eHealth-Barometer 2021: weitere Fortschritte in der Digitalisierung des Gesundheitswesens

Corona reduziert aber das Tempo der Strategie-Implementierung

InfoSocietyDays

Seit 2009 wird im Rahmen der InfoSocietyDays das eHealth Barometer erhoben und erstellt. Befragt werden sowohl Gesundheitsfachpersonen/Akteure des Gesundheitswesens als auch die Wohnbevölkerung. Dabei wird dem aktuellen Stand und der Entwicklung von eHealth in der Schweiz auf den Grund gegangen.

Mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG) im Juni 2015 hat das Parlament einen legislativen Meilenstein in der Implementierung von eHealth in der Schweiz gesetzt. Seit April 2017 ist das Bundesgesetz über das EPD in Kraft, wodurch Akutspitäler, Reha-Kliniken und stationäre Psychiatrien seit April 2020 als Erste an eine Stammgemeinschaft angeschlossen sein müssten. Im Februar 2020 teilte der Programmausschuss „Einführung EPD“ jedoch mit, dass sich die Einführung verzögern wird. Trotzdem verzeichnete das Projekt im November 2020 einen weiteren, wichtigen Erfolg in der Implementierung, als die von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS) anerkannte Zertifizierungsstelle KPMG der Stammgemeinschaft „eHealth Aargau“ das erste Zertifikat ausstellte. Bald darauf folgte die Stammgemeinschaft „Südost“. Die Nutzung der EPD für die breite

Bevölkerung wird ab dem zweiten Quartal 2021 sukzessive ermöglicht.

In vielerlei Hinsicht stellt das EPD die Speerspitze der eHealth-Bestrebungen in der Schweiz dar. Dieses Thema wird darum im eHealth-Barometer mit besonderem Fokus behandelt. Die Studie orientiert sich an der „Strategie eHealth Schweiz“ und am Monitoring der Europäischen Kommission zum Thema eHealth (OECD-Fragen). Das Swiss eHealth-Barometer wird von den folgenden Partnern mitgetragen:

Hauptpartner: Bundesamt für Gesundheit (BAG), Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH)

Co-Studienpartner: CURAVIVA Schweiz, pharmaSuisse, eHealth Suisse, Spitex Schweiz, Careum Stiftung, Ärztekasse, Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, Gesundheitsförderung Schweiz, Interessensgemeinschaft eHealth

Details zur Stichprobe und Methode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.

Covid-19 Datenübermittlung

Seit vergangenem Jahr fordert die Corona-Pandemie insbesondere das Gesundheitswesen in hohem Masse heraus. Die Spitäler sind verpflichtet, täglich die Anzahl leerer Intensivbetten und Neuerkrankungen etc. den kantonalen Gesundheitsbehörden mitzuteilen. Daraus machte sich schnell die Forderung geltend, den Datenaustausch über Online-Formulare zu vereinheitlichen.

Im Grossen und Ganzen unterstützen die Gesundheitsfachpersonen und Akteure des Gesundheitswesens diesen Prozess. Bei den Spitalärztinnen und -ärzten sind es sogar 77 Prozent. Jedoch sind die Anteile derer, die angeben, es käme darauf an, über alle Befragten hinweg relativ ausgeprägt. Bei den IT-Verantwortlichen in den Spitälern gibt knapp ein Drittel (29%) an, es weder zu befürworten noch abzulehnen.

Digitalisierung generell

Seit Ausbruch der Pandemie kam dem Internet als Quelle für Gesundheitsinformationen eine neue Bedeutung zu, der Diskurs rund um Falschinformationen, falsche Interpretationen und Medienhypes haben wieder vermehrt Fahrt aufgenommen. Dennoch wird die Nutzung des Internets für Gesundheitsinformationen grosso modo nach wie

vor (eher) als grosse Chance für die Bürgerinnen und Bürger erachtet – auch wenn bei den Spitälern, der Spitalpflege sowie den Apothekerinnen und Apothekern ein leichter Abwärtstrend festzustellen ist. Gerade in Apotheken (-13 Prozentpunkte) war das spürbar.

Ein gutes Zeichen für die Implementierung von eHealth in der Schweiz ist das eher grosse Vertrauen der Gesundheitsfachpersonen/Akteure des Gesundheitswesens in private Stellen, die mit Patienten-, Klienten- und Bewohnerdaten arbeiten. 56 Prozent der Spitalärzteschaft, 64 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker und der

Alters- und Pflegeheime sowie 56 Prozent der Spitex vertrauen diesen Stellen eher/voll und ganz, dass sie den Datenschutz einhalten. Einzig die Praxisärzteschaft bleibt nach wie vor eher skeptisch: Nur 47 Prozent vertraut eher/voll und ganz auf den behüteten Umgang mit sensiblen Daten – immerhin 5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.

Dass eine eHealth-Strategie benötigt wird, wissen die Spitäler seit der Einführung des EPD-Gesetzes im Jahr 2017. Diese Bestrebungen zeigten sich bei den Spitälern vor allem zwischen 2017 und 2018. Seither stagniert dieser Prozess – es zeigt, dass die Spitäler sich auf die Implementierungsfrist (April 2020) vorbereitet haben.

Bei der Spitalpflege, die den Prozess unweigerlich miterlebt, hat sich die Anzahl seit der letzten Befragung um 3 Prozentpunkte auf 75 Prozent leicht erhöht. Die Anzahl Apotheken (26%), Spitex-Organisationen (27%) sowie Alters-und Pflegeheime (32%), die eine solche Strategie haben, hält sich seit zwei Jahren quasi konstant.

Nicht sehr erfreulich fallen die Urteile über den Stand der Arbeiten der Behörden im Bezug auf Standards aus. Generell gaben seit Jahren viele Gesundheitsfachpersonen/Akteure des Gesundheitswesens keine gerichtete Meinung zur Frage nach dem Stand der Arbeiten der Behörden an. Allerdings ist im Trend vor allem der tiefe Anteil

der eHealth-Verantwortlichen der Kantone ein Hinweis auf einen Rückstand bei den Bestrebungen. Auch bei den IT-Verantwortlichen in den Spitälern sind geringe Anteile, welche den Stand der behördlichen Bemühungen bei den Standards als „eher“ oder „sehr weit fortgeschritten“ beurteilen.

Elektronische Dokumentation

Was das Vorhandensein eines elektronischen Systems zur Speicherung und Verwaltung von Patienten-/Bewohner-/Klientendaten betrifft, rangieren – wie auch letztes Jahr – die Spitäler (92%), Spitalärztinnen und -ärzte (91%), Alters- und Pflegeheimen (90%) und Spitex-Organisationen (88%) auf den vordersten Rängen.

Während die Prozentzahlen bei den Alters- und Pflegeheimen in den letzten fünf Jahren konstant blieben, gab es seit der letzten Befragung einen Anstieg um 9 Prozentpunkte. Es scheint, als würden sich die Alters- und Pflegeheime auf die gesetzlich vorgeschriebene Einführung des EPD im Jahr 2022 vorbereiten.

Softwareeinsatz in Gesundheitseinrichtungen

Der elektronische Impfausweis gewinnt seit 2016 immer stärkeren Zuspruch bei den Gesundheitsfachpersonen und        -einrichtungen. Insbesondere die Apothekerinnen und Apotheker (84%) und die Spitalärzteschaft (72%) empfehlen ihn ihren Patientinnen und Patienten weiter. Bei genauerer Betrachtung der Daten stellt sich heraus, dass

gerade in den unterschiedlichen Sprachregionen der Schweiz eine Meinungsdiskrepanz besteht. Während 73 Prozent der italienischsprachigen Schweiz den elektronischen Impfausweis empfehlen, sind es bei den Deutschschweizerinnen und -schweizern lediglich 62 Prozent und in der französischsprachigen Schweiz sind es sogar nur 55 Prozent.

Austausch elektronischer Daten

Ein wichtiger Aspekt bei elektronischen Systemen ist neben den Funktionen, wie beispielsweise das Anzeigen von Warnungen von Medikamenten-Interaktionen, auch die Austauschmöglichkeit der abgelegten Daten mit weiteren Gesundheitsfachpersonen und -einrichtungen. Seit 2014 ist der elektronische Austausch unterschiedlicher medizinischer Daten bei den meisten Gesundheitsfachpersonen/Akteuren des Gesundheitswesens angestiegen.

Dennoch gibt es noch keine Gruppe, die sämtliche Daten austauschen kann. Einen deutlichen Anstieg ist bei versendeten Bewohnerübertritten in Alters- und Pflegeheimen festzustellen: Bei 39 Prozent (+13 Prozentpunkte gegenüber 2020) ermöglicht das elektronische System diese Funktion. Auch bei der Spitex gibt es eine Funktion, die heraussticht: 51 Prozent der elektronischen Systeme ermöglichen Zuweisungen und Anmeldungen online.

Mittels einer international vergleichbaren Fragebatterie der OECD wurde der Stand der internen und externen Vernetzung innerhalb der befragten Gesundheitsfachpersonen/Akteuren des Gesundheitswesen erhoben. Die interne Vernetzung bezieht sich dabei auf die Möglichkeit der Aufzeichnung und des Austauschs von Patientendaten innerhalb der eigenen Organisation. Die externe Vernetzung zeigt dementsprechend auf, inwiefern Patientendaten Akteuren ausserhalb der eigenen Institution zugänglich gemacht werden können. Beide Vernetzungsarten haben in den letzten Jahren eher zugenommen. Beim internen Vernetzungsindex gab es insgesamt seit dem letzten Jahr eine Zunahme von 10.95 Prozentpunkten (51.51%). Beim externen Vernetzungsindex hat der Trend von 18.8 Prozent im letzten Jahr auf 25.22 Prozent in diesem Jahr (+6.42 Prozentpunkte) leicht zugenommen. In der Regel können weiterhin nur etwa ein Fünftel der Daten mit anderen Gesundheitsakteuren ausgetauscht werden. Vergleicht man die beiden Vernetzungsarten, so wird auf den ersten Blick ersichtlich, dass insbesondere die interne Vernetzung bei den

meisten Gesundheitsfachpersonen und -einrichtungen vergleichsweise weit fortgeschritten ist, während die externe Vernetzung deutlich tiefer liegt. In beiden Indizes sind die Spitäler zuoberst anzutreffen. Hier wird die Vorreiterrolle der Spitäler in der digitalen Vernetzung im Schweizer Gesundheitswesen deutlich. Weil die Prozesse der Apotheken eher auf die Medikationsdaten abzielen und weniger auf andere Datenarten, sind ihre Werte immer noch deutlich tiefer als jene der weiteren Gesundheitsfachpersonengruppen.

Für die Indizes wird jeder einzelnen befragten Person ein Wert zugeordnet. Für jede Art von klinischen Daten, die intern aufgezeichnet werden bzw. intern ausgetauscht werden, erhält die Person einen Punkt. Diese Punkte werden summiert und durch die Anzahl an abgefragten klinischen Daten (also das mögliche Maximum) dividiert. Aus allen Personen einer Gruppe wird dann der Mittelwert berechnet. Analog dazu wird der externe Vernetzungsindex gebildet.

Informationen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten werden von sämtlichen Befragten in erster Linie elektronisch per E-Mail oder Messenger ausgetauscht. Der persönliche oder nicht-digitale Austausch ist immer noch sehr stark verbreitet. An zweiter Stelle wird bereits

das Telefon für einen solchen Austausch genutzt. Das Fax-Gerät ist bei den Apothekerinnen und Apothekern ein im Vergleich zu den anderen Gruppen besonders häufig genutztes Instrument, um sich für eine Behandlung auszutauschen (78%).

Elektronisches Patientendossier

Wie anfänglich erklärt, hat der Programmausschuss „Einführung EPD“ die verzögerte Einführung des EPDs bereits letztes Jahr mitgeteilt. 90 Prozent der IT-Verantwortlichen in den Spitälern geben an, an eine (Stamm-)Gemeinschaft angeschlossen zu sein. Während in den Spitälern der Anschluss

weitgehend geklärt ist, gibt es bei den restlichen Gruppen noch grössere Anteile von Fachpersonen, die auf die Frage zum Anschluss „weiss nicht“/“keine Antwort“ angeben – total sind es 26 Prozent. Pflegeheime sind ab April 2022 verpflichtet, einer (Stamm-)Gemeinschaft angeschlossen zu sein.

24 Prozent der Alters- und Pflegeheime befinden sich in Abklärungen für den Anschluss an eine Stammgemeinschaft; etwas mehr als ein Fünftel (22%) gibt an, dass der Anschluss in den nächsten zwölf Monaten erfolgen wird. Ein Faktor, der sich nach wie vor bei der Spitex auf den Anschlusswert niederschlägt, ist, dass sich teilweise die Spitex-Kantonalverbände einer (Stamm-)Gemeinschaft angeschlossen

haben. Diese Kantonalverbände wurden aber im Rahmen dieser Studie nicht befragt. Bei den Abklärungsarbeiten zeigen sich zwischen den Sprachregionen Unterschiede: 20 Prozent der deutschsprachigen Gesundheitsfachpersonengruppen befinden sich aktuell in der Abklärungsphase, 11 Prozent sind es bei den italienischsprachigen und 9 Prozent bei den französischsprachigen.

Wie in den letzten Jahren werden die für das elektronische Patientendossier sprechenden Argumente bei allen Gesundheitsfachpersonen und -einrichtungen hoch gewichtet. Die Argumente „Verfügbarkeit im Notfall“, „unnötige Abklärungen einsparen“ und „Behandlungsfehler vermeiden“ gehören praktisch bei allen Befragten zu den Top 3. Eine spannende Entwicklung gibt es bei den Spitälern: Zwar sprechen die Argumente immer noch für ein EPD, jedoch ist ein Rückgang in der Unterstützung festzustellen. Während 2020 noch 83 Prozent beim Argument „Informationen selbst anlegen“ eher/voll zustimmten, sind es 2021 noch 67 Prozent (-16 Prozentpunkte). Bei „Verfügbarkeit im Notfall“ sind es dieses Jahr noch 62 Prozent (-11 Prozentpunkte) und bei

„unnötige Abklärungen einsparen“ noch 57 Prozent (-18 Prozentpunkte) die dem eher/voll zustimmen. Die Balken „ich weiss nicht/keine Antwort“ sind bei allen Argumenten und bei den Spitälern signifikant grösser geworden. Diese Beobachtungen deuten daraufhin, dass seit der Nutzung der EPD der Enthusiasmus in Bezug auf deren Vorteile etwas abgenommen hat. Das zeigt sich auch am deutlich rückläufigen Anteil der IT-Verantwortlichen, die das EPD als vorteilhaft für die koordinierte Versorgung einschätzen (2020: 71% „eher/sehr vorteilhaft“, 2021: 43%). Immerhin: Das Argument „vertrauliche Informationen zur Gesundheit des Patienten können im elektronischen Patientendossier allzu leicht in falsche Hände geraten“ überzeugt keinen einzigen Kanton.

Gesundheitskompetenz

Der Umgang mit digitalen Daten und Informationen bedingt einerseits vonseiten der Gesundheitsfachpersonen und Akteuren des Gesundheitswesens, andererseits auch vonseiten der Patientinnen und Patienten spezifische Kompetenzen. Die Befragten schätzen die Qualifikation ihrer Patientinnen und Patienten, Bewohnerinnen und Bewohner und Klientinnen und Klienten, um über den Zugriff durch Gesundheitsfachpersonen auf ihre Daten zu entscheiden, nach wie vor mehrheitlich schlecht ein.

Auch in diesem Jahr schätzen die Alters- und Pflegeheime die Kompetenz ihrer Zielgruppe am tiefsten ein (79% finden sie eher/sehr schlecht qualifiziert). Bei der letzten Befragung galt die Einschätzung der grössten Kompetenz der Zielgruppe der Spitäler mit 36 Prozent. 2021 hat sich dieser Wert um 17 Prozentpunkte, also auf 19 Prozent, reduziert. Hingegen sind es neu die Spitalärztinnen und -ärzte, die ihre Zielgruppe am besten qualifiziert einschätzen: 31 Prozent denken, ihre Patientinnen und Patienten sind eher/sehr gut qualifiziert.

Erste Leseweise

eHealth on hold

Persönliche Gespräche, Fax und Telefone sind weiterhin oft gewählte Wege für die Übermittlung von Daten. Dies ist einer der Gründe dafür, dass eHealth in der Schweiz weiterhin stockt. In der Krise wurden vielleicht gerade wieder verstärkt die etablierten und standardisierten Austauschwege genutzt. Die Corona-Pandemie hat zwar die Sensibilisierung auch bei Gesundheitsfachpersonen und Akteuren des Gesundheitswesens erhöht, ein Schub in Bezug auf Investitionen oder ein gemeinsam anerkannter Handlungsbedarf ist bisher aber ausgeblieben.

Elektronisches Impfdossier als Katalysator

Der elektronische Impfausweis könnte sich im Verlauf des Jahres 2021 als Katalysator für den alltäglichen Einsatz von eHealth-Lösun-gen erweisen. Fast die Mehrheit der Gesundheitsfachpersonen empfiehlt die Erstellung eines elektronischen Impfausweises. Diese Bereitschaft sollte sich nun auch in den Nutzerzahlen niederschlagen. Datenschutz und Benutzerfreundlichkeit sind auch hier kritische Erfolgsfaktoren.

Weitere Katalysatoren für eHealth

Die Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens hat weiterhin zwei Katalysatoren. Der Erste ist das Potenzial der Digitalisierung für die internen Prozesse: Die interne Vernetzung der Institutionen steigt weiterhin an, und zunehmend werden Daten von Klientinnen und Klienten, Patientinnen und Patienten oder Einwohnerinnen und Einwohnern elektronisch aufgezeichnet. Damit wäre das Potenzial vorhanden, diese Daten auch mit externen Fachpersonen auszutauschen. Der zweite Katalysator ist das EPD-Gesetz, welches das EPD obligatorisch macht. Gerade in Spitälern zeigt sich, dass diese generell weit fortgeschritten sind in der Digitalisierung. Sobald mehr (Stamm-)Gemeinschaften zertifiziert sind, wird der Anteil angeschlossener Gesundheitsfachpersonengruppen und Gesundheitseinrichtungen steigen.

EPD-Vorbehalte in Spitälern

Das elektronische Patientendossier ist nicht nur wegen der verzögerten Einführung in einer kritischen Entwicklungsphase. Einerseits werden nun gerade im IT-Umfeld der Spitäler erste Erfahrungen ge-macht, welche eher mit Kritik einhergehen. Andererseits werden in nächster Zeit neue, weniger digital-affine Benutzergruppen hinzu-stossen, welche zusätzliche Kritik an den Tag bringen können. In dieser Veränderungsphase braucht es dringend auch Erfolgsmeldungen zum Nutzen und zu den Vorteilen des EPD.

Ärzteschaft

Die Praxisärzteschaft hat vor allem Datenschutzbedenken beim EPD und gehört deshalb zu den kritischeren Gesundheitsfachpersonen. Dafür ist sie, was die generelle Digitalisierung anbelangt, aufgeschlossen, vor allem als Vorreiterin bei der Führung einer elektronischen Krankengeschichte (im Vergleich zu den anderen Gruppen). Auch bei der Nutzung von Telemedizin gab es einen leichten Aufwärtstrend seit der letzten Befragung, den wir auf die Corona-Situation zurückführen.

Spitäler

Die Spitäler sind weniger euphorisch, was das EPD betrifft, als in den vergangenen Jahren. Das hängt wahrscheinlich mit konkreten, ersten Erfahrungen zusammen, die in einigen Spitälern gemacht wurden. Trotzdem haben sie nach wie vor die Vorreiterrolle bezüglich eHealth inne. Egal ob elektronische Systeme zur Speicherung und Verwaltung von Daten oder interne und externe Vernetzungen: Die Spitäler findet man oft auf den vorderen Rängen. Auch das Vertrauen in den Datenschutz ist gegeben.

Apotheker/-innen

Bei gewissen Digitalisierungsmöglichkeiten kommen die Apotheken nur langsam vorwärts, was zum Beispiel bei den Vernetzungsindizes ersichtlich ist. Im Austausch mit anderen Gesundheitsfachpersonen und Akteuren des Gesundheitswesens kommt weiterhin sehr oft das Fax zum Einsatz. Das Abrufen von Gesundheitsinformationen im Internet durch die Bürgerinnen und Bürger sehen sie mehrheitlich als riskant an. Dafür sind sie diejenige Gesundheitsfachpersonen-gruppe, die den elektronischen Impfausweis am meisten fördern. Auch holen sie bei dem Vorhandensein eines elektronischen Systems für Kundendaten weiter auf. Wie beim Impfausweis (und bei den Impf-Angeboten) können Apotheken ein wichtiger Katalysator für die Verbreitung des EPD werden.

Alters- und Pflegeheime

Beim internen Vernetzungsindex spielen die Alters- und Pflegeheime weit vorne mit den Spitälern mit; aufholen könnten sie allerdings beim externen Vernetzungsindex und somit beim Austausch von Daten mit anderen Gesundheitseinrichtungen. In puncto eHealth Strategien platzieren sie sich in der Mitte – hier gibt somit noch weiteres Potenzial. Vor allem im Pflegealltag können Alters- und Pflegeheime in der Informatisierung noch aufholen, doch generell sind sie auf gutem Weg. Die Einführungsarbeiten für das EPD kommen voran.

Nonprofit-Spitex

Der Austausch über eine Behandlung findet verglichen mit den an-deren Fachpersonen bei der Spitex am häufigsten elektronisch statt. Auch bei der Existenz von elektronischen Systemen zur Speicherung sind die Spitex-Organisationen weit oben anzutreffen. Der Pflegealltag wird stark digital gesteuert und erfasst. In Sachen elektronisches Patientendossier sind die Nonprofit-Spitex-Organisationen eben-falls auf dem Vormarsch, haben allerdings noch Potenzial, wenn es um eine konkrete eHealth-Strategie geht.

Spitalpflege

Die Spitalpflege ist dieses Jahr kritischer eingestellt als im Vorjahr bei der Nutzung des Internets von Bürgerinnen und Bürgern als Quelle für Gesundheitsinformationen. Auch sind eHealth-Lösungen generell und das EPD konkret nicht Teil des Pflegealltages. Es kann aber durchaus sein, dass die Digitalisierung im Pflegealltag aufgrund der sehr hohen Arbeitslast gegenüber dem Vorjahr gebremst wurde, denn in puncto Telenursing gab es einen leichten Anstieg seit der letzten Befragung.

Kantone

Die angestrebte Organisation der Gesundheitsfachpersonen in (Stamm-)Gemeinschaften erfolgt zum grossen Teil auf kantonaler und regionaler Ebene. Die Kantone sehen ihre Rolle bei der Einführung des elektronischen Patientendossiers neben der Rolle als Koordinator und Organisator zunehmend auch als Finanzierer beim Aufbau von (Stamm-)Gemeinschaften.

Methodische Details*

Auftraggeber: InfoSocietyDays

Grundgesamtheit: Ärztinnen/Ärzte, IT-Verantwortliche in Spitälern, Apothekerinnen/Apotheker, Alters- und Pflegeheime, eHealth-Verantwortliche in Kantonen, Mitglieder von Spitex Schweiz, Pflegefachpersonen

Befragungsgebiet: ganze Schweiz (dreisprachig)

Herkunft der Adressen: Ärztinnen/Ärzte: FMH, Spitäler: InfoSocietyDays, Apothekerinnen/Apotheker: pharmaSuisse, Alters- und Pflegeheime: CURAVIVA, Kantone: eHealth Suisse (Kontakt direkt durch eHealth Suisse), Spitex: Spitex Verband Schweiz, Spitalpflege: Stiftung Careum

Datenerhebung: online, Ärzte zusätzlich Print

Art der Stichprobenziehung: at random bzw. Vollerhebung

Befragungszeitraum: 02. November 2020 bis 17. Januar 2021 (mittlerer Befragungstag: 14. November 2020)

Stichprobengrösse: Ärzte: 807 (Praxisärzte: 610, Spitalärzte: 151, Spital- und Praxisärzte: 46), Spitäler: 63, Apotheken: 174, Alters- und Pflegeheime: 366, Kantone: 18, Nonprofit-Spitex: 107, Spitalpflege: 20

Gewichtung: keine

 

*Aufgrund der kleinen Fallzahl bei den befragten Pflegeleitungen raten wir zu Zurückhaltung bei der Interpretation der Resultate.