Klare Mehrheit gegen zusätzliche Geschwindigkeitsbegrenzungen in der Stadt Freiburg und im Kanton

Beurteilung von Tempo 30 durch die Bevölkerung des Kantons Freiburg

TCS Sektion Freiburg

Ziele und Profil der Studie

Die Stadt Freiburg will die Geschwindigkeit auf drei Vierteln ihres Straßennetzes Tag und Nacht auf 30 km/h begrenzen. Insgesamt soll die Geschwindigkeit auf rund 40 Straßen reduziert werden. Diese Idee ist Teil der Maßnahmen eines Projekts zur Lärmminderung.

Das Ziel der Studie „Tempo 30 Freiburg“ war es, die Position der Einwohner:innen des Kantons Freiburg zum Thema Verkehrspolitik zu erfahren.

 

In einer Telefonumfrage auf Deutsch und Französisch wurde die Bevölkerung des Kantons nach ihrer Meinung zur Einführung von zusätzlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 30 km/h befragt.

Die folgenden Grafiken geben einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der im Oktober 2022 durchgeführten Umfrage. Die Methodik wird am Ende des Berichts beschrieben.

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Erste Übersicht

Hohe Zufriedenheit mit der aktuellen Verkehrssituation

Die grosse Mehrheit der befragten Einwohner:innen des Kantons Freiburg ist mit der aktuellen Verkehrssituation im Kanton eher zufrieden oder sehr zufrieden (76%).

 

Mit 21 Prozent sind kritische Meinungen klar in der Minderheit.

83 Prozent der Befragten besitzen ein Auto, 39 Prozent sind Mitglied des TCS. Für je 58 Prozent ist das Auto das wichtigste Verkehrsmittel für Freizeit und Arbeit.

Geringe Akzeptanz der Einführung zusätzlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen

Die generelle Akzeptanz der Einführung zusätzlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen durch die Einwohner:innen des Kantons ist derzeit gering. 35 Prozent der Einwohner:innen wären (eher) mit der Idee der Stadt Freiburg einverstanden, die Geschwindigkeit auf rund 40 Strassenachsen auf 30 km/h zu beschränken. Eine deutliche Mehrheit (61%) lehnt dies jedoch (eher) ab.

 

 

Die Akzeptanz der Einführung von Tempo-30-Zonen steigt jedoch deutlich an, wenn sie im Zusammenhang mit dem Projekt zur Lärmreduzierung abgefragt wird. 46 Prozent der Befragten stimmen der Idee von zusätzlichen Tempo-30-Zonen im Rahmen der Lärmbegrenzung (eher) zu, 49 Prozent sind auch dann (eher) dagegen.

Konfliktmuster: politisch aufgeladene Komponente

Beide Fragen – die nach der Ausweitung von Tempo-30-Zonen im engeren Sinne und die im Kontext der Lärmreduzierung – erfahren eine deutliche politische Aufladung. Ein klares Links-Rechts-Schema ist bereits erkennbar.

Die Sympathisant:innen der Grünen, der SP und der Grünliberalen sind mehrheitlich für eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, alle anderen Parteiwählerschaften sind mehrheitlich dagegen.

Die Meinungspole werden von den Anhänger:innen der Grünen und der SVP gebildet.

 

 

Während die Frage nach der Einführung von zusätzlichen Geschwindigkeitsreduktionen keine weiteren Zustimmungsmehrheiten findet, sieht es bei der Frage nach Geschwindigkeitsreduktionen im Zusammenhang mit der Lärmreduktion anders aus.

Rentner:innen aus Freiburg, Personen mit hohem Bildungsniveau, Französischsprachige, Frauen und Personen, die aus Bulle oder Freiburg kommen, stimmen der Geschwindigkeitsreduktion im Kontext der Lärmreduktion mehrheitlich zu.

Argumente

Die Akzeptanz von Geschwindigkeitsreduzierungen hängt nicht nur von der inhaltlichen Rahmung, sondern auch vom räumlichen Kontext ab. So werden Geschwindigkeitsreduzierungen auf 30 km/h in Wohngebieten weitgehend akzeptiert, darüber hinaus jedoch nicht.

 

Vor allem auf den Hauptstraßen würde die Einführung von Geschwindigkeitsreduktionen auf starken Widerstand stoßen. Auch Nachtbegrenzungen stehen mehr als die Hälfte der Freiburger:innen kritisch gegenüber.

Von allen hier getesteten Argumenten erhält dasjenige die meiste Unterstützung, dass Hauptstraßen mit Tempo 50 den Verkehr fließen lassen und den Durchgangsverkehr in den Stadtvierteln verhindern würden. Aber auch die bessere Lebensqualität, die das Projekt den Bewohner:innen verspricht, ist ein Argument, das mehr als zwei Drittel der Befragten überzeugt.

An dritter und vierter Stelle stehen jedoch kritische Aussagen, die ebenfalls zwei Drittel der Befragten überzeugen: Die Vorlage setzte zu sehr auf Geschwindigkeitsreduktionen statt auf andere Sicherheitsmaßnahmen. Und die Beschränkung auf 30 km/h auf den Hauptverkehrsachsen führe zu mehr Staus.

Eine Mehrheit von 62 Prozent ist zudem der Meinung, dass das Projekt die Sicherheit von Fussgängern und Radfahrern verbessern würde. Auch die Befürchtung, dass das Projekt zu Verspätungen im öffentlichen Verkehr führen könnte, wird von einer Mehrheit von 60 Prozent der Einwohner:innen des Kantons Freiburg geteilt. Bei der Frage, ob das Projekt eine logische Konsequenz sei, um den Straßenlärm zu reduzieren, sind die Meinungen geteilt: 49 Prozent stimmen dieser Aussage (eher) zu, 44 Prozent (eher) nicht.

Die Tatsache, dass die geplante Beschränkung auf 30 km/h als wichtige Maßnahme zum Klimaschutz und zur Verringerung der Umweltverschmutzung angesehen wird, wird von einer Mehrheit von 50 Prozent in Frage gestellt. Eine Mehrheit (54 %) bezweifelt jedoch auch das Argument, dass mehr Tempo-30-Beschränkungen dem Handwerk und den Geschäften in der Stadt Freiburg schaden würden.

Thesen

Der Rahmen ist zentral

Die Ablehnung zusätzlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen ist klar, hängt aber vom Framing ab.

Wenn man sie im Zusammenhang mit der Reduzierung von Lärmemissionen diskutiert, steigt die Akzeptanz. Geschwindigkeitsreduzierungen werden in Wohngebieten akzeptiert, aber nicht darüber hinaus.

Geringes Interesse an Geschwindigkeitsreduzierung

Die derzeitige hohe Zufriedenheit mit der Verkehrssituation im Kanton Freiburg zeugt von einem geringen Problemdruck in der Frage der Geschwindigkeitsreduktionen.

Zwar werden mögliche positive Auswirkungen solcher Geschwindigkeitsreduzierungen wahrgenommen (Lebensqualität, Sicherheit), diese werden jedoch durch erhebliche Befürchtungen (mehr Staus, Verspätungen im öffentlichen Verkehr) aufgewogen.

Eine klare Volksmehrheit auf kantonaler Ebene

Eine Volksabstimmung im Rahmen einer kantonalen Initiative, die auf die Beibehaltung des derzeitigen differenzierten Geschwindigkeitsregimes abzielt, hätte große Erfolgschancen. Das Ja-Lager ist begünstigt, solange es gelingt, die grundlegenden Vorteile einer umfassenden Verkehrspolitik zu diskutieren, bei der Geschwindigkeit nur ein Aspekt ist.

Methode und Datenbasis

Die Telefonumfrage für die vorliegende Erhebung wurde vom gfs-befragungsdienst durchgeführt.

Das Forschungsinstitut gfs.bern zeichnet für die Auswertung und Analyse der Daten verantwortlich.

Technischer Kurzbericht

Auftraggeber: TCS Sektion Freiburg
Grundgesamtheit: Einwohner:innen des Kantons Freiburg ab 18 Jahren
Datenerhebung: telefonisch, computergestützt (CATI)
Art der Stichprobenziehung: at random/nach Sprachregionen
Befragungszeitraum: 28. September – 31. Oktober 2022
Mittlerer Befragungstag: 4. Oktober 2022
Stichprobengrösse: minimal 1’000, effektiv 1’006
Stichprobenfehler: ± 3.1 Prozentpunkte bei einem Wert von 50% (und 95%iger Wahrscheinlichkeit)
Quotenmerkmale: Geschlecht/Alter interlocked
Gewichtung: Geschlecht, Alter, Sprache, Partei
Mittlere Befragungsdauer: 8.9 Minuten (Standardabweichung : 2.1 Minuten)