Zwischen Wut und Ohnmacht

Übernahme der CS durch die UBS

Befragung im Auftrag der SRG

Am Sonntag, 19. März 2023 hat die UBS mit Unterstützung des Bundes und gestützt auf Notrecht die Credit Suisse übernommen.

Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der SRG untersucht gfs.bern die Meinung und Wahrnehmung der Schweizer Stimmbevölkerung zum Thema.

Neben der Frage um mögliche Alternativen geht  es dabei auch um das Vertrauen der Bevölkerung in die involvierten Akteure sowie um die Erwartungen an die Folgen dieser Übernahme für die Schweiz.

Meinungen zur Übernahme

Grundsätzlich herrscht unter den Schweizer Stimmbürger:innen eine gewisse Skepsis gegenüber der Übernahme der CS durch die UBS: Insgesamt sind 54 Prozent der Stimmberechtigten eher oder überhaupt nicht damit einverstanden, wie die UBS die CS mithilfe des Bundes übernommen hat. Dem gegenüber sehen etwas mehr als ein Drittel der Stimmbürgerschaft diese Übernahme grundsätzlich positiv (35% sehr/eher einverstanden). Auffällig ist dabei der sehr kleine Anteil sehr einverstandener Befragter (5%).

Unterschiede in dieser grundsätzlichen Bewertung der Übernahme können vor allem zwischen der Deutschschweiz (56% überhaupt/eher nicht einverstanden) und der lateinischsprachigen Sprachregionen (französischsprachig 47%; italienischsprachig 51%) festgestellt werden. Ausserdem sind auch die Stimmbürger:innen an den beiden politischen Polen (GPS, SP, SVP) deutlich kritischer als dies in der politischen Mitte (GLP, FDP, Mitte) der Fall ist

Zu dieser grundsätzlichen Kritik an dieser Übernahmelösung durch die UBS kommt durchaus eine Offenheit gegenüber einer vorübergehenden Übernahme der CS durch den Staat: Insgesamt sehen 40 Prozent eine vorübergehende Verstaatlichung der CS als bessere Alternative. Mit den 16 Prozent, welche die beiden Lösungen als gleichwertig sehen, ergibt sich dadurch sogar eine Mehrheit von 56 Prozent, die eine (vorübergehende) Verstaatlichung als besser oder zumindest gleich gute Lösung bewerten.

Ein kontrollierter Konkurs der Credit Suisse hält hingegen nur eine Minderheit als valable Alternative. Neben den Anhänger:innen der SP und der Grünen würden insbesondere auch vergleichsweise viele SVP-Sympathisant:innen die vorübergehende Übernahme der CS durch den Staat bevorzugen (42%).

Von den Emotionen überwiegen aktuell klar Wut und Verunsicherung: Eine Mehrheit der Stimmbürger:innen sind in der Woche nach der Übernahme wütend (66% trifft voll/eher zu). Obwohl die Wut in der politischen Linken am grössten ist, ist in allen politischen Lagern die Wut gemeinsam mit Verunsicherung das vorherrschende Gefühl. Mehrheitlich gelassen und hoffnungsvoll sind hingegen lediglich die Anhänger:innen der FDP. Aber auch die Angst als Reaktion auf die Übernahme findet nur minderheitlich statt.

Auch mit Blick auf die emotionale Reaktion auf die Übernahme öffnet sich ein leichter Sprachgraben. Am grössten ist dabei die Differenz in der Angst: während sowohl in den französisch- wie auch in der italienischsprachigen Landesteilen mehrheiten der Befragten mit Angst auf die Übernahme reagieren ist dieses Gefühl in der Deutschschweiz deutlich weniger vorhanden. Dazu sind die französisch- und italienischsprachigen Schweizer:innen auch sichtlich wütender als die Stimmberechtigten in der Deutschschweiz.

Glaubwürdigkeit involvierter Akteure

Die Nationalbank geht aus der vergangenen Woche als glaubwürdigste Akteurin im Zusammenhang mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hervor. Dabei dürfte die SNB von einem traditionell stark etablierten Vertrauen in der Schweizer Bevölkerung profitieren. Im Gegensatz zur SNB ist das Vertrauen in die FINMA deutlich tiefer.

An zweiter Stelle folgt das Management der UBS, das sogar noch glaubwürdiger als der Bundesrat wahrgenommen wird. Hier ist der Kontrast zum Vertrauen in das Management der Credit Suisse besonders deutlich, das im Ranking auf dem letzten Platz zu liegen kommt.

Seitens der politischen Parteien wird offenbar die SP als glaubwürdigste Partei im Zusammenhang mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wahrgenommen. Vor allen anderen Parteien und auch vor dem nationalen Parlament geben 37 Prozent der Stimmberechtigten in der Schweiz an, dass sie die SP als glaubwürdig empfinden. Die Mitte oder auch die Grünen empfinden 33 Prozent respektive 32 Prozent als glaubwürdig. Die Parteien, welche sich die Vertretung der Interessen der Wirtschaft besonders ins Programm schreiben – die SVP, die GLP und insbesondere die FDP –  werden in dieser Frage denn nun auch als vergleichsweise weniger vertrauenswürdig eingeschätzt.

Folgen der Übernahme für die Schweiz

Am ehesten sorgen sich die Stimmberechtigten der Schweiz um den Verlust von Arbeitsplätzen im grossen Stil. Aber auch, die Sorge um den Finanzplatz der Schweiz insgesamt beschäftigt eine Mehrheit, genauso wie dass der Ruf der Schweizer Wirtschaft insgesamt leidet.

Genau die Hälfte der Bevölkerung ist einerseits der Meinung, dass Konzerne im Land insgesamt geschwächt würden oder gegenteilig, dass sich der Wirtschaftsstandort schnell von den Turbulenzen erholen würde.

Nur gerade 38 Prozent gehen davon aus, dass die UBS aufgrund des Zusammenschlusses geschwächt wird.

Forderungen an die Politik

Drei Forderungen werden überaus klar unterstützt: Die Rechenschaftspflicht des CS-Verwaltungsrats, die Massnahmen gegen Abzockerei im Bankenwesen und die Forderung, dass Gewinne nicht privat bleiben sollen und Risiken verstaatlicht werden. Die drei wenig bestrittenen Forderungen unterstreichen die grosse Enttäuschung über die wirtschaftspolitische Havarie und über die Verantwortlichen.

Ausgeprägt ist auch das Risikobewusstsein über die aktuelle Situation der UBS nach der der Fusion. Von mehr als drei Vierteln unterstützt werden die Aufteilung der UBS sowie das Trennbankensystem. Immer noch mehrheitlich unterstützt wird in diesem Zusammenhang die Forderung, dass Idas Schweizer Geschäft der Credit Suisse unter dem Namen Credit Suisse weitergeführt werden soll.

Während die Aufteilungen vor allem von der Anhängerschaft Mitte-Links und von der SVP-Anhängerschaft unterstützt werden, erhält die Weiterführung des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse links keine mehrheitliche Unterstützung.

Schliesslich gibt es etwas weniger klar unterstützte Forderungen zur politischen Verarbeitung. Nur knapp mehrheitlich unterstützt wird die Forderung nach einer raschen Volksabstimmung über Notrecht. 61 Prozent unterstützen die bereits von mehreren Parteien geforderte parlamentarische Untersuchungskommission.

Leseweise

Hohe Emotionalität und Wut, die von den politischen Polen ausgeht  bei gleichzeitigem Gefühl gewisser Alternativlosigkeit mit gewisser Hoffnung auf Resilienz der Schweizer Wirtschaft dank anderer Branchen

Grosse Enttäuschung und Gefühl (einmal mehr) von der Wirtschaft verraten geworden zu sein, weil diese sich an eigenen Interessen statt am Wohl der Gesellschaft orientiert

Meinung, dass Staat jetzt gefordert ist im Bereich der Aufbereitung aber auch im Management künftiger Risiken. Der Ruf der Schweizer Wirtschaft ist beschädigt

Hohes Risikobewusstsein gegenüber einer zu grossen UBS mit mehrheitlicher Unterstützung unterschiedlicher Ideen zur Abspaltung

Bundesrat und SNB profitieren von ihrem generell sehr hohen etablierten Vertrauen, FINMA steht als deutlich weniger etablierter Brand hinten an.

Wirtschaftsfreundliche Parteien profitieren nicht, SP hingegen durchaus

Methodische Details

  • Auftraggeber: SRG
  • Grundgesamtheit: Stimmberechtigte der Schweiz
  • Herkunft der Adressen: Panel Polittrends und Leser:innenschaft der SRG
  • Datenerhebung: Online Panel und Online River-Sampling
  • Stichprobengrösse: Total Befragte N = 14’191, n DCH = 8973, n FCH= 4361, n ICH = 857
  • Art der Stichprobenziehung: Panel und River-Sampling
  • Gewichtung: Sprache, Alter, Geschlecht, Parteibindung, Bildung, Recall (Frauenrentenalter 65 und Verrechnungssteuer), Methode
  • Stichprobenfehler: ±4.4 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit
  • Befragungszeitraum: vom 21. 03 2023 – bis 23.03.2023
  • Publikation: 24.03.2023