im Auftrag der Informationsgruppe Erfrischungsgetränke
Der Monitor Ernährung und Bewegung zeigt auf, was die Bevölkerung zu den Themen Gesundheit, Ernährung und Bewegung denkt und wie sich die Haltung der Stimmberechtigten im Laufe der Zeit verändert.
Im Zentrum stehen dabei Werthaltungen, gesellschaftliche Trends sowie die Erwartungen an Politik und Wirtschaft. In Übereinstimmung mit der politischen Debatte werden zudem aktuelle Themen aufgenommen.
Neben diesen Hauptthemen wurden die Stimmberechtigten der Schweiz 2024 neu zu den Themen Zucker und Zuckerersatz befragt.
Ebenfalls neu hinzu kamen Fragen dazu, welche Strategien die Schweiz als Land aber auch einzelne Unternehmen im Umgang mit Gesundheitsthemen und Zucker verfolgen sollen.
Die Ergebnisse des Monitors Ernährung und Bewegung basieren auf einer repräsentativen Befragung von rund 1000 Stimmberechtigten in der Schweiz. Befragt wurde vom 25. März bis zum 05. Mai 2024.
Details zur Methode und Stichprobe finden sich im Infokasten am Ende des Cockpits.
Ende Mai 2024 gibt Migros bekannt, dass der Detailhändler in Zukunft nicht mehr auf die sogenannte Lebensmittelampel, den Nutriscore, setzen will. Als Begründung wird aufgeführt, dass der Nutriscore zu kompliziert und zu teuer in der Umsetzung sei.
Bei den Stimmberechtigten erfreut sich die sogenannte Farbkennzeichnung, wie auch der Nutriscore eine ist, weiterhin grosser Beliebtheit. Über die Jahre ist der Anteil Schweizer:innen, welcher die Einführung einer solchen Kennzeichnung auf Gesetzesebene befürworten, stets angestiegen.
Bei der heute eigentlich auf allen Lebensmitteln obligatorischen Nährstoff-Referenzwert-Kennzeichnung verhält sich der Trend in der Tendenz dagegen genau umgekehrt: Nach einem vorläufigen Höchstwert 2016 geben seither immer weniger Stimmberechtigte an, die Nährstoff-Referenzwert-Kennzeichnung selber zu verwenden, um sich über die Nährwerte von Produkten zu informieren.
Heute gibt nun genau die Hälfte (50%) der Stimmberechtigten an, mit den Informationen der heute verfügbaren Kennzeichnung zufrieden zu sein. Die Vorstellung der Bevölkerung und die Einschätzung der Lebensmittelbranche darüber, was effektiv sinnvoll umzusetzen ist, scheinen also nicht in jedem Fall in dieselbe Richtung zu gehen.
Im letzten Jahr (2023) erreichte der Anteil Stimmberechtigter, der sich die Einführung einer Zuckersteuer mindestens eher vorstellen kann, einen neuen Höchstwert. Mit 35 Prozent blieb eine solche Massnahme aber auch dann weit von einer möglichen Mehrheitsmarke von 50 Prozent entfernt.
Im Vergleich zum letzten Jahr ist die Zustimmung dieses Jahr nun erneut gesunken (28% sehr/eher einverstanden). Die klare Mehrheit (70%) kann sich eine solche Massnahme hingegen (weiterhin) nicht vorstellen.
Die Stimmberechtigten der Schweiz sind klar der Meinung, dass die Lebensmittelbranche aufhören soll, versteckten Zucker in Fertiggerichte zu geben. Die über die Jahre konstant hohe Zustimmung zu dieser Aussage ist seit 2020 sogar noch angestiegen.
Ebenfalls ein klarer Anstieg (wenn auch auf deutlich tieferem Niveau und erst seit 2022) erfahren die Aussagen, dass Zucker gesundheitsschädigend ist und deshalb eingeschränkt werden muss, dass eine Zuckersteuer wenn, dann für alle Lebensmittel gleichermassen gelten soll, und dass sich Zucker in Schokolade nicht von jenem in Erfrischungsgetränken unterscheidet.
Auf der anderen Seite sind weniger Leute als früher der Meinung, dass es genügend zuckerlose oder -reduzierte Alternativen gäbe, um Lebensmittel mit viel Zucker ausweichen zu können. Während die Zustimmungswerte zu dieser Aussage zu Beginn der Befragungsreihe im Jahr 2017 bei über 80 Prozent lagen, sind sie heute noch bei 65 Prozent.
Bei allen anderen Aussagen ist vorerst kein klarer Trend zu erkennen. Insgesamt zeichnet sich aber schon das Bild, dass zwar keine erhöhte Zustimmung zu einer Zuckersteuer an sich zu beobachten ist, die Kritik am Zucker und der Verwendung von Zucker in der Herstellung von Lebensmitteln aber durchaus verstärkt vorhanden ist.
In Sachen Ernährung und Bewegung wünschen sich die Stimmberechtigten in der Tendenz eher Eigenverantwortung der Konsumenten statt staatliche Massnahmen und eher Information und Aufklärung statt Steuern und Gesetze.
Über die Jahre ist ein Trend zur Mitte erkennbar, was darauf hindeutet, dass die Bevölkerung zwar nicht unbedingt eine stärkere staatliche Intervention fordert, aber zunehmend offen für eine nuanciertere Betrachtung der Thematik ist.
Der grösste Beitrag für eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung leistet, in den Augen der Stimmberechtigten, der Konsument selber, gefolgt von seinem unmittelbaren Umfeld. Am anderen Ende der Skala war es lange Jahre die Politik, der ein verhältnismässig geringer Beitrag zugeschrieben wurde.
Dieses Jahr ist es aber erstmals die Getränkebranche, die nach zwei Jahren sinkenden Werten, als jener Akteur mit dem geringsten Beitrag wahrgenommen wird. Dazu passend sind die Werte der Lebensmittelhersteller ebenfalls deutlich gesunken in den letzten zwei Jahren.
Aktuell geben 31 Prozent der Stimmberechtigten an, dass die heutigen staatlichen Massnahmen, um die Bevölkerung vor Übergewicht zu schützen, ausreichen würden.
Das sind so wenige wie noch nie seit die Frage im Jahr 2014 zum ersten Mal erhoben wurde. Demgegenüber stehen 65 Prozent, die die aktuellen Massnahmen eher oder klar ungenügend finden.
In den letzten Jahren scheinen die Stimmberechtigten offener für staatliche Massnahmen im Zusammenhang mit Ernährung und Bewegung zu sein, als dies früher der Fall war. Das heisst aber nicht, dass man auch offen wäre für eine rasche und uneingeschränkte Übernahme von Richtlinien internationaler Organisationen, wie etwa einer WHO.
Im Schnitt tendiert die Stimmbevölkerung heute etwas mehr in Richtung einer Suche nach einem eigenen Weg (Durchschnittswert von 5.9 auf einer Skala von 0 (uneingeschränkte Übernahme) bis 10 (klar eigenen Weg wählen). Die Ansichten über diese Frage variieren jedoch zuweilen recht stark je nach Milieu, Generation oder eigenem Zugang zu den Themen Ernährung und Bewegung.
Der Wunsch nach mehr Prävention und einer Umsetzung von Projekten mit der Wirtschaft ist in den letzten Jahren (mehr oder weniger) stetig angestiegen und erreicht neu einen Höchstwert. Das gilt auch für die obligatorische Ernährungskunde in den Schulen, die heute von 95 Prozent der Stimmberechtigten befürwortet wird. Ebenfalls mehrheitsfähig wären Werbeverbote von zucker-, salz- und fetthaltigen Lebensmitteln an Kinder und mehr Sportunterricht an Schulen.
Auf der anderen Seite ist die Zustimmung zu eher harten Interventionen wie Steuern, Lenkungsabgaben oder Verboten nach einem leichten Anstieg im letzten Jahr nun wieder gesunken.
Die unbeliebteste Massnahme ist die Einführung eines Mindestalters für den Kauf von bestimmten Lebensmitteln. Dieser Massnahme stimmen gerade einmal 18 Prozent der Befragten zu.
Während sich die Bevölkerung somit generell eher mehr staatliche Massnahmen wünscht, zeigt diese Auswertung, dass zwischen den verschiedenen Formen von Massnahmen durchaus differenziert wird: Prävention und Aufklärung – ja. Verbote und Abgaben – in der Tendenz nein.
Transparenz über den Inhalt von Produkten ist seit zehn Jahren jene Massnahme, die von der Bevölkerung am meisten Zustimmung erhält. Ebenso beliebt ist der Wunsch nach einer Reduktion des Zucker-, Salz- und Fettanteils in den Produkten. In den letzten zwei Jahren ist zudem die Zustimmung der Stimmberechtigten zu einer Vereinfachung der Nährwertdeklaration oder auch der Umsetzung von Projekten zur Förderung von guten Ernährungsangewohnheiten mit dem Staat. Für beide Massnahmen werden neue Höchstwerte erzielt.
Ebenfalls mehrheitsfähig ist die Idee, zucker-, salz- oder fetthaltige Nahrungsmittel nur noch in kleinen Portionen anzubieten (63% voll/eher einverstanden). Klar nicht mehrheitsfähig ist der generelle Verzicht auf die Produktion von Genussmitteln oder auch Preiserhöhungen. Im letzten Fall ist die Zustimmung nach einem vorläufigen Anstieg 2023 dieses Jahr wieder gesunken.
Die Forderung nach einer Reduzierung von Zucker, Salz oder Fett in Lebensmitteln findet nahezu einstimmige Zustimmung, wobei 96 Prozent der Befragten dem voll oder zumindest teilweise zustimmen. Lebensmittelhersteller stehen vor der Wahl, den Gehalt dieser Inhaltsstoffe in jedem einzelnen Produkt zu senken oder stattdessen das gesamte Sortiment anzupassen. Letzteres würde ermöglichen, dass Produkte mit höherem Zuckergehalt durch zuckerfreie Alternativen ergänzt werden, wodurch der durchschnittliche Zuckergehalt über alle Produkte hinweg sinkt. Die Mehrheit der Befragten bevorzugt eine solche umfassende Anpassung des gesamten Angebots, statt eine Reduktion in jedem einzelnen Produkt vorzunehmen.
Je jünger die Befragten sind, desto stärker neigen sie dazu, eine Reduzierung von Inhaltsstoffen wie Zucker in jedem einzelnen Produkt zu befürworten. Eine Ausnahme bildet jedoch die Generation Z, die weniger Interesse an dieser Art der Reduktion zeigt. Personen, die ein besonderes Interesse an Ernährung und Bewegung haben, bevorzugen tendenziell eine Reduktion über das gesamte Angebot, im Gegensatz zu jenen, denen diese Themen weniger wichtig sind. Während Wähler:innen der Grünen Partei oder der Mitte häufiger eine umfassende Anpassung des Sortiments unterstützen, ist bei Anhänger:innen anderer Parteien – unabhängig von deren Positionierung auf dem politischen Spektrum – dieser Wunsch deutlich geringer ausgeprägt.
In den vergangenen zwei Jahren haben deutlich weniger Wahlberechtigte angegeben, aktiv an öffentlichen Diskussionen teilgenommen oder Nachrichten zu den Themen Ernährung und Bewegung verfolgt zu haben als zuvor. Wenn sich die Befragten an solche Diskussionen erinnern, stehen oft allgemeine Inhalte im Vordergrund, wie die Bedeutung einer gesunden und ausgewogenen Ernährung oder die Notwendigkeit, mehr Sport zu treiben. Dennoch werden auch spezifische Ernährungsformen häufig thematisiert.
Über diese allgemeinen Aspekte hinaus konzentrieren sich viele Diskussionen auch auf spezifische Inhalte wie den Zuckergehalt oder die Produktion und Kennzeichnung von Lebensmittelinhaltsstoffen. Diese wahrgenommenen Schwerpunkte spiegeln die in dieser Befragung geäusserten Meinungen und Argumente treffend wider.
Der nun seit Jahren beobachtete Trend eines tiefer werdenden Interessens an Ernährungs- und Bewegungsthemen setzt sich auch 2024 weiter fort. Dabei ist es nicht das generelle Niveau an Interesse, das sinkt, sondern vielmehr der Anteil Stimmberechtigter, der sich sehr für diese Fragen interessiert.
Gaben 2014 noch 41 Prozent an, sich sehr zu interessieren, sind es heute gerade mal noch halb so viele (19%). Das passt grundsätzlich auch dazu, dass weniger Menschen aktive Diskussionen im Zusammenhang mit diesen Themen wahrnehmen (siehe vorangehende Grafik).
Obwohl sich die Menschen generell weniger intensiv mit den Themen Ernährung und Bewegung beschäftigen, hat die Zustimmung zu verschiedenen diesbezüglichen Aussagen zugenommen. Diese gestiegene Zustimmung spiegelt jedoch nicht unbedingt eine aktivere Meinungsbildung hinsichtlich dieser Themen wider.
Es zeigt sich eine erhöhte Zustimmung zu kritischen Aussagen über die Lebensmittelindustrie und die verfügbaren Informationen. So wird Zucker in Lebensmitteln zunehmend als Ursache für Übergewicht angesehen, und es herrscht die Meinung vor, dass die Lebensmittelbranche eine Verantwortung für die ausgewogene Ernährung der Bevölkerung trägt. Diese Ansicht steht jedoch in einem gewissen Widerspruch zur noch immer vorherrschenden Überzeugung, dass in erster Linie die Konsumenten selbst durch Eigenverantwortung am meisten zu einem gesunden Lebensstil beitragen können. Dies steht auch im Gegensatz zur häufiger geteilten Ansicht, dass nicht die Lebensmittel, sondern individuelle Essgewohnheiten entscheidend sind.
Zudem geben mehr Stimmberechtigte als je zuvor an, sich nachhaltig ernähren zu wollen, und das Speisen in Restaurants erfreut sich offensichtlich grosser Beliebtheit. Trotz der aktuell intensiven Diskussionen über Teuerung und steigende Lebenshaltungskosten berichten weniger Menschen davon, ihr Budget so einteilen zu müssen, dass kaum Spielraum für Lebensmittel bleibt. Dennoch betrifft dies mit fast 30 Prozent einen beachtlichen Teil der Bevölkerung.
Eindeutig weniger Zustimmung als in den letzten Jahren erhält die Meinung, dass Lebensmittel mit zugesetztem Zucker problemlos konsumiert werden können, sofern man sich ausreichend bewegt. Dieser Trend bestätigt erneut die zunehmend kritische Sicht auf Zucker.
Die Stimmberechtigten der Schweiz sind klar der Meinung, dass die Verantwortung in Ernährungs- und Bewegungsfragen bei jedem und jeder Einzelnen liegen und somit Privatsache ist. Über den gesamten Befragungszeitraum ist jedoch zu beobachten, dass die Rolle des Staates in der kollektiven Wahrnehmung wichtiger wird und auch die Branche in den letzten Jahren stärker in die Pflicht genommen wird. Man wünscht sich heute leicht mehr Staat als noch vor rund zehn Jahren. Diese Entwicklung hat sich über die letzten Jahre langsam ergeben, sich innerhalb der letzten zwölf Monate jedoch stark akzentuiert.
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung wünscht informierte Wahlmöglichkeiten statt strikte staatliche Regulierungen in Ernährungsfragen. Das macht sich auch in einer gestiegenen Beliebtheit von Aufklärungsmassnahmen im Gegensatz zu Steuern und Verboten bemerkbar. Dabei wird durchaus befürwortet, dass die Schweiz einen eigenen Weg geht und sich nicht zu stark an internationalen Richtlinien orientiert.
Die kritische Wahrnehmung von Zucker und dessen Effekte auf die Gesundheit nimmt zu, und die Bevölkerung sieht in diesem Zusammenhang zunehmend die Lebensmittelhersteller in der Verantwortung, gesündere Optionen anzubieten. Dies steht im Kontrast zu der anhaltend populären Meinung, dass individuelle Entscheidungen und Gewohnheiten der Schlüssel zu einer gesunden Ernährung sind. Während die Zustimmung zu einer Reduzierung des Zucker-, Salz- und Fettgehalts in Lebensmitteln fast einstimmig ist, zeigen die Daten, dass die Meinungen über die beste Strategie zur Umsetzung dieser Reduktion variieren, insbesondere zwischen verschiedenen Altersgruppen und politischen Präferenzen. Im Allgemeinen wird aber eher befürwortet, dass Zucker über das gesamte Sortiment statt in jedem einzelnen Produkt reduziert wird.
Die Nährwertkennzeichnung in Form einer Lebensmittelampel (wie der Nutriscore) bleiben bei den Schweizer Stimmberechtigten beliebt, obwohl einige große Einzelhändler deren Komplexität und hohe Implementierungskosten kritisieren. Dies deutet auf eine Diskrepanz zwischen Verbraucherpräferenzen und industriellen Herausforderungen hin.