 oder mehr Angestellten).

Sowohl unter den Gründen für mehr Lehrstellen als auch unter jenen für weniger wird häufig angegeben, dass das Angebot an Lehrstellen einfach von Jahr zu Jahr variiert – ohne speziellen Anlass.

Erneut nennen Unternehmen 2024 die Sorge um den Berufsnachwuchs am häufigsten als spezifischen Grund für einen Ausbau des Lehrstellenangebotes. Diese Sorge wird 2024 nochmals häufiger geäussert als im Vorjahr und erreicht damit einen neuen Höchstwert (2024: 49%, 2023: 43%, 2022: 39%, 2021: 41%, 2020: 39%, 2019: 34%). Für annähernd die Hälfte aller Unternehmen, die ihr Angebot ausbauen, ist diese Befürchtung auschlaggebend. Weiter wird die starke Nachfrage nach Lehrstellen (2024: 20%, 2023: 19%, 2022: 11%, 2021: 16%, 2020: 14%, 2019: 17%) als Grund für einen Ausbau des Lehrstellenangebots genannt. 17% nennen an vierter Stelle die Wirtschaftslage als Grund für den Ausbau des Angebots (2024: 17%. 2023: 13%, 2022: 13%, 2021: 13%, 2020: 9%, 2019: 11%, 2018: 17%).

Nur noch halb so viele Unternehmen als im Vorjahr geben an, ihr Lehrstellenangebot wegen zunehmender Teilzeitarbeit (2024: 8%, 2023: 4%) oder als Ausgleich zur steigenden Anzahl von Pensionierungen (2024: 2%, 2023: 4%) auszubauen.

Unter den Gründen für weniger Lehrstellen werden häufig Umstrukturierungen im Unternehmen genannt (2024: 19%, 2023: 20%, 2022: 15%, 2021: 22%, 2020: 22%, 2019: 24%), respektive das Problem, dass Unternehmen keine qualifizierten Schulabgänger:innen finden  (2024: 19%, 2023: 20%, 2022: 20%, 2021: 15%, 2020: 14%, 2019: 25%). Die Wirtschaftslage war 2024 für weniger Unternehmen ausschlaggebend als im Vorjahr (2024: 13%, 2023: 17%, 2022: 14%, 2021: 25%, 2020: 16%, 2019: 13%).

Wie letztes Jahr, werden auch 2024 das Fehlen von Berufsbildner:innen respektive eine schwache Nachfrage nach Lehrstellen als Gründe für weniger Lehrstellen angegeben.

Technische Eckdaten

Wichtiger Hinweis:

Bei den ausgewiesenen Werten handelt es sich um hochgerechnete Werte. Die Stichprobenergebnisse wurden auf die Grundgesamtheit hochgerechnet.

Die Hochrechnung der Jugendlichen basiert auf den Jugendlichen, die gemäss Statistik der Lernenden (Bundesamt für Statistik) im Vorjahr die 8. Klasse besucht haben.

Die Hochrechnung der Unternehmen basiert auf den Angaben der Eintritte in die berufliche Grundbildung des Vorjahres (BFS). Detailangaben zu den Hochrechnungen finden sich im ausführlichen Forschungsbericht zum Projekt.

Jugendliche:

  • Zielgruppe: 14-17-jährige Einwohner:innen (Ab 2023 im Tessin 14-16-Jährige, Rest der Schweiz 15-17-Jährige. Zuvor ganze Schweiz 14-16-Jährige.)
  • Adressbasis: Stichprobenrahmen des Bundesamtes für Statistik
  • Befragungsmethode: schriftliche Befragung (online)
  • Befragungszeitraum: 22.02. – 21.04.2024
  • Total Stichprobe: N = 10’914
  • Total Teilnehmende: N = 7’720 (vor Nahtstelle: N = 3’020)
  • Fehlerbereich: ± 1.1 (± 1.8) Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit
  • Ausschöpfung: 71%
  • Gewichtung: Stufe 1: Anzahl Jugendliche nach Kanton; Stufe 2: Alter/Geschlecht verknüpft pro Kanton

Unternehmen:

  • Zielgruppe: Unternehmen mit mindestens zwei Mitarbeitenden
  • Adressbasis: Unternehmensregister des Bundesamtes für Statistik
  • Befragungsmethode: schriftliche Befragung (Online/Papier)
  • Befragungszeitraum: 27.02. – 23.04.2024
  • Total Stichprobe: N = 7’906 (davon 5’471 ausbildende Unternehmen)
  • Total Teilnehmende: N = 4’952 (davon  3’238 ausbildende Unternehmen)
  • Fehlerbereich: ± 1.4 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit
  • Ausschöpfung: 63%
  • Gewichtung: Sprachregion, Betriebsgrösse, NOGA-Verteilung

Projektteam gfs.bern

Lukas Golder: Politik- und Medienwissenschaftler, Co-Leiter gfs.bern

Martina Mousson: Politikwissenschaftlerin, Projektleiterin

Adriana Pepe: Politikwissenschaftlerin, Junior Projektleiterin

Alessandro Pagani: Politikwissenschaftler, wissenschaftlicher Mitarbeiter

Roland Rey: Projektmitarbeiter / Administration

 

Externe Beratung

Prof. Dr. Stefan C. Wolter, Professor für Bildungsökonomie, Universität Bern