InfoSocietyDays
Team: Lukas Golder Cloé Jans Daniel Bohn
Seit 2009 wird im Rahmen der InfoSocietyDays das eHealth Barometer erhoben und erstellt. Befragt werden sowohl Gesundheitsfachpersonen als auch die Wohnbevölkerung. Dabei wird dem aktuellen Stand und der Entwicklung von eHealth in der Schweiz auf den Grund gegangen. Der vorliegende Bericht zeigt die Resultate der Wohnbevölkerung.
Mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPD) im Juni 2015, hat das Parlament nun einen legislativen Meilenstein in der Implementierung von eHealth in der Schweiz gesetzt. Aktuell befinden sich die (Stamm-) Gemeinschaften, die künftigen Anbieter des EPDs, im Aufbau. Bund und Kantone gehen davon aus, dass das EPD ab Frühjahr 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein wird. Die Einführung des EPD ist komplex und bedingt die Zusammenarbeit zahlreicher Akteure im Gesundheitswesen.
In vielerlei Hinsicht stellt das EPD die Speerspitze der eHealth-Bestrebungen in der Schweiz dar. Dieses Thema wird darum im Monitor mit besonderem Fokus behandelt. Die Studie orientiert sich an der „Strategie eHealth Schweiz“ und an Grundlagenabklärungen der Europäischen Kommission zum Monitoring von eHealth. Das Swiss eHealth Barometer wird von den folgenden Partnern mitgetragen:
Hauptpartner: Bundesamt für Gesundheit (BAG), FMH
Co-Studienpartner: CURAVIVA Schweiz, pharmaSuisse, eHealth Suisse, Spitex Verband Schweiz, Careum Stiftung, Ärztekasse, Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Gesundheitsdepartements des Kantons St. Gallen, Interessensgemeinschaft eHealth
Details zur Stichprobe und Methode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.
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Im Jahr 2013 gab eine knappe Mehrheit von 56 Prozent der Stimmberechtigten in der Schweiz an, sich im Internet über Gesundheitsthemen zu informieren. Deutlich häufiger (75% resp. 71%) wurde zu diesem Zweck damals noch auf klassische Medien wie Tageszeitungen, Zeitschriften oder auf Radio und Fernseher zurückgegriffen. 2013 erfolgte auch Edward Snowdens Enthüllung der breitflächigen Überwachung von Datenströmen durch den amerikanischen Geheimdienst.
Dies führte zu einer erhöhten Skepsis gegenüber dem Internet und markierte eine Zäsur im Voranschreiten des digitalen Zeitalters. Auch durch den zunehmenden Medienwandel getrieben, stieg die Bedeutung des Internets im Bereich der Gesundheitsthemen ab 2016 wieder stetig an und erreicht 2019 einen neuen Höchstwert.
Heute ist das Internet als Informationsquelle für Gesundheitsfragen ebenso wichtig wie der Rundfunk.
Zusammen mit der steigenden Bedeutung des Internets als Informationsquelle, nimmt auch die Kenntnis elektronischer Apps im Bereich Gesundheit zu. Pionierrollen kommen dabei Angeboten im Bereich Fitness und Bewegung sowie Notruf-Apps zu. Diese setzen sich mit der Zeit hinsichtlich ihrer Bekanntheit immer deutlicher von anderen Anwendungen wie beispielsweise Apps zur Messung von Blutzucker, für die Medikamenteneinnahme oder auch zur Hinterlegung einer elektronischen Organspendekarte ab.
In fast allen Bereichen liegen die Bekanntheitswerte der Apps 2019 jedoch deutlich über jenen des ersten Messzeitpunktes 2015. Die Ausnahme bilden Angebote zur Erkennung von Krankheiten und Allergien, die nicht wirklich an Breitenwirkung dazugewinnen können.
Diejenigen, die eine App kennen, können sich in den meisten Fällen auch vorstellen, diese in Zukunft zu nutzen oder sie nutzen sie sogar bereits. Auch hier steigt die Bereitschaft zur Nutzung über die fünf untersuchten Messzeitpunkte in den meisten Fällen deutlich.
Apps zur Erkennung von Krankheiten und Allergien sind dabei nicht nur am unbekanntesten, es sind auch die einzigen Angebote, die einen Rückgang in der Nutzungsbereitschaft zu verzeichnen haben. Im Gegensatz zu einer App wie der Online-Patientenverfügung, die primär den Charakter einer elektronischen Informationsablage hat, ist die Erkennung von Krankheiten mit konkreten Folgen verbunden: Beispielsweise mit der Einnahme von Medikamenten oder dem Beginn bestimmter Therapien. Das Vertrauen in die Funktionsweise einer App zu diesem Zweck ist offensichtlich erst wenig vorhanden.
Das Internet spielt nicht nur als Informationsquelle oder bei der Bereitstellung von Gesundheits-Apps eine zunehmend wichtige Rolle, sondern prägt auch den Austausch zwischen Gesundheitsfachpersonen und Patientinnen und Patienten. Dabei ist jedoch in den Augen der Bevölkerung nicht jede Form des Online-Austausches zwischen Behandelnden und Behandelten gleich wichtig.
Die Möglichkeit, online einen Arzttermin zu vereinbaren oder auch ein Rezept per Internet anzufordern, wird wichtiger.
Heute geben 69 und 67 Prozent der Bevölkerung an, dass ihnen diese beiden Faktoren bei der Arztwahl sehr oder eher wichtig sind. Die Möglichkeit, mit dem Arzt per Mail, SMS oder WhatsApp zu kommunizieren, über das Internet die Notwendigkeit einer Behandlung zu klären oder eine Notfallmeldung auslösen zu können, steht dagegen nicht im Vordergrund.
An Stelle der persönlichen Sprechstunde beim Arzt vor Ort eine Onlinesprechstunden durchzuführen, ist dagegen lediglich für rund 30 Prozent der Bevölkerung ein Thema.
Mit den zunehmenden Anforderungen an die digitale Vernetztheit von Gesundheitsfachpersonen, steigt auch die Bereitschaft der Bevölkerung die eigenen Daten mit diesen zu teilen. Das gilt im besonderen Masse für hochspezialisierte Vertrauenspersonen wie Hausärzte, behandelnde Ärzte oder Apotheker.
Bei nicht genauer spezifizierten Gesundheitsfachpersonen liegt die Bereitschaft zur Gewährung von Einsicht in die eigenen Daten etwas tiefer, aber auch hier erklärt sich mehr als 60 Prozent der Bevölkerung einverstanden.
Besonders ins Auge sticht der klare Anstieg bei den Apothekerinnen und Apothekern von 60 Prozent Zustimmung 2016 auf 82 Prozent Zustimmung im Jahr 2019. Der klare Sprung zwischen 2017 und 2018 erfolgt gleichzeitig mit dem Methodenwechsel von der Befragung von Stimmberechtigten zu Bewohnern zusammen. Die separate Betrachtung der beiden Gruppen zeigt jedoch, dass dies nicht der Grund für den Anstieg ist. Eine mögliche Erklärung könnte darum in der erfolgten Revision des Heilmittelgesetzes und dem damit verbundenen Ausbau der Kompetenzen der Apotheken liegen.
Die unten aufgeführte Auswertung zeigt, dass der zunehmende Stellenwert digitaler Lösungen im Gesundheitswesen stark durch die jüngeren Generationen getrieben wird. Die Mitglieder der sogenannten Generation Y wurden zwischen 1980 und 2000 geboren und sind dementsprechend heute zwischen 18 und 39 Jahren alt.
Die im Nachgang von 2013 eingetretene Skepsis im Zusammenhang mit Datenschutz war in dieser Bevölkerungskohorte besonders gross.
In der Folge sank der Anteil Personen, der sich mit dem Austausch von Daten unter Behandelnden einverstanden erklärte, von 72 Prozent auf 45 Prozent im Jahr 2017. Seither ist aber innert kurzer Zeit wieder eine ebenso grosse Zunahme zu verzeichnen.
Die Veränderungen in der Einstellung zum Datenaustausch in den Bevölkerungskohorten der über 40-Jährigen (Generation X und Babyboomer) fielen in dieser Zeit deutlich weniger gross aus.
Eine Mehrheit vom 78 Prozent der Schweizer Bevölkerung empfindet das elektronische Patientendossier bis jetzt als eine gute Sache. Im Vergleich zu 2018 entspricht das einer Zunahme um 9 Prozentpunkte.
Dabei nimmt nicht das Lager der Skeptikerinnen und Skeptiker ab, sondern es geschieht eine Meinungsbildung bei den bisher Unentschiedenen (weiss nicht/keine Antwort).
2019 gibt erstmals eine Mehrheit von 55 Prozent der Bevölkerung an, dass sie selbst ein EPD eröffnen und verwenden würden.
2014 waren es noch 34 Prozent, ab 2016 nimmt die Bereitschaft zur Nutzung des EPDs stetig zu.
Nach wie vor möchte der grösste Teil der Bevölkerung ihr elektronisches Patientendossier beim Hausarzt eröffnen. Aktuell sind das 68 Prozent der Personen, die angeben, aus Eigeninitiative oder auf Empfehlung einer Gesundheitsfachperson hin ein EPD zu eröffnen.
Passend zum steigenden Stellenwert des Internets im Gesundheitsbereich, können sich auch immer mehr Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz vorstellen, ein EPD online zu eröffnen. Zwar liegt dieser Wert noch deutlich hinter dem der Personen, die ihr EPD in der Praxis ihres Hausarztes eröffnen möchten – im Vergleich zu 2016 hat er sich aber fast verdoppelt.
In den Augen der Bevölkerung gibt es gewisse zusätzliche Dienstleistungen, die neben dem elektronischen Patientendossier gewünscht wurden. In erster Line ist das die Möglichkeit zur Online-Anmeldungen beim Hausarzt oder Spezialisten, gefolgt vom Bezug von Gesundheitsinformationen über das Internet und einer Erinnerungsfunktion für Medikamente.
Diese drei Funktionen gewinnen über die Zeit eher an Zuspruch dazu. Weitere Möglichkeiten wie eine Auswahl von Gesundheitsapps, Plattformen für den Austausch mit Patienten oder die Beratung durch Interessensverbände stossen dagegen weniger auf Zuspruch. Der Anspruch an die weitere elektronische Funktionen zeigt, dass die Bevölkerung kein allzu breites Potpourri an Angeboten wünscht, sondern den Fokus eher auf Kernangebote und Prozesse der Patientenbetreuung legt.
Die Bereitschaft der Bevölkerung zur Speicherung von Daten im elektronischen Patientendossier nimmt seit 2016 zu. Das gilt für alle abgefragten Bereiche ausser für Daten von Gesundheits- und Fitnessapps, wo das Gegenteil der Fall ist.
Ähnlich wie beim Wunsch nach zusätzlichen Funktionen, zeigt sich dementsprechend auch bei der Bereitschaft zur Speicherung von Daten im EPD ein Fokus auf das Wesentliche. Dinge, die eher mit Freizeit als mit Krankheit in Verbindung gebracht werden, sollen in den Augen der Bevölkerung beim EPD nicht im Vordergrund stehen.
Nach 2013 machte sich eine grosse Verunsicherung zur Frage des Datenschutzes breit. Die Nachwehen der Enthüllungen von Edward Snowden in den USA waren auch in der Schweiz zu spüren. Im Gesundheitswesen sind die Daten besonders sensitiv und persönlich, was auch im Swiss eHealth Barometer seine Spuren hinterliess. Seit 2016 hat sich jedoch die Bereitschaft, in Zukunft auch im Gesundheitsbereich auf digitale Lösungen zu setzten, klar vergrössert. Die Talsohle der digitalen Bereitschaft ist durchschritten, es herrscht breite Akzeptanz über den Fakt, dass die Zukunft digital ist – in allen Bereichen des Lebens.
Das elektronische Patientendossier gewinnt an stetigem Zuspruch. Immer grössere Anteile der Bevölkerung empfinden eine elektronische Hinterlegung der eigenen Informationen als sinnvoll und können sich vorstellen, selber ein EPD anzulegen. Dabei ist ihnen der Fokus aufs Wesentliche wichtig. Man will eine von den Behörden abgesegnete seriöse Lösung, die auch hinsichtlich des Datenschutzes einwandfrei ist. Freizeit und Krankheit gilt es zu trennen. Die Verbindung mit Apps, die für die Behandlung nicht zwingend sind, steht für die Bevölkerung nicht im Vordergrund.
Obwohl Apps im Bereich Freizeit in den Augen der Bevölkerung nicht unbedingt mit dem EPD verknüpft werden sollen, bleiben sie die Vorreiter der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Lange Zeit haben digitale Lösungen primär dem Spass und der Unterhaltung gedient. Von Behörden effektiv mitgetragene Anwendungen gab es dagegen eher weniger. Das ändert sich nun immer mehr. Regierung und Verwaltung bieten auch in sensitiven Bereichen wie Gesundheit oder Finanzen (Stichwort Online-Steuererklärung) immer häufiger digitale Lösungen an. Damit steigt das Vertrauen und die Bereitschaft zur Verlagerung in die digitale Sphäre.
Im Zusammenhang mit der Generation Y wird erstmals von sogenannten Digital Natives gesprochen. Die ältesten Mitglieder der Generation Y sind nun knapp 40 und machen rund einen Drittel der Bevölkerung aus. Während die Generationen X und die Babyboomer eher Mühe bei der Verlagerung in die digitale Sphäre bekunden, sind die Mitglieder der Generation Y wesentliche Treiber für diese Entwicklung. Dennoch findet sich auch bei den über 65-Jährigen 2019 ein Höchstwert von 68 Prozent, der sich mit dem Austausch elektronischer Daten zwischen ihren behandelnden Gesundheitsfachpersonen einverstanden erklärt. Das gilt es auch bei der Konzeption und der Kommunikation rund um das EPD im Hinterkopf zu behalten.
Auftraggeber: InfoSocietyDays
Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung der Schweiz (bis 2017 Stimmberechtigte)
Befragungsgebiet: ganze Schweiz
Herkunft der Adressen: Telefonverzeichnis der Swisscom (gepoolt)
Datenerhebung: telefonisch, computergestützt (CATI)
Art der Stichprobenziehung: at random
Befragungszeitraum: 3. bis 12. Januar 2019 (mittlerer Befragungstag: 7. Januar 2019)
Stichprobengrösse: minimal 1200, effektiv 1200 (nDCH: 700, nFCH: 300, nICH: 200)
Fehlerbereich: ± 2.9 Prozentpunkte bei 50/50 (und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit)
Quotenmerkmale: Alter/Geschlecht interlocked
Gewichtung nach: Sprache
Befragungsdauer: Mittelwert 20.0 Minuten (+/-4.1 Minuten)