Wegen Corona: Neue Profilierungschancen, aber kurzfristige Einbusse beim Profil

Die Pandemie lockt zur Ärzteschaft und die Abgeltungen für Dienstleistungen werden kritisch betrachtet

pharmaSuisse

Im Auftrag von pharmaSuisse führte gfs.bern Anfang 2021 zum achten Mal eine Befragung der Schweizer Bevölkerung durch.

Die aktuelle Untersuchung setzt ihren Themenschwerpunkt auf die Wahrnehmung der Rolle von Apothekern und das Vertrauen in sie, die Untersuchung der Wahrnehmung von und Interesse an Angeboten und Dienstleistungen von Apotheken sowie die Analyse der Issues, die mit Apotheken in Zusammenhang gebracht werden.

Befragt wurden in diesem Jahr 1001 Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz ab 18 Jahren, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind. Der Apothekenmonitor wurde im Jahr 2014 in vergleichbarer Form erstmals durchgeführt und danach jährlich wiederholt. 2020 wurde der Fragebogen gekürzt.

 

 

Hintergrund der Studie: Der Stellenwert der Schweizer Apotheken wurde mit der Revision des Heilmittelgesetzes und jener des Medizinalberufgesetzes erhöht. Auch technologische Neuerungen haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Das Fachwissen der Schweizer Apothekerinnen und Apotheker wird besser denn je ausgeschöpft. Damit ist die Apotheke heute nicht nur ein wichtiges Bindeglied in der Kette der Gesundheitsversorger, sondern auch medizinischer Erstversorger und idealer Ort für Präventionsarbeit, die sich an die gesunde Bevölkerung wendet. Die Fortschritte in dieser neuen Positionierung gegenüber der breiten Öffentlichkeit werden mit dieser Studie regelmässig erhoben.

Details zur Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.

Corona-Pandemie

Die Zufriedenheit mit den Apotheken während der Corona-Krise ist bei der Schweizer Bevölkerung hoch. 94 Prozent waren eher/sehr zufrieden mit den getroffenen Schutzmassnahen in ihren Apotheken, wobei die Deutschschweizerinnen und -schweizer gemeinsam mit der italienischsprachigen Schweiz (je 91% eher/sehr zufrieden) etwas zufriedener waren als die französischsprachige Bevölkerung (79%). 77 Prozent wurden in Bezug auf die Pandemie eher/sehr gut beraten.

 

Auch hier zeigt der genauere Blick auf die Daten Unterschiede in den Sprachregionen: Die deutschschweizerische sowie italienischsprachige Bevölkerung fühlen sich mit 83 respektive 82 Prozent eher/sehr gut beraten, während bei der französischsprachigen Bevölkerung 58 Prozent eher/sehr zufrieden sind. 31 Prozent der Romands sind eher/sehr unzufrieden mit der Beratung.

Neuigkeiten zu Apotheken

Dieses Jahr konnten sich 28 Prozent der befragten Einwohnerinnen und Einwohner an Neuigkeiten zu Apotheken erinnern. Dies sind 15 Prozentpunkte mehr als 2020. Letztes Jahr wurden die Themen „Struktur der Apothekenlandschaft“ sowie „Dienstleistungen von Apotheken“ wahrgenommen. Dieses Jahr sind es weiterhin die Dienstleistungen (18%), von denen die Befragten etwas gehört, gelesen oder gesehen haben. Die grosse aktuelle Rahmung betrifft eindeutig Corona. Zurzeit werden in diesem Zusammenhang offenbar am ehesten Impfungen erinnert.

Mit 43 Prozent waren es die Impfungen, die von der Schweizer Bevölkerung wahrgenommen wurden. Obwohl es dabei nicht explizit nur um Corona-Impfungen ging, ist anzunehmen, dass vor allem die Diskussion rund um die Verabreichung solcher Impfungen in den Apotheken die Aufmerksamkeit der Befragten gewann. Die Impfungen sind mit 34 Prozent auch das wichtigste Thema für die Befragten, die im vergangenem Jahr etwas von den Apotheken mitbekommen haben. Bei einer Befragung vor der zweiten Pandemie-Welle wären wohl die Covid-Schnelltests deutlicher im Vordergrund gestanden. Auch sie wurden aber relativ breit wahrgenommen.

Mittels Kreisdiagramm wird noch deutlicher, wie fest die Impfungen und coronabezogene Themen in Bezug auf Apotheken im letzten Jahr bei der Bevölkerung dominiert haben. Konkrete Nennungen der offenen Frage waren beispielsweise „A part le covid qui pouvait donner les vaccinations dans le pharmacies“ oder „Corona-Abstriche machen“.

Aussagen zu Apotheken

Verschiedene Aussagen zu Apotheken in der Schweiz wurden den befragten Einwohnerinnen und Einwohnern vorgelegt, die sie dann bestätigen oder ablehnen konnten. Weiterhin sind die Apotheken bei einer Mehrheit von 82 Prozent die erste Anlaufstelle zur Erklärung der Anwendung und der Risiken von Medikamenten. 85 Prozent der Befragten sind eher/sehr einverstanden mit dem Argument, dass Apotheken gesundheitliche Probleme unkompliziert lösen und damit Kosten im Gesundheitswesen sparen. Eine rückläufige Tendenz ist festzustellen bei den Argumenten „Apotheken dürfen für Medikamenten-Verschreibungen ohne Arzt eine Entschädigung verrechnen“ sowie „Apotheken sollen für Abgabe von vom Arzt verschriebenen Medikamenten einen Tarif verlangen dürfen“. Beim Argument über die Entschädigung bei Medikamenten-Verschreibungen sinkt die Zustimmung um 21 Prozentpunkte auf 45 Prozent; bei demjenigen über den Tarif bei Abgabe von verschriebenen Medikamenten sinkt sie um 7 Prozentpunkte auf 31 Prozent. Auch das Argument „Apotheken sollen für Beratungen ohne Medikamenten-Abgabe eine Entschädigung

verrechnen dürfen“ bleibt mit 33 Prozent eher/sehr einverstandenen Befragten bei einer Minderheit. Somit lässt sich feststellen, dass die Bevölkerung der Verrechnung von einer unabhängigen Beratungsleistung in Apotheken gegenüber eher skeptisch eingestellt ist. Das bestätigt auch die erhöhte Zustimmung um 19 Prozentpunkte bei der Aussage, dass der Beratungszuschlag Abzockerei sei (66%). Vor allem die über 65-Jährigen stimmen diesem Argument mit 76 Prozent eher/sehr zu, gefolgt von den 40- bis 64-Jährigen mit 67 Prozent. Bei der jüngsten Alterskohorte (bis 39 Jahre) stimmen dieser Aussage 58 Prozent zu.

Nach wie vor geht die Bevölkerung lieber selbst in die Apotheke als Medikamente online zu bestellen: Lediglich 26 Prozent sind eher/sehr mit der Aussage einverstanden, dass der Online-Verstand praktischer sei. Bei den 18- bis 39-Jährigen sind es 25 Prozent, 29 Prozent bei der mittleren Alterskohorte und 22 Prozent bei den über 65-Jährigen eher/sehr einverstandenen mit diesem Argument.

Vertrauen in Apotheken als Erstanlaufstelle

Bei leichten Gesundheitsstörungen, wie Erkältungen oder Kopfschmerzen, verzichten 40 Prozent der befragten Bevölkerung auf eine Beratung, z.B. durch eine Gesundheitsfachperson. 20 Prozent wenden sich an die Ärztin/den Arzt, je 16 Prozent konsultieren Freunde und Bekannte oder gehen in die Apotheke (-4 Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Befragung). Die Profilierung der Apotheke

als Erstanlaufstelle war im Corona-Kontext erschwert. Es ist möglich, dass leichte Symptome wie Kopfschmerzen oder Husten seit der Pandemie mit dem Coronavirus assoziiert werden und vorsichtshalber lieber die Ärztin/der Arzt konsultiert wird, um eine Ansteckung auszuschliessen. Vor allem Personen mit tiefer Schulbildung (53%) gehen bei leichten Symptomen eher zum Arzt.

Weiterhin besteht eine sehr solide Vertrauensgrundlage in die Apotheken als mögliche Erstanlaufstelle: Praktisch umfassende 92 Prozent (+2 Prozentpunkt) vertrauen ihnen. Damit gehören Apotheken unverändert zur Spitzengruppe, wenn es um eine mögliche Erstanlaufstelle bei einer Krankheit mit normalem Verlauf geht. Das Vertrauen in verschiedene Akteure des Gesundheitswesens und dem Internet als Erstanlaufstelle bei Krankheiten mit normalem Verlauf ist insgesamt unterschiedlich stark ausgeprägt.

Nachdem das Vertrauen in spezialisierte Ärztinnen und Ärzte sowie in die Notfallstellen im Spital in den letzten drei Jahren gesunken ist, erleben diese Gesundheitsfachpersonen einen

Vertrauensgewinn vonseiten der Bevölkerung: 96 Prozent (+29 Prozentpunkte) vertrauen eher/sehr auf die Betreuung durch eine Spezialistin/einen Spezialisten, 92 Prozent (+37 Prozentpunkte) vertrauen auf die Notfallstationen im Spital.Das Vertrauen in Drogerien als Beratungsstelle ist wie auch im Vorjahr minderheitlich vorhanden mit 45 Prozent. Ein Plus von 12 Prozentpunkten gibt es bei Personen, die dem Internet eher/sehr vertrauen. Trotzdem ist es der Kanal, indem die Befragten am wenigsten Vertrauen haben. Es gibt aber einen Generationenunterschied: 37 Prozent der jüngsten Altersgruppe vertrauen dem Internet eher/sehr, während es bei den 40- bis 64-Jährigen 31 Prozent und bei den über 65-Jährigen gerade einmal 16 Prozent sind.

Mithilfe einer multivariaten Regression wurde ermittelt, welche Faktoren einen Einfluss auf das Vertrauen in Apotheken ausüben. Dafür wurden Einstellungen zu Apotheken, Verhaltensmuster und verschiedene angebotene Dienstleistungen in das statistische Modell miteinbezogen und mit dem Vertrauen in Bezug gesetzt. Mit einem eher tieferen Erklärungswert von 11 Prozent können aus dem Regressionsmodell Tendenzen herausgelesen werden. Andere, hier unbekannte Faktoren, können jedoch ebenfalls eine Rolle beim Vertrauen in Apotheken spielen.

Die gute Verfügbarkeit von Apotheken ist der stärkste Faktor, der sich positiv auf das Vertrauen in Apotheken auswirkt: So zeigt sich, dass je stärker man der Meinung ist, dass Apotheken

eine unkomplizierte und kostensparende Lösung seien, desto höher ist das Vertrauen in sie. Als Kontrast sinkt allerdings das Vertrauen, je mehr man der Ansicht ist, dass Apotheken mit teuren Medikamenten verdienen.

Die Kenntnis der Dienstleistung der Zeckenschutzimpfung wirkt positiv auf das Vertrauen. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Apotheken auch im Corona-Kontext als Anbieter von Impfdienstleistungen geschätzt sind.

Das Vertrauen in Apotheken wird wiederum gestärkt, wenn man sie als erst Anlaufstelle zur Erklärung der Anwendung und der Risiken von Medikamenten betrachtet, was bei 82 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohnern der Fall ist.

Dienstleistungen von Apotheken: Bekanntheit und Interesse

Die bekanntesten Angebote sind 2021 die Abgabe von Generika (88%, -3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2020), Beratungsdienstleistungen ohne Voranmeldung (80%, -2 Prozentpunkte), abgeschirmte Beratungszonen (71%, +8 Prozentpunkte) sowie das Vorbereiten einer Medikamentendosierbox (68%, +14 Prozentpunkte). Während das Thema Impfungen in Kombination mit Apotheken dieses Jahr häufig von der Bevölkerung wahrgenommen wurde, glauben 32 Prozent, also 6 Prozentpunkte weniger, dass diese Dienstleistung in ihrer Apotheke angeboten wird. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Corona-Impfungen zurzeit nur über die Impfzentren verabreicht werden. Umgekehrt schreitet die Profilierung der Beratungsdienstleistungen vor allem bei den abgeschirmten Beratungszonen voran. An diesem direkt auch in der Apotheke sichtbaren Angebot zeigt sich am ehesten ein funktionierender Teil der Neupositionierung der Apotheken.

Ein besonders hoher Anstieg ist bei der Bekanntheit von der Dienstleistung „Abgleich der aktuellen Medikamente“ (56%, +25 Prozentpunkte) sowie „Erarbeitung und Aktualisierung von einem Medikationsplan“ (52%, +25 Prozentpunkte) festzustellen. Beide Dienstleistungen sind vor allem bei den über 65-Jährigen unbekannt: 53 Prozent denken, dass der Medikamenten-Abgleich nicht in ihrer Apotheke angeboten wird respektive

wissen dies nicht. Zum Vergleich: Bei der jüngsten Alterskohorte sind es gerade einmal 37 Prozent. 65 Prozent der über 65-Jährigen wissen zudem nicht, dass Apotheken einen Medikationsplan erarbeiten. Bei den 18- bis 39-Jährigen sind dies lediglich 39 Prozent.

Die telefonische Bestellung und Lieferung von Medikamenten ist 62 Prozent der Bevölkerung bekannt. Alle anderen Dienstleistungen und Angebote sind den Einwohnerinnen und Einwohnern nicht mehrheitlich bekannt.

Die Beratung in Apotheken ohne Voranmeldung ist nach wie vor das interessanteste Angebot für die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz. Während die abgeschirmten Beratungen sowie die Abgleiche der Medikamente bei der letzten Befragung an Beliebtheit verloren haben, steigt sie dieses Jahr bei beiden wieder an: 81 Prozent (+10 Prozentpunkte) sind ziemlich/sehr an abgeschirmten Beratungen interessiert, 77 Prozent (+12 Prozentpunkte) an Abgleichen der aktuellen Medikamenteneinnahmen.

Die telefonische Bestellung und Lieferung von Medikamenten stösst bei 71 Prozent auf Interesse. Therapiebegleitungen bei chronischen Krankheiten (42%, -22 Prozentpunkte) sowie Behandlung von Krankheiten (41%, -20 Prozentpunkte) verlieren gegenüber dem Vorjahr an Interesse.

Erste Leseweise

Kurzfristiger Vertrauensknick wegen Corona

Seit Ausbruch der Pandemie werden Apotheken bei der Schweizer Bevölkerung vermehrt wahrgenommen. Das hat mit Corona und aktuell vor allem mit den Diskussionen rund um Impfungen zu tun. Allerdings bringt die Unsicherheit, die das Virus mit sich bringt, die Einwohnerinnen und Einwohner dazu, bei Erkältungssymptomen eher den Arzt/die Ärztin konsultieren und erst als zweite Anlaufstelle die Apotheken aufsuchen. Noch konnten sich die Apotheken in der Pandemie-Bekämpfung nicht mit Dienstleistungen profilieren. Dafür bleiben die Apotheken die erste Anlaufstelle für die Beratung von Medikamenten. Die Profilierung von Beratungsdienstleistungen schreitet voran. Abgeschirmte Beratungszonen sind immer bekannter und das Interesse daran ist wieder grösser geworden.

Skepsis gegenüber Abgeltungen für Dienstleistungen

Über Abgeltung für Dienstleistungen von Apotheken macht sich Skepsis breit. Während eine Mehrheit letztes Jahr damit einverstanden war, dass direkte Medikamenten-Abgaben verrechnet werden, gibt es dieses Jahr keine mehrheitliche Zustimmung für irgendwelche Dienstleistungsabgeltungen, sofern die Apotheke nicht unabhängige Beratungen leistet. Das Image der Apotheken als unkomplizierte und kostensparende Beraterin ist weit verbreitet. Die Vorstellung von zusätzlichen Verrechnungen scheint mit diesem Bild jedoch nicht zu passen.

Vertrauen in Internet bleibt klein

Egal ob Online-Kauf von Medikamenten oder das Internet als Anlaufstelle bei Gesundheitsstörungen: Das Vertrauen der Bevölkerung bleibt in erster Linie bei den Gesundheitsfachpersonen.

Corona bietet auch Profilierungschancen

Corona verschiebt zurzeit Wahrnehmungen – das äussert sich auch im Verhalten der Bevölkerung im Gesundheitswesen. Für die Apotheken und ihre Kommunikation bietet sich hier die Chance, vermehrt auf die neuen Dienstleistungen „testen“ und „impfen“ zu setzen und sich so als kompetente Beraterin in der Krisenzeit zu profilieren.

Methodische Details

Auftraggeber: pharmaSuisse

Grundgesamtheit: Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz ab 18 Jahren, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind

Befragungsgebiet: ganze Schweiz

Datenerhebung: telefonisch, computergestützt (CATI), RDD/Dual Frame (20% Mobil)

Art der Stichprobenziehung: Stichprobenplan nach Gabler/Häder für RDD/Dual Frame

Stichprobengrösse: Total Befragte N = 1001 (DCH: 700, FCH: 241, ICH: 60)

Fehlerbereich: ± 3.1 Prozentpunkte bei 50/50 (und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit)

Gewichtung: nach Sprache

Befragungszeitraum: 25. Januar bis 20. Februar 2021 (mittlerer Befragungstag: 04. Februar 2021)

Mittlere Befragungsdauer: 18.2 min, Standardabweichung 11 min