im Auftrag des Dachverbands Schweizer Jugendparlamente
Team: Lukas Golder Cloé Jans Daniel Bohn
Im Auftrag des Dachverbands Schweizer Jugendparlamente (DSJ) wurden 2018 zum vierten Mal über 1000 15- bis 25-Jährige zu ihren Partizipationsformen und Haltungen im Zusammenhang mit Politik befragt.
Nebst Informationen über die Einschätzungen Junger zur Politik werden so auch wichtige Hinweise über die Arbeit von easyvote erhoben.
Ziel ist es, sowohl die Produkte und Tätigkeiten von easyvote als auch die Wirkung der konkreten Kampagnen zu evaluieren. Der Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) verfolgt das Ziel, die Beteiligung junger Bürgerinnen und Bürger am politischen Prozess der Schweiz zu erhöhen.
Informationen zur Stichprobe und Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.
Downloads: Schlussbericht_DE
Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen 2019 geben 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler an, sich bestimmt beteiligen zu wollen, 27 Prozent wollen dies eher tun. Im Vergleich zum Messzeitpunkt 2014 (mit Bezug auf die Wahlen 2015) nimmt der Anteil, der sich nicht beteiligen will, um 14 Prozentpunkte zu.
Allerdings weiss man aus der Abstimmungsforschung, dass am Schluss effektiv die Gruppe mit einer dezidierten Bereitschaft zur Teilnahme („ich beteilige mich bestimmt“) zur Urne geht. Lieber noch als an den Wahlen wollen die befragten 15–25-Jährigen zudem an Abstimmungen teilnehmen (knapp 60% möchten sich bestimmt oder eher beteiligen).
Der easyvote Politikmonitor 2018 zeigt, dass es eine Reihe von Argumenten gibt, die in den Augen der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II durchaus für die Teilnahme an Wahlen sprechen. Diese Argumente zeigen jedoch primär die Wichtigkeit der Wahl im politischen Prozess generell auf. Die Brücke zur persönlichen Betroffenheit wird so noch nicht geschlagen – und wir wissen, dass es primär diese Betroffenheit ist, die junge Erwachsene zur Partizipation treibt (vgl. dazu auch easyvote Politikmonitor 2017). Dass das Argument „das Parlament trifft wichtige Entscheidungen für meinen Alltag“ das einzige der ganzen Batterie ist, das nicht auf eine mehrheitliche Zustimmung trifft, fällt darum umso mehr ins Gewicht. Es zeigt auf, dass Akteure aus Politik und Bildung gefordert sind, jungen Erwachsenen die persönliche Relevanz der Politik aufzuzeigen.
Keines der Argumente gegen eine Wahlteilnahme wird von einer (absoluten) Mehrheit gestützt. Dennoch finden sich in den Minderheitspositionen wichtige Hinweise dafür, weshalb Politik für einen wesentlichen Anteil der jungen Erwachsenen nur wenig relevant ist. Beispielsweise sind 47 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Meinung, keine der etablierten Parteien würde ihren Interessen entsprechen.
Mehr oder weniger gespalten sind die Meinungen zur Frage, ob Politik und Politiker versagen und den Volkswillen nicht umsetzen (34 % Zustimmung vs. 39 % Ablehnung). Vertreterinnen und Vertreter der befragten Generation bringen häufig eine Präferenz für spontanes Engagement vor der Einbindung in fixe institutionelle Strukturen zum Ausdruck. Das Wählen als demokratischer Akt wird offensichtlich aber dennoch weiterhin als sehr wichtig und auch als wichtiger als spontanes Engagement wahrgenommen (44 % nicht einverstanden, dass spontanes Engagement wichtiger ist).
Die meisten der abgefragten Aussagen für oder gegen die Wahlteilnahme wurden identisch bereits in der easyvote Befragung 2014 gestellt. Dies macht die Abbildung einer ersten Zeitreihe möglich, die die Einstellungen vor den eidgenössischen Wahlen 2015 und 2019 vergleicht. Dabei fällt vor allem auf: Die Meinungen für die Argumente gegen eine Wahlteilnahme unterscheiden sich zwischen 2014 und 2018 kaum. Bei den Argumenten für eine Teilnahme hingegen sinkt die Zustimmung teils massiv. Das gilt besonders schmerzhaft für die Aussage, dass das Parlament wichtige Entscheidungen für den Alltag trifft.
Jede Generation wird durch ihre eigenen Erfahrungen, historischen Ereignisse und sozialen Prozesse geprägt. Die Schülerinnen und Schüler des diesjährigen easyvote Politikmonitors gehören zur „Generation Z“. Die alltägliche und umfassende Präsenz des Internets wirkt von Geburt an auf ihr Leben ein und die globale Finanzkrise hinterlässt ebenfalls ihre Spuren. Grundsätzlich sind Mitglieder der „Generation Z“ mit mehr Unsicherheiten konfrontiert als ihre Vorgänger. Was schlussendlich das definierende Ereignis der „Generation Z“ ist, lässt sich abschliessend erst ex post beantworten.
Im Rahmen des easyvote Politikmonitors wird jedoch eine erste Auslegeordnung für die Schweiz vorgenommen. Bereits zum zweiten Mal in Folge wird die Wahl Donald Trumps als das prägende politische Ereignis genannt. Allerdings wird auch sein Vorgänger, Barack Obama, häufig erwähnt. Neben den beiden US-Präsidenten scheinen primär Fragen rund um Migration und Flüchtlinge Definitionsmomente zu sein.
Welche Ereignisse von den Schülerinnen und Schülern als prägend wahrgenommen werden, spiegelt sich direkt im geäusserten Interesse an spezifischen Themengebieten. Fast die Hälfte der Befragten interessiert sich für Politik im Ausland, zu der natürlich auch die Präsidentschaftswahl in den USA oder anderen Ländern gehört. Migrations- und Asylfragen folgen an zweiter Stelle mit 42 Prozent Nennungen.
An dritter und vierter Stelle folgen die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Umwelt- und Energiepolitik. Dies sind zwei Themenbereiche, die sich in der Schweiz bis zum Befragungszeitpunkt im Herbst 2018 weniger deutlich an einzelne Mega-Ereignisse oder politische Vorlagen koppeln liessen, offensichtlich aber dennoch zentrale Themen für die „Generation Z“ darstellen. Mittlerweile zeigt sich diese Wichtigkeit auch im Rahmen der schweizweiten Klimastreiks.
Die Wahl Donald Trumps, das bisher wichtigste politische Ereignis im Leben zahlreicher Befragter, ist vom Thema Populismus nicht zu entkoppeln. Im Gegensatz zur Person Trumps scheint das Phänomen an sich aber nur wenig zu interessieren.
Im Rahmen verschiedener Untersuchungen wurde auf den wachsenden Anteil an Personen aufmerksam gemacht, die sich immer weniger über das politische Geschehen und News im Allgemeinen informieren. Es ist von zunehmender „News-Deprivation“ die Rede, die besonders bei Jungen ausgeprägt ist.
Die Ergebnisse des diesjährigen easyvote Politikmonitors bestätigt diesen Trend weitgehend. Sogar in der relativ kurzen Zeitspanne von vier Jahren seit 2014 macht sich eine Entwicklung hin zu einer geringeren Informationshäufigkeit bemerkbar.
Vor dem Hintergrund der ausgeprägten Möglichkeiten der Mitbestimmung in der Schweiz durch die direktdemokratischen Instrumente ist ein gewisses Level an Informiertheit für einen fundierten persönlichen Abstimmungsentscheid besonders wichtig. Traditionellerweise spielt das nächste soziale Umfeld bei Schülerinnen und Schülern die wichtigste Rolle für die Informationsbeschaffung zu politischen Entscheiden. Die Schule wie auch die Eltern sind die zwei wichtigsten Informationskanäle vor Volksabstimmungen.
Klassischen Medien wie dem Fernsehen oder Zeitungen (Online) kommt ebenfalls ein hoher Stellenwert zu. Allerdings macht sich die zunehmende „News-Unlust“ auch bei der Beliebtheit der verschiedenen Informationskanäle für politische Entscheidungen bemerkbar. Die Anzahl Schülerinnen und Schüler, die angeben, Zeitungen, Fernseher oder Radio zu konsultieren, sinkt über die Zeit klar. Der Bedeutungsverlust dieser Informationskanäle kann dabei nicht durch neue Medien wie Youtube, Instagram oder Twitter kompensiert werden. Besonders deutlich ist auch der Einbruch in der Wichtigkeit von Facebook seit 2016.
Der bisher einzige systematische Trend hin zu einer sich vergrössernden Wichtigkeit einzelner Informationskanäle für Abstimmungen betrifft die Angebote von easyvote selber. Zwar sind diese, auf die Gesamtheit der Schülerinnen und Schüler gesehen, nach wie vor wenig verbreitet, sie werden aber von Jahr zu Jahr beliebter. Das gilt für die easyvote-Clips, die Webseite wie auch die easyvote-Abstimmungsbroschüre.
Zwischen 15 und 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler bezeichnen sich als sehr oder eher politisch engagiert. Der Anteil Engagierter blieb dabei über die drei Befragungszeitpunkte relativ stabil (zwischen 15 und 20 Prozent).
Im Gegensatz dazu finden sich seit 2017 mehr junge Erwachsene, die sich selbst als nicht engagiert bezeichnen (+ 10 Prozentpunkte seit 2017). Ins Auge sticht dabei, dass primär der Anteil derjenigen ansteigt, die sich überhaupt nicht engagieren.
Mehrheitlich einverstanden sind die befragten Schülerinnen und Schüler mit der Aussage, dass Politik – ähnlich wie im Sport – eine aktive Nachwuchsförderung benötigen würde. Zudem geht man davon aus, dass die Digitalisierung insgesamt eine Chance für die politische Beteiligung bietet. Polarisiert sind die Meinungen zur Rolle von Influencern im politischen Geschehen: 37 Prozent finden, diese sollten Stellung beziehen, 44 Prozent hingegen finden das unnötig.
Eher kritisch fallen die Voten für Politiker und Politikerinnen aus. Nur 36 Prozent finden, diese würden sich mit wichtigen Fragen beschäftigen, 32 Prozent fühlen sich von Politikern ernstgenommen und 35 Prozent haben das Gefühl, ein gutes Verständnis der Arbeit in politischen Ämtern zu haben.
Im Vergleich zum letzten Befragungsjahr steigt das Interesse an Politik wieder an. Insgesamt interessieren sich die Schülerinnen und Schüler mehr für Politik im Ausland als in der Schweiz. Es zeigt sich, dass das politische Interesse von jungen Erwachsenen stark von der persönlichen Betroffenheit und dem jeweiligen Thema abhängt.
Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen 2019 geben 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler an, sich bestimmt beteiligen zu wollen, 27 Prozent wollen dies eher tun. Für junge Erwachsene gibt es zwar verschiedene Gründe, an den nationalen Wahlen teilzunehmen, für die Mehrheit der Jugendlichen ist jedoch die Relevanz der nationalen Politik nicht ersichtlich.
Zudem fällt auf, dass es immer mehr junge Erwachsene gibt, die sich immer weniger über das politische Geschehen und News im Allgemeinen informieren.
Es ist von zunehmender „News-Deprivation“ die Rede, die besonders bei Jugendlichen ausgeprägt ist.
Vor diesem Hintergrund des fehlenden Alltagbezugs und der sinkenden Informationshäufigkeit gilt es, neue Formen und Mittel zu finden, um junge Erwachsene zu erreichen. Dabei ist es ein Muss, auf Botschaften und Kanäle zu setzen, die Jugendliche gezielt in ihren Lebenswelten abholen. Den Angeboten von easyvote gelingt das gemäss den Bewertungen der Schülerinnen und Schüler. Neben dem gezielten Einsatz der politischen Information und Bildung von easyvote ist es aber auch an Politikerinnen und Politikern respektive an Parteien, neue Formen und Mittel zu finden, um junge Erwachsene in ihrem Alltag zu erreichen.
Das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Demokratie und der politischen Partizipation ist bei den befragten Schülerinnen und Schülern vorhanden. Den jungen Erwachsenen macht es dagegen eher Mühe, die Relevanz der Politik auf ihren Alltag zu beziehen. Als Argument gegen eine Wahlteilnahme wird am meisten angegeben, dass das Parlament für den Alltag keine wichtigen Entscheidungen trifft.
Klassische Kommunikations- und Informationskanäle wie das Radio oder Abstimmungsplakate werden zwar wahrgenommen, sie werden aber nicht als besonders hilfreich empfunden. Die Verabschiedung von mehr und mehr Jungen aus dem „News-Loop“ ist Realität. Obwohl der Bedeutungsverlust klassischer Kanäle aktuell nicht durch eine stärkere Nutzung von Facebook, Twitter und Co. kompensiert wird, sehen hier viele Potenzial für die Zukunft. Um Junge zu erreichen, muss man sie über die Kanäle ansprechen, auf denen sie sich auch aufhalten. Angebote von Absendern wie easyvote oder Influencerinnen und Influencern, die als Peers wahrgenommen werden, sind hier zentral.
Eine tiefe Beteiligungsabsicht an den Wahlen 2019 und die geringe Bereitschaft zum politischen Engagement zeigt auf, dass die politische Partizipation Junger eine Herausforderung darstellt. Die zunehmende News-Deprivation vieler Junger und der fehlende Alltagsbezug verstärken diesen Eindruck. Neben einem gezielten Effort im Bereich der politischen Bildung müssen auch Politiker und Politikerinnen sowie Parteien neue Formen und Mittel finden, um Junge zu erreichen. easyvote nimmt hier eine Vorreiterrolle ein, an der sich weitere politische Akteure orientieren können.
Das Wahljahr 2019 bietet eine gute Gelegenheit, Junge zur Teilnahme am politischen Prozess zu motivieren, und sollte als solche unbedingt wahrgenommen werden. Verglichen mit Abstimmungen ist es jedoch bei Wahlen schwieriger, das Interesse zu wecken, und die Teilnahmebereitschaft ist geringer. Bei Sachentscheiden lässt sich Relevanz vermitteln, während der Fokus auf Person und Partei bei Wahlen nach wie vor weniger verfängt.
Gleichberechtigung und Umweltschutz sind Probleme, die die politische Agenda seit den Sechzigerjahren besetzen. In beiden Themenbereichen macht sich aktuell ein erhöhtes Interesse bemerkbar. Keine Generation verfügte über ein höheres Bildungsniveau als die Jungen heute und keine hatte besseren Zugang zu Informationen über die Konsequenzen politischer Entscheide. Junge engagieren sich da, wo sie persönliche Relevanz erkennen – bei Gleichberechtigung und Umweltschutz ist das zurzeit der Fall.
Die Basis für die Ziehung der 25 zur Befragung eingeladenen, Schulen bildet die offizielle Adressliste der Bildungsinstitutionen (Sekundarstufe II) des Bundesamtes für Statistik aus dem Bildungsjahr 2017/2018. Um möglichst aussagekräftige Resultate zu erhalten, wurden gewisse regionale Schwerpunkte festgelegt, in denen eine minimale Anzahl Schulen befragt werden mussten. Alle Schulen wurden zufällig pro Kanton gezogen, wobei 11 Schulen (zufällig) aus der Liste der teilnehmenden Schulen von 2017 gezogen wurden. Die Resultate der insgesamt 1764 Befragten wurden in einem fünfstufigen Verfahren nach Sprachregion, Schultyp und Geschlecht gewichtet.
Auftraggeber: Projekt easyvote, Dachverband Schweizer Jugendparlamente
Grundgesamtheit: 15- bis 25-Jährige mit Wohnsitz in der Schweiz
Datenerhebung: online
Art der Stichprobenziehung: Klumpenauswahl (Zufallsauswahl der Schulen, Auswahl der Klassen, Befragung aller SchülerInnen der betreffenden Klassen)
Schichtung: Nach ausgewählten Kantonen
Befragungszeitraum: 15.10.–17.11.2018
Befragungsdauer: Mittelwert 22 Minuten 38 Sekunden
Stichprobengrösse: Total Befragte CH N = 1764, n DCH 1073, n FCH 585, n ICH 106
Stichprobenfehler: ±2.4 Prozentpunkte bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit
Quotenmerkmale: Kanton und Schultyp
Gewichtungsverfahren: