Studie im Auftrag der FMH
Im Auftrag der FMH führt gfs.bern seit 2011 eine repräsentative Befragung bei der Spital-ärzteschaft im akutsomatischen Bereich, in der Rehabilitation und der Psychiatrie sowie bei praxisambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten durch. Das Ziel dieser Studie ist es, die Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit in der Schweiz systematisch zu erheben und zu analysieren.
Die zentralen Themen dieser Befragung sind die Arbeitsauslastung und der Dokumentati-onsaufwand, die Versorgungsqualität, die Wartefristen, der Fachkräftemangel sowie eine Bewertung der laufenden Reformen wie beispielsweise „ambulant vor stationär“. Die Un-tersuchungsergebnisse sollen der Politik und den Partnern und Partnerinnen im Gesund-heitswesen erlauben, Entscheidungen basierend auf einer verbesserten Datengrundlage zu fällen. Zudem sollen Bedürfnisse frühzeitig erkannt werden, damit entsprechende Massnahmen ergriffen werden können.
Bei der diesjährigen Befragung haben insgesamt 1’692 Schweizer Ärztinnen und Ärzte teilgenommen. Darunter wurden 1’174 akutsomatische Spitalärztinnen und -ärzte, 94 in psychiatrischen Kliniken tätige Ärztinnen und Ärzte sowie 57 Ärztinnen und Ärzte, welche in Rehabilitationskliniken tätig sind, befragt. Hinzu kommen 367 praxisambulante Ärztinnen und Ärzte. Gesamthaft hat die Beteiligung im Vergleich zum letzten Jahr leicht zugenommen. Sowohl bei der praxisambulant tätigen Ärzteschaft als auch bei den Ärztinnen und Ärzten im Bereich Akutsomatik, Psychiatrie und Rehabilitation beteiligten sich jeweils mehr Personen an der aktuellen Befragung im Vergleich zur Erhebung im letzten Jahr.
Die Befragung fand vom 2. Mai bis 16. Juni 2023 statt.
Der vorliegende Kurzbericht gibt einen Einblick in die zentralen Resultate der Befragungswelle 2023. Einige Grafiken sind dabei interaktiv gestaltet und können auch auf Social Media geteilt werden.
Weitere Details zur Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Kurzberichts.
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Der Fachkräftemangel beschäftigt die Schweiz seit vielen Jahren und in zahlreichen Wirtschaftssektoren. Das Gesundheitswesen wird dabei oft als Beispiel genannt für einen Bereich, wo dieser Mangel besonders eklatant ist. Während dabei oft die Pflege im Vordergrund steht, zeigt die diesjährige Befragung der FMH, dass der Problemdruck auch bei den klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten gross ist – und sich in den letzten zwei, drei Jahren markant erhöht hat.
Der Fachkräftemangel wird bei den Ärztinnen und den Ärzten aus allen vier abgefragten Bereichen (Akutsomatik, Rehabilitation, Psychiatrie, praxisambulante Ärzteschaft) mehrheitlich als Problem wahrgenommen.
Die Beurteilung des ärztlichen Personalbestandes über die Zeit legt dabei nahe, dass sich die Situation insbesondere seit 2020 verschlechtert hat. Im stationären Bereich hat sich diese Entwicklung dabei etwas früher bemerkbar gemacht.
Spätestens seit 2022 ist die Problemwahrnehmung hinsichtlich der künftigen Rekrutierung von genügend Ärztinnen und Ärzten für das hiesige Gesundheitswesen aber auch bei der praxisambulant tätigen Ärzteschaft klar erhöht.
Die schwierige personelle Situation hat gemäss den befragten Ärztinnen und Ärzten klare Folgen. Am deutlichsten wird über alle Gruppen hinweg ein negativer Effekt auf die physische und psychische Gesundheit der Angestellten und auf die Wartezeiten von Patientinnen und Patienten ersichtlich. Eine Verschlechterung der persönlichen psychischen Gesundheit ist zudem über die Zeit sowohl in der Akutsomatik und der Rehabilitation als auch in der praxisambulant tätigen Ärzteschaft und der Psychiatrie zu beobachten. Bei letzterer Gruppe äussert sich dieser Trend besonders stark.
Des Weiteren beobachten Mehrheiten im stationären Bereich vermehrte Kündigungen wegen Überlastung. Fast die Hälfte der Befragten in der Akutsomatik und rund 40 Prozent in der Rehabilitation und in der Psychiatrie berichten zudem, dass in den letzten zwölf Monaten aufgrund des Fachkräftemangels Weiterbildungen gestrichen wurden oder der Umfang an Forschungstätigkeiten abgenommen hat. Zwischen 42 Prozent (Akutsomatik) und 25 Prozent (praxisambulante Ärzteschaft) geben zudem an, dass die Anzahl an Behandlungsfehlern aufgrund der Personalsituation erhöht sei.
Zum heutigen Zeitpunkt geben zwischen 11 Prozent (Akutsomatik) und 25 Prozent (praxisambulant tätige Ärzteschaft) der befragten Ärztinnen und Ärzte an, dass sie ihre kurative Tätigkeit innerhalb der nächsten fünf Jahre wohl aufgeben werden.
Der Anteil der Befragten im stationären Bereich, die dabei das (hohe) Pensum und die langen Arbeitszeiten als Gründe angeben, ist dabei in allen Gruppen ebenso hoch oder deutlich höher als der Anteil jener, die aufgrund ihres Alters ausscheiden bzw. in Pension gehen.
Bei den praxisambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten steckt hinter der Aufgabe der eigenen kurativen Tätigkeit in den allermeisten Fällen der bald anstehende Ruhestand.
Die Versorgungsqualität im stationären Bereich bleibt, gemäss der Einschätzung der befragten Personen, in allen Bereichen mehrheitlich gut. Im Vergleich zum letzten Befragungsjahr ist jedoch im Jahre 2023 der Anteil von jenen, welche die Situation als sehr oder eher gut einschätzen, markant gesunken.
Im Bereich der Psychiatrie ist der Einbruch dramatisch. Nur noch gut die Hälfte der Befragten empfindet da die Versorgungsqualität heute als gut.
In Übereinstimmung, mit der sich jüngst zuspitzenden personellen Situation hat der Anteil derjenigen Befragten, die angeben, dass hohe Arbeitsbelastung und Zeitdruck der Patientenversorgung abträglich sind, insbesondere in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen.
Besonders pointiert ist diese Entwicklung in der Psychiatrie.
Während 2012 noch etwas weniger als die Hälfte der befragten Personen Einbussen bei der Patientenversorgung sahen aufgrund der hohen Arbeitslast, sind es heute 64 Prozent. Auch in der Akutsomatik und bei den praxisambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten ist eine solche Entwicklung zu verzeichnen. Die Ausnahme stellen in diesem Fall die Befragten in der Rehabilitation dar.
Ein relevanter Faktor für die Versorgungsqualität dürfte die Wartezeit für Patientinnen und Patienten auf ihre Behandlungen sein. In der Akutsomatik, in der Rehabilitation sowie bei den praxisambulanten Ärztinnen und Ärzten gibt jeweils eine Mehrheit an, dass die Wartezeiten im Vergleich zur Situation wie sie vor der Corona Pandemie im Jahre 2019 bestanden hat, ungefähr gleich lange sind.
In allen drei Tätigkeitsfeldern sind jedoch auch zwischen 23 und 31 Prozent des Befragtentotals der Meinung, dass sich die Wartezeiten für Patientinnen und Patienten seither verlängert hätten. In der Psychiatrie gibt derweil eine relative Mehrheit von 44 Prozent an, dass sich die Fristen verlängert oder sogar deutlich verlängert hätten.
Praxisambulant tätige Ärztinnen und Ärzte geben an, dass eine Patientin oder ein Patient im letzten Jahr in mehr als einem Drittel der Fälle innerhalb der ersten Woche behandelt wurde. Bei Ärztinnen und Ärzten, die stationär tätig sind, gestaltet sich die Situation hingegen deutlich anders, und die Wartezeiten sind einiges länger.
Dennoch gilt gemäss den Angaben der Befragten im Grundsatz, dass in der Akutsomatik und in der Rehabilitation die meisten Patientinnen und Patienten nach maximal einem Monat einen Termin erhalten. In der Psychiatrie hingegen gibt die Mehrheit an, dass die Wartezeiten bei einem Monat oder mehr lägen.
Eine Mehrheit jener Ärztinnen und Ärzte, die verlängerte Wartezeiten beobachten, sieht klar oder mindestens teilweise negative Folgen dieser Verzögerungen.
Besonders stark bemerkbar macht sich dieser Umstand in der Psychiatrie. In dieser Gruppe ist der Anteil, der klar oder mindestens teilweise negative Folgen bemerkt, bei über 80 Prozent.
Am ehesten wird dabei eine verlängerte Zeit bis zur Genesung beobachtet. Zuweilen hat die lange Wartezeit aber in der Wahrnehmung der Befragten auch zur Folge, dass eine vollständige Genesung nicht mehr möglich ist.
Diese Feststellung, wie auch das Konstatieren einer verkürzten Lebenserwartung tritt aber nur in den wenigsten Fällen in Erscheinung.
(Auswertung Rehabilitation aufgrund geringer Fallzahl nicht ausgewiesen)
Neben den verlängerten Wartezeiten dürfte auch die Wahl des Entlassungszeitpunktes den Grad der Versorgungsqualität beeinflussen. In der Rehabilitation sind 80 Prozent der Gesamtheit der Befragten der Meinung, dass dieser Zeitpunkt in der Regel richtig gewählt würde.
In der Psychiatrie und in der Akutsomatik liegt dieser Wert jedoch deutlich tiefer (um die 50%). Insbesondere in der Akutsomatik sticht dabei der negative Langzeittrend ins Auge.
Trotz der bisher aufgezeigten wenig erfreulichen Trends mit Bezug auf die Versorgungsqualität, beobachtet eine Mehrheit der Befragten, dass in ihrem Arbeitsumfeld nach wie vor alle Patientinnen und Patienten angenommen würden. Es würden die besten Expertisen/Geräte und Präparate zur Verfügung stehen, und alle notwendigen Verfahren würden durchgeführt. In der Akutsomatik sind diese Werte über die letzten zehn Jahre praktisch unverändert geblieben. In der Psychiatrie und teilweise auch in der Rehabilitation lässt sich der gestiegene Problemdruck der letzten zwei Jahre auch bei diesen Fragen herauslesen.
Sowohl in der Akutsomatik als auch in der Rehabilitation und in der Psychiatrie ist der wahrgenommene Spardruck im letzten Jahr deutlich gestiegen. Man nimmt zudem einen erhöhten Fokus im Hinblick auf die Gewinnoptimierung wahr, und Mindestfallzahlen und Sollvorgaben sind – wenn auch auf tiefem Niveau – ein grösseres Thema als in der Vergangenheit.
Bei denjenigen Befragten, die eine Gewinnoptimierung wahrnehmen, ist jedoch nur rund ein Fünftel der Befragten in der Akutsomatik und Psychiatrie der Ansicht, dass die optimale medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten gefährdet ist. Bei der Rehabilitation ist dieser Anteil mit rund der Hälfte deutlich grösser. Angesichts der kleinen Samplegrösse ist dieser Wert jedoch mit Vorsicht zu betrachten.
Eine Mehrheit von 70 Prozent oder mehr der befragten Ärztinnen und Ärzte schätzt den eigenen Spielraum hinsichtlich der Art und Weise der Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten als gross oder eher gross ein. Seit 2021 hat dieser Anteil in der Tendenz in der Psychiatrie, in der Rehabilitation sowie bei den praxisambulanten Ärztinnen und Ärzten eher abgenommen.
Der Patient beziehungsweise die Patientin in eigener Person sind – neben den vorgesetzten Ärzten – nach wie vor die wichtigsten Entscheidungsträger beziehungsweise Entscheidungsträgerinnen, wenn es um die Art und Weise der Behandlung geht. In der Tendenz verlieren jedoch beide Gruppen über die letzten Jahre an Entscheidungsmacht.
Stattdessen gewinnen (auf tiefem Niveau) Akteure und Akteurinnen, die weniger eine kurative und vermehrt eine Management-Perspektive haben: Namentlich sind dies etwa die Verwaltung oder Geschäftsführung eines Spitals, die Krankenkassen oder auch die Stationsleitung. Auch der zuständigen Pflege werden mehr Mitsprachemöglichkeiten zugeschrieben.
Eine Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte in der Akutsomatik ist grundsätzlich einverstanden mit dem Umstand, dass das BAG Listen ambulant vor stationär macht. Nach einer gewissen Findungsphase in den Jahren zwischen 2018 und 2020 hat sich die Zustimmung zu diesem Vorgehen seither kaum mehr verändert.
Ähnlich verhält es sich mit der Meinung zur bisher konkret formulierten BAG-Liste: Das Meinungsbild hat sich seit ihrer Einführung im Jahre 2018 etwas zugunsten der Liste konkretisiert. Heute ist eine (relative) Mehrheit mit dem Status quo mindestens eher einverstanden.
Jene Ärztinnen und Ärzte, die bereits Eingriffe, welche auf der aktuellen Liste des BAG zu finden sind, durchgeführt haben, sind dieser gegenüber relativ positiv eingestellt. Fast 50 Prozent sind der Meinung, dass diese sich insgesamt bewährt habe.
Einer Ausweitung der aktuellen Liste des BAG steht aber eine Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte der Akutsomatik insgesamt kritisch gegenüber.
Die durchschnittliche Anzahl Minuten, die Ärztinnen und Ärzte in der Akutsomatik jeden Tag mit Dokumentationsarbeiten im Zusammenhang mit dem Patientendossier verbringen (2023: 114 min), bleibt im Vergleich zu 2022 (111 min) aus hohem Niveau weitgehend konstant. Das gilt auch für die Psychiatrie. Was stattdessen leicht ansteigt, ist der Anteil der Zeit, die Ärztinnen und Ärzte mit organisatorischen Arbeiten (wie z.B. Korrespondenz oder sonstige administrative Tätigkeiten) verbringen.
In der Rehabilitation bleibt (im Vergleich zu den Jahren vor Corona) sowohl der Anteil medizinischer, patientennaher Tätigkeiten als auch der Anteil ärztlicher Dokumentationsarbeiten erhöht.
Im Vergleich zum letzten Jahr ist hier jedoch eher wieder eine Abnahme zu beobachten.
Leicht mehr Zeit wird in den letzten beiden Jahren über alle drei abgefragten Tätigkeitsbereiche auch wieder für die eigene Aus- und Weiterbildung aufgewendet. Eine mögliche Erklärung dieses Umstands im Kontext vermehrter Streichungen von Aus- und Weiterbildungen ist die folgende. Wegen der Covid-Pandemie wurden Aus- und Weiterbildungen teilweise verzögert oder verschoben. Ein gewisser (aufgrund von Vorgaben auch zwangsweiser) Aufholeffekt zeichnet sich hier ab, und das obwohl vermehrt Aus- und Weiterbildungen gestrichen wurden.
Problemdruck durch Fachkräftemangel spitzt sich zu
Das Gesundheitswesen wird oftmals exemplarisch beigezogen, wenn es darum geht, den Problemdruck und die Folgen des Fachkräftemangels in der Schweiz zu illustrieren. Die in ihrem Arbeitsumfeld von einem solchen Mangel direkt betroffenen Ärztinnen und Ärzte sind sich dabei über alle Tätigkeitsbereiche hinweg einig darüber, dass die Situation – in der Tat – problematisch oder sogar sehr problematisch ist. Die Sorge, dass auch in Zukunft genügend Ärzte und Ärztinnen für eine optimale Behandlung rekrutiert werden können, spitzt sich in den letzten Jahren merklich zu.
Zwischen 11 Prozent (Akutsomatik) und 25 Prozent (praxisambulante Ärzteschaft) der aktuell tätigen Ärzteschaft geht davon aus, dass sie ihre kurative Tätigkeit innerhalb der nächsten fünf Jahre aufgeben wird. Bei den praxisambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten liegt das effektiv bei den meisten am bald anstehenden Ruhestand. In allen anderen Bereichen sind jedoch das (hohe) Pensum und die (langen) Arbeitszeiten ebenso zentral oder sogar noch wichtigere Gründe.
Versorgungsqualität und Gesundheit der Angestellten
Aus der Personalsituation ergeben sich Folgen für die Angestellten wie auch für die Patientinnen und Patienten. Die Trendauswertungen teils langjähriger Indikatoren zeigen diese Entwicklungen klar auf. Zum einen rechnen klare Mehrheiten der Befragten aus allen Gruppen mit einer Verschlechterung der physischen und psychischen Gesundheit der Angestellten, mit längeren Wartezeiten für Patientinnen und Patienten oder mit vermehrten Kündigungen. Während die persönliche Wahrnehmung der psychischen Gesundheit bei allen Befragten über die Zeit merklich abnimmt, äussert sich dieser Trend in der Psychiatrie sowohl in puncto physischer als auch psychischer Gesundheit besonders stark. Die Befragten rechnen aber auch auf der Seite der Versorgungsqualität mit Einbussen – etwa weil Weiterbildungen oder Forschungstätigkeiten wegfallen oder sich die Anzahl von Behandlungsfehlern erhöht.
Die Versorgungsqualität im stationären Bereich bleibt, gemäss der Einschätzung der befragten Personen, in allen Bereichen zwar mehrheitlich gut. Im Vergleich zum letzten Befragungsjahr ist jedoch im Jahr 2023 der Anteil von jenen, welche die Situation als sehr oder eher gut einschätzen, markant gesunken, wobei der Einbruch in der Psychiatrie dramatisch ist. Nur noch gut die Hälfte der Befragten empfindet da die Versorgungsqualität heute als gut. Das Thema längerer Wartezeiten ist in allen abgefragten Bereichen präsent. Wirklich dringlich ist die Situation jedoch insbesondere in der Psychiatrie.
Ärztliche Behandlungsfreiheit
Trotz eines spürbar grösseren Brennpunktes im Bereich der Versorgungsqualität halten die Befragten fest, dass in den allermeisten Fällen weiterhin alle notwendigen Verfahren durchgeführt, alle Patientinnen und Patienten angenommen und die besten Geräte und Präparate eingesetzt werden. In der Akutsomatik hat sich an diesen Werten in den letzten Jahren wenig verändert. In der Psychiatrie und in der Rehabilitation geraten jedoch auch diese Grundpfeiler der Versorgung unter Druck. Stattdessen wird vermehrt von Sparvorgaben, Gewinnoptimierung oder Sollvorgaben – respektive Mindestfallzahlen berichtet, wobei jeweils eine kleine Minderheit der Befragten der Ansicht ist, dass eine wirtschaftliche Gewinnoptimierung eine optimale medizinische Versorgung der Patienten und Patientinnen verunmöglicht.
Reformen im Gesundheitswesen
Viel Offenheit ist gegenüber folgender Reform des Gesundheitswesens zu beobachten: ambulant vor stationär. Die Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte in der Akutsomatik ist mit dieser Reform im Grundsatz einverstanden – einer Ausweitung steht man aber dennoch kritisch gegenüber.
Zeitaufwand
Die durchschnittliche Anzahl Minuten, die Ärztinnen und Ärzte in der Akutsomatik jeden Tag mit Dokumentationsarbeiten im Zusammenhang mit dem Patientendossier verbringen, bleibt im Vergleich zu 2022 weitgehend konstant. Was stattdessen leicht ansteigt, ist der Anteil der Zeit, die Ärztinnen und Ärzte mit organisatorischen Arbeiten (wie z.B. Korrespondenz oder sonstige administrative Tätigkeiten) verbringen. Während damit die Transition im Behandlungsalltag aufgrund der Einführung der Fallpauschalen fürs erste abgeschlossen sein könnte (mindestens in der Akutsomatik), ist es gut möglich, dass sich – nicht zuletzt auch aufgrund des Fachkräftemangels – neue organisatorische und administrative Aufwände bemerkbar machen, die Kapazität von der Arbeit am Patienten wegnehmen.
Projektname: Befragung zum ärztlichen Arbeitsumfeld im Auftrag der FMH
Auftraggeberin: FMH
Verantwortliches Institut: gfs.bern
Projektleitung: Lukas Golder (Co-Leiter), Cloé Jans (Leiterin Operatives)
Datenanalyse und -aufbereitung: Sophie Schäfer (Junior Data Scientist), Alessandro Pagani (Wissenschaftlicher Mitarbeiter), Daniel Bohn (Projektmitarbeiter)
Erhebungsart: Online (inkl. Befragung durch physischen Fragebogen n = 182)
Befragungszeitraum: 2. Mai – 16. Juni 2023
Befragungsgebiet: ganze Schweiz
Grundgesamtheit: Schweizer Ärzteschaft
Stichproben-Art: geschichtete Zufallsauswahl, Quotenkontrolle
Stichprobengrösse: N = 1692, (Akutsomatik n = 1174, Psychiatrie n = 94, Rehabilitation n = 57, Praxisambulant n = 367)
Gewichtung: designgewichtet
Stichprobenfehler: ± 1.9 Prozent bei 50/50