Einfache Kennzeichnung statt Zuckersteuer gefordert

Bevölkerung bedarf weiterer Förderung im Bereich Gesundheitskompetenzen

im Auftrag der Informationsgruppe Erfrischungsgetränke

Der Monitor Ernährung und Bewegung zeigt auf, was die Bevölkerung zu den Themen Gesundheit, Ernährung und Bewegung denkt und wie sich die Haltung der Stimmberechtigten im Laufe der Zeit verändert.

Im Zentrum stehen dabei Werthaltungen, gesellschaftliche Trends sowie die Erwartungen an Politik und Wirtschaft. In Übereinstimmung mit der politischen Debatte werden zudem aktuelle Themen aufgenommen.

2020 stehen die Themen Regionalität und Food Waste ganz besonders im Fokus. Zudem wurden Fragen zur freiwilligen Zuckerreduktion der Branche in Lebensmitteln oder auch zur möglichen Einführung einer Zuckersteuer gestellt.

Die Ergebnisse des Monitors Ernährung und Bewegung basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1000 Stimmberechtigten in der Schweiz.

Befragt wurde vom 3. bis am 27. März 2020, das heisst zu einer Zeit, als die Corona-Krise in der Schweiz bereits angekommen war (erster bestätigter Fall im Tessin am 25. Februar 2020).

Während die Corona-Pandemie zwar ein Gesundheitsthema ist, besteht mit Werthaltungen zu Ernährungs- und Bewegungsfragen nur ein geringer Zusammenhang. Dies wird auch in den Nennungen zu den offenen Fragen ersichtlich, wo Corona kaum eine Rolle spielt.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich die Erhebung 2020 trotz der aktuellen Ausnahmesituation gut im Kontinuum langfristiger Trends einordnen und interpretieren lässt.

Details zur Methode und Stichprobe finden sich im Infokasten am Ende des Cockpits.  

Gesundheitskompetenzen

Ernährung und Bewegung sind Themen des Alltags und für jedes Individuum eng mit persönlichen Erfahrungen verknüpft. Seit Befragungsbeginn vor 7 Jahren wächst jedoch der Anteil der „Nicht-Interessierten“ langsam aber sichtbar an und hat sich seit 2014 fast verdoppelt.

Zugleich sinkt der Anteil Schweizerinnen und Schweizer, die sich sehr für Ernährung und Bewegung interessieren zwischen 2014 und 2020 sichtbar. Die geschieht, trotzdem, dass Diskussionen über verschiedene Ernährungsformen und Gesundheitstrend gerade im Zeitalter der Sozialen Medien omnipräsent sind.

 

 

Auch bei den Ernährungsangewohnheiten lässt sich eine Veränderung feststellen. Seit 2014 sinkd der Anteil verzehrter Portionen Früchte und Gemüse pro Person und Tag deutlich.

 

Gerade Männer und Personen über 65 Jahren sind besonders häufig vertreten in der Gruppe, die maximal zwei statt der empfohlenen fünf Portionen Früchte und Gemüse pro Tag zu sich nehmen.

 

Insgesamt wird ersichtlich, dass die Stimmbevölkerung nach wie vor über solide Gesundheitskompetenzen verfügt, deren Förderung jedoch aktuell nicht zu vernachlässigen ist.

Das gilt insbesondere auch, weil eine Steuerung der Volksgesundheit über Regulierungen und Verbote von einer Mehrheit klar nicht gewünscht wird.

Massnahmen Staat und Wirtschaft

Ein zentrales Anliegen der Bevölkerung an den Staat ist eine einfachere Deklaration der Nährwerte in Lebensmitteln.

Zudem soll ein Schwerpunkt auf Prävention und Aufklärung gesetzt werden (gezielte Ansprache von Risikogruppen, Projekte in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft). Gerade diese Massnahmen verlieren in den letzten Jahren jedoch (auf hohem Niveau) eher etwas an Zuspruch.

Dazu passend empfinden auch deutlich weniger Personen als in vergangenen Jahren die Einführung der Hauswirtschaft als Pflichtfach notwendig. Der Anteil Personen, welcher Werbeverbote für zucker-, salz- und fetthaltige Lebensmittel an Kinder eher verbieten möchte, ist dagegen höher als in den vergangenen Befragungsjahren. In den letzten Jahren eher wieder gesunken ist hingegen der Anteil, Personen, welche ungesunde Lebensmittel gänzlich verbieten oder eine Zuckersteuer eingeführt haben möchten.

Auch gegenüber der Wirtschaft steht das Anliegen, transparenter und verständlicher Produkteinhalte an erster Stelle. Damit einhergehend wird auch eine Vereinfachung der bestehenden Nährwertdeklaration gewünscht.

Die direkte Förderung der Volksgesundheit über mehr Breitensport, die Umsetzung von Projekten für gute Ernährungsangewohnheiten oder auch Projektwochen zum Thema Kochen und Ernährung werden zwar weiter von einer klaren Mehrheit als wichtig empfunden, in der Tendenz nimmt der Anteil jedoch ab.

Nährstoff-Referenzwert-Kennzeichnung

Am breitesten getragen war die Nährstoff-Referenzwert-Kennzeichnung 2016, als über 70 Prozent der Bevölkerung der Meinung waren, diese Form der Informationen über Lebensmittelinhalte würde sehr oder eher ausreichen. Seither ist dieser Anteil deutlich eingebrochen. Heute bewerten noch 52 Prozent der Stimmberechtigten die Referenzwert-Kennzeichnung als genügend.

Stattdessen erfreut sich die Idee einer Farbkennzeichnung (früher Ampelkennzeichnung), die auf gewissen Lebensmitteln bereits auffindbar ist, einer immer grösseren Beliebtheit. Heute sind 80 Prozent der Stimmberechtigten in der Schweiz der Meinung, dass dies zum neuen gesetzlichen Standard werden soll.

Zuckersteuer

Die Einführung einer Steuer auf zucker-, salz- oder fetthaltige Lebensmittel, wie sie aus anderen Ländern bekannt ist, kommt für eine Mehrheit der Stimmberechtigten in der Schweiz nicht in Frage. Der bisherige Höchstwert in der Zustimmung war im Jahr 2017 zu verzeichnen, nachdem die Einführung 2016 und Anfang 2017 global häufig diskutiert wurde.

Während die Zustimmung 2018 und 2019 eher wieder sank, ist dieses Jahr erneut ein leichter Anstieg (von 24% auf 27% Zustimmung) zu verzeichnen. Diese Veränderung liegt jedoch innerhalb des Stichprobenfehlers. 70 Prozent der Stimmberechtigten in der Schweiz sind mit der Einführung einer solchen Steuer zum heutigen Zeitpunkt nicht einverstanden.

Die tiefe Zustimmung zur Zuckersteuer dürfte auch in der geringen zugeschriebenen Wirksamkeit einer solchen Massnahme liegen.

Nur gerade 23 Prozent (also weniger, als dass mit einer Einführung einverstanden wären) gehen davon aus, dass eine Zuckersteuer denn überhaut einen Einfuss auf den Konsum zucker-, salt- oder fetthaltiger Lebensmittel haben würde.

Nachhaltigkeit im Umgang mit Lebensmitteln

Gemäss dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) werden alleine in der Schweiz jährlich 2.6 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Bei zwei Dritteln dieser Abfälle handelt es sich dabei um Food Waste – das heisst dass diese Lebensmittel zum Zeitpunkt ihrer Entsorgung bei richtiger Verwertung geniessbar gewesen wären. Die Stimmberechtigten in der Schweiz sind denn auch klar der Meinung, dass Food Waste ein sehr (38%) oder eher (40%) grosses Problem darstellt.

 

Angesichts der Tatsache, dass der grösste Anteil vermeidbarer Abfälle in Privathaushalten anfällt, sind die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz grundsätzlich gut aufgestellt, um zur Problembewältigung beizutragen. Ein Hindernis ist allerdings, dass nur die Hälfte in ihrer Kenntnis zur Bedeutung unterschiedlicher Ablaufdaten wirklich sattelfest ist. Ein beträchtlicher Anteil der Befragten gibt an, den Unterschied zwischen «zu verbrauchen bis» und «mindestens haltbar bis» nur ungefähr oder gar nicht zu kennen.

Die Art und Weise, wie wir uns ernähren ist nicht nur für unsere Gesundheit massgeblich, sondern hat auch einen enormen Einfluss auf die Natur und Umwelt. Vor dem Hintergrund der intensiv geführten Klimadebatte im letzten Jahr, hat sich diese Erkenntnis im Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung verankert. Bei einer Wahl zwischen einem günstigen Produkt unbekannter Herkunft und einem teureren, regionalen Produkt würden 69 Prozent der Stimmberechtigten in der Schweiz letzteres wählen.

Dieser Meinung sind Mehrheiten unabhängig von ihrer finanziellen Situation, vom Alter, Geschlecht oder auch dem Bildungsstand. Personen, die sich jedoch grundsätzlich nicht für das Thema Ernährung und Bewegung interessieren oder diese Fragen nicht wichtig finden, würden dagegen eher das günstige Produkt unbekannter Herkunft wählen.

Ein Label, das aufzeigt, ob ein Lebensmittel oder Getränk umweltschonend ist, würden 73 Prozent der Stimmberechtigten beim Einkaufen beachten.

Rund jeder fünften befragten Person (18%) ist die Information über die Nachhaltigkeit eines Lebensmittels dagegen nicht wichtig.

Synthese

Keine staatlichen Interventionen

Eigeninitiative und die Kompetenz eines jeden Individuums gelten nach wie vor als zentrale Werte, wenn es um die Themen Ernährung und Bewegung in der Schweiz geht. Staatlichen Interventionen und Regulierung in der Form von Verboten oder Gesetzen steht man grösstenteils kritisch gegenüber. Gerade die Einführung einer Zuckersteuer findet in der Schweiz keine mehrheitliche Unterstützung- und zwar in allen Kantonen. In den letzten Jahren, jüngst durchaus auch durch die gemachten Erfahrungen rund um die Corona-Krise betont, scheint die Hemmschwelle für mehr staatliche Lösungen auf der Werte-Ebene jedoch leicht zu sinken.

Gesundheitskompetenzen Sorge tragen

Bewusstsein und Stellenwert einer gesunden Ernährung und von ausreichend Bewegung ist in der Schweiz sehr hoch. Dennoch ist der Erhalt der Volksgesundheit kein Selbstläufer. Gerade auch vor dem Hintergrund einer sinkenden Informiertheit zum Thema ist es wichtig, gezielte Aufklärungsarbeit zu leisten und gesunde Angewohnheiten bereits vom frühen Alter weg zu fördern. So hat die Bevölkerung das notwendige Wissen, um kompetent und selbstbestimmt einen gesunden Lebensstil zu pflegen und ist nicht auf staatliche Interventionen angewiesen. Massnahmen wie die Steuern, Lenkungsabgaben oder Verbote finden in der Bevölkerung nämlich kaum Zustimmung.

Die Farbe macht den Unterschied

Die Bevölkerung wünscht sich sowohl von Wirtschaft als auch dem Staat Transparenz und Verständlichkeit bei den Nahrungsmittelbestandteilen. Der aktuelle Standard, die Nährstoff-Referenzwert-Kennzeichnung, gerät dabei zunehmend unter Druck und wird immer weniger als genügend informativ betrachtet. Stattdessen wünschen sich die Stimmberechtigen eine Farbkennzeichnung, wie sie auf bestimmten Lebensmitteln bereits vorhanden ist, als Standard im Gesetz festgehalten.

Nachhaltigkeit: Wunsch Vater des Gedankens?

Die Idee, das eigene Leben nachhaltiger zu gestalten, ist längst nicht mehr der Wunsch einer Minderheit und spielt auch bei der Auswahl gekaufter Lebensmittel eine Rolle. Zudem ist die Food Waste-Problematik breit bekannt und als Problem wahrgenommen. Ähnlich wie bei der Kompensation von Flugtickets ist der Wunsch auch bei der Gestaltung des eigenen Lebensmittelhaushalts jedoch häufig noch Vater des Gedankens. Die Realität zeigt, dass der Preisaufschlag von regionalen Produkten viele weiterhin vom Kauf abhält – und Privathaushalte sind unter den grössten Verursachern von Food Waste in der Schweiz. Diese Befragung zeigt jedoch, dass die Offenheit in der Bevölkerung zur Verbesserung der Situation vorhanden ist. Weitere Aufklärung ist jedoch nötig.

Methodische Details

  • Auftraggeber: Informationsgruppe Erfrischungsgetränke
  • Grundgesamtheit: Stimmberechtigte mit Wohnsitz in der Schweiz, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind
  • Erhebungsart: telefonisch, computergestützt (CATI)
  • Auswahlverfahren: Stichprobenplan nach Gabler/Häder für RDD/Dual Frame / Verwendung der Swiss-Interview-Liste
  • Stichprobengrösse: Total Befragte: 1’000 (DCH 700, FCH 250, ICH 50)
  • Befragungszeitraum: 03.03 bis 27.03.2020
  • Stichprobenfehler: 3.2%