pharmaSuisse
Team: Lukas Golder Daniel Bohn
Im Auftrag von pharmaSuisse führte gfs.bern Anfang 2020 zum siebten Mal eine Befragung der Schweizer Bevölkerung durch. Der Apothekenmonitor wurde im Jahr 2014 in vergleichbarer Form erstmals durchgeführt und danach jährlich wiederholt. 2020 wurde der Fragebogen gekürzt.
Die aktuelle Untersuchung setzt ihren Themenschwerpunkt auf die Wahrnehmung der Rolle von Apothekern und das Vertrauen in sie, die Untersuchung der Wahrnehmung von und Interesse an Angeboten und Dienstleistungen von Apotheken sowie die Analyse der Issues, die mit Apotheken in Zusammenhang gebracht werden.
Befragt wurden in diesem Jahr 1002 Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz ab 18 Jahren, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind.
Der Stellenwert der Schweizer Apotheken wurde mit der Revision des Heilmittelgesetzes und jener des Medizinalberufgesetzes erhöht. Auch technologische Neuerungen haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Das Fachwissen der Schweizer Apothekerinnen und Apotheker wird besser denn je ausgeschöpft. Damit ist die Apotheke heute nicht nur ein wichtiges Bindeglied in der Kette der Gesundheitsversorger, sondern auch medizinischer Erstversorger und idealer Ort für Präventionsarbeit, die sich an die gesunde Bevölkerung wendet.
Zur Einordnung der Ergebnisse ist zu erwähnen, dass die Befragung durchgeführt wurde, als das Coronavirus bereits in China ausgebrochen war, jedoch bevor in Italien und dem restlichen Europa die Anzahl an Corona-Fällen rasant angestiegen ist.
Weitere Details zur Befragungsmethode finden sich in der Infobox am Ende des Cockpits.
Dieses Jahr konnten sich 13 Prozent der befragten Einwohnerinnen und Einwohner an Neuigkeiten zu Apotheken erinnern. Dies sind 10 Prozentpunkte weniger als 2019. Anders als im Vorjahr, in dem das Thema „Aufhebung der Rezeptpflicht“ die Erinnerungen der Befragten dominierte, werden dieses Jahr Neuigkeiten rund um die Themen „Struktur der Apothekenlandschaft“ sowie „Dienstleistungen von Apotheken“ am häufigsten erinnert.
Dabei wurden Äusserungen gemacht, die sich z.B. auf Übernahmen von Apotheken durch grosse Konzerne und Internetapotheken oder auf Apothekendienstleistungen, wie Beratungen und Impfungen, beziehen. Die Neuigkeiten, die am positivsten aufgenommen wurden, waren Werbungen und Apothekerzeitungen. Neuigkeiten rund um die Struktur der Apothekenlandschaft wurden am negativsten eingestuft.
Verschiedene Aussagen zu Apotheken in der Schweiz wurden den befragten Einwohnerinnen und Einwohnern vorgelegt. Dabei wurden dieses Jahr drei Argumente zum ersten Mal abgefragt. Diese haben unterschiedlich starke Zustimmung von der Bevölkerung erhalten. Während das neue Argument über die Verrechnung von Entschädigungen für direkte Medikamenten-Verschreibungen ohne Arzt (66% „eher/sehr einverstanden“) mehrheitliche Zustimmung in der Bevölkerung erhält, ist bei den Argumenten, dass Apotheken für die Abgabe von vom Arzt verschriebenen Medikamenten einen Tarif verlangen (38%) und dass Apotheken für Beratungen ohne Medikamenten-Abgabe eine Entschädigung verrechnen dürfen (28%) keine mehrheitliche Unterstützung festzumachen. Für die Bevölkerung scheint es bei der Zahlung von Zuschlägen eine Rolle zu spielen, ob eine Behandlung komplett in der Apotheke erbracht wurde oder nur teilweise. Dies wird besonders bei der jüngsten Altersgruppe ersichtlich.
Unter den bereits in den Vorjahren abgefragten Aussagen werden erneut die Argumente am stärksten geteilt, die besagen, dass die Apotheke die erste Anlaufstelle zur Erklärung von Medikamenten (80%) sei sowie als unkomplizierte Lösung, die Kosten spart (77%), gelte.
Die Argumente, dass der Beratungszuschlag Abzockerei sei (47%), Apotheken an teuren Medikamenten verdienen (46%) und Dienstleistungen nach dem Verursacherprinzip entschädigt werden sollen (45%), werden dieses Jahr nicht mehr mehrheitlich unterstützt. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den 18-39- und Über-40-Jährigen: Erstere finden eher, dass der Beratungszuschlag Abzockerei sei und die Apotheken an teuren Medikamenten verdienen. Die Über-40-Jährigen stimmen hingegen dem Verursacherprinzip stärker zu.
Am meisten an Befürwortung eingebüsst hat im Vergleich zum Vorjahr das Argument, dass der Medikamenten-Bezug beim Arzt einfacherer und sicherer sei. Ganze 17 Prozentpunkte weniger stimmen dem 2020 zu, aktuell sind es 33 Prozent. In der französischsprachigen Schweiz wird dieses Argument jedoch noch deutlich stärkere Unterstützung (45%).
Ebenfalls an Zustimmung verloren hat das Argument, dass der Online-Versand praktischer als der Gang in die Apotheke sei (22%, -6%-Punkte im Vergl. zu 2019), wobei bei den 18-39-Jährigen der Anteil an Zustimmung deutlich höher ist (44%).
Bei leichten Gesundheitsstörungen, wie Erkältungen oder Kopfschmerzen, verzichtet knapp die Hälfte der befragten Bevölkerung auf eine Beratung, z.B. durch eine Gesundheitsfachperson. Seit 2017 lässt sich dabei ein ansteigender Trend hin zu weniger Beratung feststellen (2017: 35%, aktuell: 49%).
Unter denjenigen, die sich beraten lassen, sind die Apothekerinnen und Apotheker seit Befragungsbeginn 2014 die Hauptansprechpersonen, wenn es um Auskünfte bei leichten Gesundheitsstörungen geht. 20 Prozent wenden sich dabei an eine Apotheke.
Vor zwei Jahren betrug dieser Anteil noch 25 Prozent. Es scheint, dass die Apotheken hier noch kein hinreichendes Mittel gefunden haben, um ihre Rolle und Präsenz als erste Vertrauens- und Beratungsstelle bei leichten Gesundheitsbeschwerden zu stärken.
Daneben werden, wie in den Jahren zuvor, Ärztinnen und Ärzte am zweihäufigsten konsultiert (17%). Dieser Wert hält sich seit 2014 relativ stabil. Rund ein Zehntel der Befragten wendet sich mit Fragen zu leichten Gesundheitsbeschwerden an Freunde, Bekannte oder Verwandte, davon am ehesten die Unter-40-Jährigen (14%). Andere Gesundheitsfachpersonen oder Medien werden nur vereinzelt um Rat gefragt bzw. für Informationen konsultiert.
Das Vertrauen in verschiedene Akteure des Gesundheitswesens und Medien als Erstanlaufstelle bei Krankheiten mit normalem Verlauf ist unterschiedlich stark ausgeprägt.
Dieses Jahr ist ein verstärkter Rückgang des Vertrauens als Erstanlaufstelle bei vier von sechs Anlaufstellen festzumachen. Der dabei seit einigen Jahren vorherrschende Abwärtstrend hat sich dieses Jahr noch ausgeprägter zu erkennen gegeben. Dies betrifft vor allem spezialisierte Ärztinnen und Ärzte (-20%-Punkte, aktuell 67% „vertraut eher/sehr“), den Notfall von Spitälern (-24%-Punkte, aktuell 54%), Drogistinnen und Drogisten (-14%-Punkte, aktuell 42%) und das Internet (-4%-Punkte, aktuell 18%).
Generationenunterschiede gibt es bei Letzterem: Das Vertrauen in das Internet der jüngsten Altersgruppe (29%) ist deutlich höher, als das der ältesten (8%).
Die Apotheke ist die einzige Anlaufstelle, die einen leichten Vertrauenszuwachs im Vergleich zum Vorjahr erlebt hat. Aktuell sagen 90 Prozent der Bevölkerung, dass sie der Apotheke als Erstanlaufstelle eher bis sehr vertrauen (+3%-Punkte, noch im Standardfehlerbereich von ± 3.2 %-Punkten).
Das höchste Vertrauen geniessen immer noch die Hausärztinnen und –ärzte mit 94 Prozent. Dieser Wert ist gleich hoch wie im Vorjahr.
Mithilfe einer multivariaten Regression wurde ermittelt, welche Faktoren einen Einfluss auf das Vertrauen in Apotheken ausüben. Dafür wurden Einstellungen zu Apotheken, Verhaltensmuster und verschiedene angebotene Dienstleistungen in das statistische Modell miteinbezogen und mit dem Vertrauen in Bezug gesetzt. Mit einem eher tieferen Erklärungswert von 15 Prozent können aus dem Regressionsmodell Tendenzen herausgelesen werden. Andere, hier unbekannte Faktoren, können jedoch ebenfalls eine Rolle beim Vertrauen in Apotheken spielen.
Heraus kamen lediglich Faktoren, die sich signifikant positiv auf das Vertrauen in Apotheken auswirken.
Die gute Verfügbarkeit von Apotheken ist hierbei der stärkste Faktor: So zeigt sich, dass je stärker man der Meinung ist, dass Apotheken eine unkomplizierte und kostensparende Lösung seien, desto höher ist das Vertrauen in sie.
Ebenfalls wirkt sich der Besuch derselben Apotheke positiv auf das Vertrauen in Apotheken aus, was fast 80 Prozent der befragten Einwohnerinnen und Einwohner meistens tun.
Daneben üben auch Beratungsleistungen eine wichtige Rolle auf das Vertrauen in Apotheken aus, was darauf schliessen lässt, dass diese ein Kernelement des Vertrauens in Apotheken bilden: Je mehr nämlich die Meinung vertreten wird, dass die Apotheke die erste Anlaufstelle zur Erklärung von Medikamenten sei, desto stärker ist das Vertrauen in sie. Das Vertrauen in Apotheken steigt ebenfalls, je eher die Meinung geteilt wird, dass Apotheken für Beratungen ohne Medikamente abzugeben eine Entschädigung verrechnen dürfen. Dasselbe gilt für die Verrechnung eines Tarifs für das Abgeben von vom Arzt verschriebenen Medikamenten.
Apotheken wandelten sich in den letzten Jahren immer mehr hin zu vielseitigen Gesundheitsdienstleistern mit vielen verschiedenen Gesundheitsangeboten und -services.
In diesem Jahr wurde die Anzahl Apotheken-Dienstleistungen, die abgefragt wurden, reduziert und um drei neue Dienstleistungen ergänzt (Behandlung von Krankheiten, Erarbeitung und Aktualisierung von einem Medikationsplan sowie Therapiebegleitung bei chronischen Krankheiten).
Die bekanntesten Angebote sind 2020 die Abgabe von Generika (91%, +9%-Punkte im Vergl. zu 2019), Beratungsdienstleistungen ohne Voranmeldung (82%, +12%-Punkte), abgeschirmte Beratungszonen (63%, +4%-Punkte) sowie das Vorbereiten einer Medikamentendosierbox (54%, +2%-Punkte). Alle anderen Dienstleistungen und Angebote sind den Einwohnerinnen und Einwohnern nicht mehrheitlich bekannt.
Das Interesse an Dienstleistungen der Apotheken ist 2020 bei fast allen Angeboten gesunken und markiert eine leichte Wende des vorangegangenen Aufwärtstrends. Bei den eher neueren Apothekenangeboten der Zeckenschutzimpfung und des Darmkrebs-Tests ist das Interesse am stärksten gesunken. Trotz des Rückgangs ist das Interesse bei fast allen Angeboten immer noch mehrheitlich in der Bevölkerung vorhanden.
Eine Ausnahme vom Rückgang bildet das Interesse an Beratungsdienstleistungen ohne Voranmeldung: Dieses ist gegenwärtig etwas angestiegen (+3%-Punkte, aktuell 85%). Grosses Interesse bei über 60 Prozent der Bevölkerung geniessen zudem abgeschirmte Beratungszonen (71%), die Erarbeitung und Aktualisierung von Medikationsplänen (66%), der Abgleich aktueller Medikamente (65%), Therapiebegleitung bei chronischen Krankheiten und die Behandlung von Krankheiten (beide jeweils 64%).
Während das Vertrauen in verschiedene Anlaufstellen eingebrochen ist, konnte die Apotheke das Vertrauen, das ihr entgegengebracht wird, stabil hoch halten. Der Aspekt des einfachen Zugangs zu Apotheken, die Bindung an eine bestimmte Apotheke und die Rolle als Beratungszentrum, bilden die Basis für das Grundvertrauen in der Bevölkerung. Eher negativ wahrgenommene Änderungen in der Struktur der Apothekenlandschaft könnten sich auf die von der Bevölkerung gefühlte Nähe von Apotheken auswirken.
Die Abgeltung für Apotheken-Dienstleistungen wird von der Bevölkerung mehrheitlich akzeptiert, wenn diese bei der direkten Medikamenten-Verschreibung durch Apotheken anfällt. Anders sieht dies aus, wenn einzig eine Beratung ohne Medikamenten-Abgabe oder eine Medikamenten-Abgabe mit Verschreibung durch den Arzt in der Apotheke durchgeführt werden. Die Bevölkerung erkennt ein „komplettes“ Dienstleistungspaket inkl. Beratung und Medikamentenverschreibung als abgeltungswürdig an. Sie ist aber mehrheitlich nicht bereit für (weniger sichtbare) Teilleistungen einer Behandlung zu bezahlen.
Nach Jahren der steigenden Nachfrage nach (neuen) Dienstleistungen von Apotheken, folgt in diesem Jahr eine Ernüchterung. Nur einzelne Angebote und Kerndienstleistungen von Apotheken können steigendes Interesse ausweisen. Den meisten Apothekenleistungen wurde weniger Interesse entgegengebracht. Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Kampagnen, wie jene zur Darmkrebsvorsorge, diesjährig weniger präsent sind. Zudem bringt das Jahr 2020 wieder eher eine Rückbesinnung auf wesentliche Gesundheitsfragen und -dienstleistungen, wie die Beratung zu Medikamenten.
Das Vertrauen in das Internet für den Bezug von Gesundheitsinformationen und Medikamenten sinkt. Während in den Jahren zuvor der Onlinebezug von Medikamenten stets an Beliebtheit zugenommen hat, ist dieses Jahr ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Auch in anderen Studien aus dem Gesundheitswesen lässt sich eine Unsicherheit in der Bevölkerung bezüglich digitaler Angebote feststellen. Bewährte und einfach zugängliche Anlaufstellen wie Apotheken konnten hingegen ihre Stellung als Beratungsstellen festigen. Sie geniessen neben der Ärzteschaft am meisten Vertrauen in der Bevölkerung.
18-39-jährige Einwohnerinnen und Einwohner vertrauen dem Internet mehr als ältere Generationen, wenden sich mit Gesundheitsstörungen tendenziell eher an Bekannte und sind, was Kosten und Gebühren anbelangt, etwas preissensitiver als die Über-40-Jährigen. Gezielt auf Junge zugeschnittene Dienstleistungen und Angebote sowie Kampagnen könnten helfen, die Apotheke wieder vermehrt als Erstanlaufstelle bei Jungen zu positionieren und die Beratung bei leichten Gesundheitsstörungen für Junge attraktiver zu machen.
Auftraggeber: pharmaSuisse
Grundgesamtheit: Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz ab 18 Jahren, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind
Befragungsgebiet: ganze Schweiz
Datenerhebung: telefonisch, computergestützt (CATI), RDD/Dual Frame (20% Mobil)
Art der Stichprobenziehung: Stichprobenplan nach Gabler/Häder für RDD/Dual Frame
Stichprobengrösse: Total Befragte N = 1002 (DCH: 700, FCH: 242, ICH: 60)
Fehlerbereich: ± 3.2 Prozentpunkte bei 50/50 (und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit)
Gewichtung: nach Sprache
Befragungszeitraum: 27. Januar bis 21. Februar 2020 (mittlerer Befragungstag: 11. Februar 2020)
Mittlere Befragungsdauer: 14.6 min, Standardabweichung 3.1 min